Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Auge ermüdend. Der Gedanke einer feurigen
über das Wasser kriechenden Schildkröte steht
vor unsrer Einbildungskraft, und wir sind ein¬
mal daran gewöhnt, das Kriechen für langsam
zu halten."

"Ein sonderbares Bild! Worüber nur
meine Tante so lacht?"

"Ihre Tante ist eine Spinne, die über den
Ozean kriecht."

"Wie so?"

"Sie spekulirt in Papieren."

"Sie spricht über Politik: ich verstehe
nichts davon."

"Verstünden Sie davon, so glichen Sie einem
Schmetterling, der sich in die gaserleuchtete
Verwirrung eines Salons verflogen hat."

"Schmetterlinge sind zu Gleichnissen ver¬
braucht."

"Wie die Unsterblichkeit selbst."

Wally erröthete. Sie blickte auf Cäsars

Auge ermüdend. Der Gedanke einer feurigen
über das Waſſer kriechenden Schildkröte ſteht
vor unſrer Einbildungskraft, und wir ſind ein¬
mal daran gewöhnt, das Kriechen für langſam
zu halten.“

„Ein ſonderbares Bild! Worüber nur
meine Tante ſo lacht?“

„Ihre Tante iſt eine Spinne, die über den
Ozean kriecht.“

„Wie ſo?“

„Sie ſpekulirt in Papieren.“

„Sie ſpricht über Politik: ich verſtehe
nichts davon.“

„Verſtünden Sie davon, ſo glichen Sie einem
Schmetterling, der ſich in die gaserleuchtete
Verwirrung eines Salons verflogen hat.“

„Schmetterlinge ſind zu Gleichniſſen ver¬
braucht.“

„Wie die Unſterblichkeit ſelbſt.“

Wally erröthete. Sie blickte auf Cäſars

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0053" n="44"/>
Auge ermüdend. Der Gedanke einer feurigen<lb/>
über das Wa&#x017F;&#x017F;er kriechenden Schildkröte &#x017F;teht<lb/>
vor un&#x017F;rer Einbildungskraft, und wir &#x017F;ind ein¬<lb/>
mal daran gewöhnt, das Kriechen für lang&#x017F;am<lb/>
zu halten.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ein &#x017F;onderbares Bild! Worüber nur<lb/>
meine Tante &#x017F;o lacht?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ihre Tante i&#x017F;t eine Spinne, die über den<lb/>
Ozean kriecht.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie &#x017F;o?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie &#x017F;pekulirt in Papieren.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie &#x017F;pricht über Politik: ich ver&#x017F;tehe<lb/>
nichts davon.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ver&#x017F;tünden Sie davon, &#x017F;o glichen Sie einem<lb/>
Schmetterling, der &#x017F;ich in die gaserleuchtete<lb/>
Verwirrung eines Salons verflogen hat.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Schmetterlinge &#x017F;ind zu Gleichni&#x017F;&#x017F;en ver¬<lb/>
braucht.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie die Un&#x017F;terblichkeit &#x017F;elb&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wally erröthete. Sie blickte auf Cä&#x017F;ars<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0053] Auge ermüdend. Der Gedanke einer feurigen über das Waſſer kriechenden Schildkröte ſteht vor unſrer Einbildungskraft, und wir ſind ein¬ mal daran gewöhnt, das Kriechen für langſam zu halten.“ „Ein ſonderbares Bild! Worüber nur meine Tante ſo lacht?“ „Ihre Tante iſt eine Spinne, die über den Ozean kriecht.“ „Wie ſo?“ „Sie ſpekulirt in Papieren.“ „Sie ſpricht über Politik: ich verſtehe nichts davon.“ „Verſtünden Sie davon, ſo glichen Sie einem Schmetterling, der ſich in die gaserleuchtete Verwirrung eines Salons verflogen hat.“ „Schmetterlinge ſind zu Gleichniſſen ver¬ braucht.“ „Wie die Unſterblichkeit ſelbſt.“ Wally erröthete. Sie blickte auf Cäſars

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/53
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/53>, abgerufen am 27.04.2024.