Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

doch möglich machte, sich mit ihrem Vermögen geheimer zu halten. Das Papier war zunächst nur ein Flügel für das schwere Geld, eine Erleichterung seiner Cirkulation. Papier sollte die gesteigerte Beweglichkeit des Geldes ausdrücken. Ja es war sogar billig und in der Ordnung, daß das Papier dem Gelde einen höhern Werth gab, weil nämlich die Erleichterung des Umsatzes eine schnellere Benutzung und Disposition der Zahlungs- und Unternehmungsmittel zuließ. Leider ist dieser Satz sogleich mißverstanden worden. Statt von dem nun höhern Werth des Geldes zu sprechen, sprach man nur von dem höhern Werthe des Papiers. Man emanzipirte das Papier zu einem unabhängigen Körper, da es doch nur der Schatten war, den das Geld in der Creditsonne warf, ein Schatten, je nach der Constellation der Umstände, länger oder kürzer als sein fester Körper.

Man kann das Verhältniß des Kredits zum Vermögen des Papiers und zum Gelde mit jener optischen Täuschung vergleichen, welche aus kleinen angezündeten Keilen durch die umrollende Bewegung feurige Sonnen und Räder macht. Die Bewegung darf, um die Täuschung zu unterhalten, nicht einen Nu ausbleiben. Allein so geregelt oft die Handelscirculation in günstigen Perioden war, so treten doch oft aus entfernteren Ursachen Stockungen ein, wo das Jdealische vom Handel auf das reelle Maß wieder zurückgeführt werden muß. Ja oft liegen auch die Ursachen ganz nahe bei den Wirkungen und beinahe in den letztern selbst. Es gibt einen

doch möglich machte, sich mit ihrem Vermögen geheimer zu halten. Das Papier war zunächst nur ein Flügel für das schwere Geld, eine Erleichterung seiner Cirkulation. Papier sollte die gesteigerte Beweglichkeit des Geldes ausdrücken. Ja es war sogar billig und in der Ordnung, daß das Papier dem Gelde einen höhern Werth gab, weil nämlich die Erleichterung des Umsatzes eine schnellere Benutzung und Disposition der Zahlungs- und Unternehmungsmittel zuließ. Leider ist dieser Satz sogleich mißverstanden worden. Statt von dem nun höhern Werth des Geldes zu sprechen, sprach man nur von dem höhern Werthe des Papiers. Man emanzipirte das Papier zu einem unabhängigen Körper, da es doch nur der Schatten war, den das Geld in der Creditsonne warf, ein Schatten, je nach der Constellation der Umstände, länger oder kürzer als sein fester Körper.

Man kann das Verhältniß des Kredits zum Vermögen des Papiers und zum Gelde mit jener optischen Täuschung vergleichen, welche aus kleinen angezündeten Keilen durch die umrollende Bewegung feurige Sonnen und Räder macht. Die Bewegung darf, um die Täuschung zu unterhalten, nicht einen Nu ausbleiben. Allein so geregelt oft die Handelscirculation in günstigen Perioden war, so treten doch oft aus entfernteren Ursachen Stockungen ein, wo das Jdealische vom Handel auf das reelle Maß wieder zurückgeführt werden muß. Ja oft liegen auch die Ursachen ganz nahe bei den Wirkungen und beinahe in den letztern selbst. Es gibt einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="111"/>
doch möglich machte, sich mit ihrem Vermögen geheimer zu halten. Das Papier war zunächst nur ein Flügel für das schwere Geld, eine Erleichterung seiner Cirkulation. Papier sollte die gesteigerte Beweglichkeit des Geldes ausdrücken. Ja es war sogar billig und in der Ordnung, daß das Papier dem Gelde einen höhern Werth gab, weil nämlich die Erleichterung des Umsatzes eine schnellere Benutzung und Disposition der Zahlungs- und Unternehmungsmittel zuließ. Leider ist dieser Satz sogleich mißverstanden worden. Statt von dem nun höhern Werth des Geldes zu sprechen, sprach man nur von dem höhern Werthe des Papiers. Man emanzipirte das Papier zu einem unabhängigen Körper, da es doch nur der Schatten war, den das Geld in der Creditsonne warf, ein Schatten, je nach der Constellation der Umstände, länger oder kürzer als sein fester Körper.</p>
        <p>Man kann das Verhältniß des Kredits zum Vermögen des Papiers und zum Gelde mit jener optischen Täuschung vergleichen, welche aus kleinen angezündeten Keilen durch die umrollende Bewegung feurige Sonnen und Räder macht. Die Bewegung darf, um die Täuschung zu unterhalten, nicht einen Nu ausbleiben. Allein so geregelt oft die Handelscirculation in günstigen Perioden war, so treten doch oft aus entfernteren Ursachen Stockungen ein, wo das Jdealische vom Handel auf das reelle Maß wieder zurückgeführt werden muß. Ja oft liegen auch die Ursachen ganz nahe bei den Wirkungen und beinahe in den letztern selbst. Es gibt einen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0139] doch möglich machte, sich mit ihrem Vermögen geheimer zu halten. Das Papier war zunächst nur ein Flügel für das schwere Geld, eine Erleichterung seiner Cirkulation. Papier sollte die gesteigerte Beweglichkeit des Geldes ausdrücken. Ja es war sogar billig und in der Ordnung, daß das Papier dem Gelde einen höhern Werth gab, weil nämlich die Erleichterung des Umsatzes eine schnellere Benutzung und Disposition der Zahlungs- und Unternehmungsmittel zuließ. Leider ist dieser Satz sogleich mißverstanden worden. Statt von dem nun höhern Werth des Geldes zu sprechen, sprach man nur von dem höhern Werthe des Papiers. Man emanzipirte das Papier zu einem unabhängigen Körper, da es doch nur der Schatten war, den das Geld in der Creditsonne warf, ein Schatten, je nach der Constellation der Umstände, länger oder kürzer als sein fester Körper. Man kann das Verhältniß des Kredits zum Vermögen des Papiers und zum Gelde mit jener optischen Täuschung vergleichen, welche aus kleinen angezündeten Keilen durch die umrollende Bewegung feurige Sonnen und Räder macht. Die Bewegung darf, um die Täuschung zu unterhalten, nicht einen Nu ausbleiben. Allein so geregelt oft die Handelscirculation in günstigen Perioden war, so treten doch oft aus entfernteren Ursachen Stockungen ein, wo das Jdealische vom Handel auf das reelle Maß wieder zurückgeführt werden muß. Ja oft liegen auch die Ursachen ganz nahe bei den Wirkungen und beinahe in den letztern selbst. Es gibt einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/139
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/139>, abgerufen am 03.05.2024.