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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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aktien u. s. w. besteht. Dieß ist heute so wie gestern. Aber es ist gefährlich in jedem Falle.

Was kostet heute der Jndustrie das magische Wort Kredit? Unter welchen Bedingungen hat man, unter welchen verliert man ihn? Hier liegt das eigentliche Uebel der commerziellen Maschine. Von hier aus kömmt das meiste Unheil.

Der Kredit für den Handwerker besteht darin, daß er die Jnstrumente seiner Arbeit, den Boden, die Kapitalien von denen erhält, welche sie feilbieten für einen Zins, für eine Dividende. Soll der Kredit etwas taugen, so muß er eine gewisse Dauer haben. Man kann ihn heute nicht geben und morgen wieder nehmen; ist das letztere der Fall, so ist er ein successiver Mißkredit. Er gibt der Jndustrie eine verderbliche Sicherheit, weil er ihre Berechnungen und Operationen auf Quellen basirt, welche der Einfall des Gläubigers sogleich kann versiegen lassen.

Ganz ebenso ist es mit dem, was die Kapitalisten den Kredit nennen. Der höchste Ausdruck des Kredits bei Handelnden und Arbeitern ist ein Wechsel auf drei Monate de Dato; es könnte scheinen, als wäre dieß das außerordentlichste Vertrauen und eine Kombination, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt; aber in Wahrheit, diese Uebereinkunft, welche der Jndustrie zu Hülfe kommen soll, verursacht ihr eine Menge von Verlegenheiten und Benachtheiligungen. Die Dinge stehen heute so, daß kein Handwerker und Fabrikant mehr auf seine Berech-

aktien u. s. w. besteht. Dieß ist heute so wie gestern. Aber es ist gefährlich in jedem Falle.

Was kostet heute der Jndustrie das magische Wort Kredit? Unter welchen Bedingungen hat man, unter welchen verliert man ihn? Hier liegt das eigentliche Uebel der commerziellen Maschine. Von hier aus kömmt das meiste Unheil.

Der Kredit für den Handwerker besteht darin, daß er die Jnstrumente seiner Arbeit, den Boden, die Kapitalien von denen erhält, welche sie feilbieten für einen Zins, für eine Dividende. Soll der Kredit etwas taugen, so muß er eine gewisse Dauer haben. Man kann ihn heute nicht geben und morgen wieder nehmen; ist das letztere der Fall, so ist er ein successiver Mißkredit. Er gibt der Jndustrie eine verderbliche Sicherheit, weil er ihre Berechnungen und Operationen auf Quellen basirt, welche der Einfall des Gläubigers sogleich kann versiegen lassen.

Ganz ebenso ist es mit dem, was die Kapitalisten den Kredit nennen. Der höchste Ausdruck des Kredits bei Handelnden und Arbeitern ist ein Wechsel auf drei Monate de Dato; es könnte scheinen, als wäre dieß das außerordentlichste Vertrauen und eine Kombination, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt; aber in Wahrheit, diese Uebereinkunft, welche der Jndustrie zu Hülfe kommen soll, verursacht ihr eine Menge von Verlegenheiten und Benachtheiligungen. Die Dinge stehen heute so, daß kein Handwerker und Fabrikant mehr auf seine Berech-

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[209/0237] aktien u. s. w. besteht. Dieß ist heute so wie gestern. Aber es ist gefährlich in jedem Falle. Was kostet heute der Jndustrie das magische Wort Kredit? Unter welchen Bedingungen hat man, unter welchen verliert man ihn? Hier liegt das eigentliche Uebel der commerziellen Maschine. Von hier aus kömmt das meiste Unheil. Der Kredit für den Handwerker besteht darin, daß er die Jnstrumente seiner Arbeit, den Boden, die Kapitalien von denen erhält, welche sie feilbieten für einen Zins, für eine Dividende. Soll der Kredit etwas taugen, so muß er eine gewisse Dauer haben. Man kann ihn heute nicht geben und morgen wieder nehmen; ist das letztere der Fall, so ist er ein successiver Mißkredit. Er gibt der Jndustrie eine verderbliche Sicherheit, weil er ihre Berechnungen und Operationen auf Quellen basirt, welche der Einfall des Gläubigers sogleich kann versiegen lassen. Ganz ebenso ist es mit dem, was die Kapitalisten den Kredit nennen. Der höchste Ausdruck des Kredits bei Handelnden und Arbeitern ist ein Wechsel auf drei Monate de Dato; es könnte scheinen, als wäre dieß das außerordentlichste Vertrauen und eine Kombination, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt; aber in Wahrheit, diese Uebereinkunft, welche der Jndustrie zu Hülfe kommen soll, verursacht ihr eine Menge von Verlegenheiten und Benachtheiligungen. Die Dinge stehen heute so, daß kein Handwerker und Fabrikant mehr auf seine Berech-

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Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
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  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/237>, abgerufen am 02.05.2024.