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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Ortes so ein, daß man ihn an irgend einem günstigen Kalendertage zu einem öffentlichen Diner einladet; er kömmt, er spricht, alle Zeitungen erstatten Bericht über das, was er gesprochen und die Gesundheiten, die er ausgebracht hat, seine Wahl fängt an entschieden zu werden, selbst wenn er sich einem andern Ort vorstellte, als dem, welcher bisher ihn für die Stütze aller seiner Hoffnungen hielt. Und auch dieß Manoeuvre kann mißlingen, er kann einen zu mächtigen Mitbewerber haben, er hat vielleicht Jdeen, aber er weiß sie nicht populär genug auszudrücken. Dann hilft es nichts mehr, er muß ganz entschieden eine Partei wählen und die Stimmführer derselben auf sich aufmerksam werden lassen. Diese ziehen ihn in die Verwaltung, sie lassen ihn einen Bericht aufsetzen über ein Eisenbahnprojekt, über einen verwickelten Posten des Büdgets, sie brauchen ihn zu einer auswärtigen Mission, er soll nach Berlin reisen, um den Zollverein zu studieren, er muß nach Lissabon, um die Gegner der englischen Monopole zu sondiren, er begleitet alle seine Depeschen an das Ministerium oder die Häupter der Opposition mit Correspondenzartikeln für die Journale der Partei; er ist noch Journalist und Diplomat ein's ins andere, man kann ihm noch keine offiziellen Kreditive mitgeben. Endlich kömmt er nach England wieder zurück, bringt die wichtigsten Thatsachen mit, er ist für die Verwaltung oder die, welche sich darum bewerben, unentbehrlich, und sein Sitz im Unterhause ist beinahe schon eine Kleinigkeit geworden, denn nun bekömmt er ihn ohne

Ortes so ein, daß man ihn an irgend einem günstigen Kalendertage zu einem öffentlichen Diner einladet; er kömmt, er spricht, alle Zeitungen erstatten Bericht über das, was er gesprochen und die Gesundheiten, die er ausgebracht hat, seine Wahl fängt an entschieden zu werden, selbst wenn er sich einem andern Ort vorstellte, als dem, welcher bisher ihn für die Stütze aller seiner Hoffnungen hielt. Und auch dieß Manoeuvre kann mißlingen, er kann einen zu mächtigen Mitbewerber haben, er hat vielleicht Jdeen, aber er weiß sie nicht populär genug auszudrücken. Dann hilft es nichts mehr, er muß ganz entschieden eine Partei wählen und die Stimmführer derselben auf sich aufmerksam werden lassen. Diese ziehen ihn in die Verwaltung, sie lassen ihn einen Bericht aufsetzen über ein Eisenbahnprojekt, über einen verwickelten Posten des Büdgets, sie brauchen ihn zu einer auswärtigen Mission, er soll nach Berlin reisen, um den Zollverein zu studieren, er muß nach Lissabon, um die Gegner der englischen Monopole zu sondiren, er begleitet alle seine Depeschen an das Ministerium oder die Häupter der Opposition mit Correspondenzartikeln für die Journale der Partei; er ist noch Journalist und Diplomat ein’s ins andere, man kann ihm noch keine offiziellen Kreditive mitgeben. Endlich kömmt er nach England wieder zurück, bringt die wichtigsten Thatsachen mit, er ist für die Verwaltung oder die, welche sich darum bewerben, unentbehrlich, und sein Sitz im Unterhause ist beinahe schon eine Kleinigkeit geworden, denn nun bekömmt er ihn ohne

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Ortes so ein, daß man ihn an irgend einem günstigen Kalendertage zu einem öffentlichen Diner einladet; er kömmt, er spricht, alle Zeitungen erstatten Bericht über das, was er gesprochen und die Gesundheiten, die er ausgebracht hat, seine Wahl fängt an entschieden zu werden, selbst wenn er sich einem andern Ort vorstellte, als dem, welcher bisher ihn für die Stütze aller seiner Hoffnungen hielt. Und auch dieß Manoeuvre kann mißlingen, er kann einen zu mächtigen Mitbewerber haben, er hat vielleicht Jdeen, aber er weiß sie nicht populär genug auszudrücken. Dann hilft es nichts mehr, er muß ganz entschieden eine Partei wählen und die Stimmführer derselben auf sich aufmerksam werden lassen. Diese ziehen ihn in die Verwaltung, sie lassen ihn einen Bericht aufsetzen über ein Eisenbahnprojekt, über einen verwickelten Posten des Büdgets, sie brauchen ihn zu einer auswärtigen Mission, er soll nach Berlin reisen, um den Zollverein zu studieren, er muß nach Lissabon, um die Gegner der englischen Monopole zu sondiren, er begleitet alle seine Depeschen an das Ministerium oder die Häupter der Opposition mit Correspondenzartikeln für die Journale der Partei; er ist noch Journalist und Diplomat ein&#x2019;s ins andere, man kann ihm noch keine offiziellen Kreditive mitgeben. Endlich kömmt er nach England wieder zurück, bringt die wichtigsten Thatsachen mit, er ist für die Verwaltung oder die, welche sich darum bewerben, unentbehrlich, und sein Sitz im Unterhause ist beinahe schon eine Kleinigkeit geworden, denn nun bekömmt er ihn ohne
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[305/0333] Ortes so ein, daß man ihn an irgend einem günstigen Kalendertage zu einem öffentlichen Diner einladet; er kömmt, er spricht, alle Zeitungen erstatten Bericht über das, was er gesprochen und die Gesundheiten, die er ausgebracht hat, seine Wahl fängt an entschieden zu werden, selbst wenn er sich einem andern Ort vorstellte, als dem, welcher bisher ihn für die Stütze aller seiner Hoffnungen hielt. Und auch dieß Manoeuvre kann mißlingen, er kann einen zu mächtigen Mitbewerber haben, er hat vielleicht Jdeen, aber er weiß sie nicht populär genug auszudrücken. Dann hilft es nichts mehr, er muß ganz entschieden eine Partei wählen und die Stimmführer derselben auf sich aufmerksam werden lassen. Diese ziehen ihn in die Verwaltung, sie lassen ihn einen Bericht aufsetzen über ein Eisenbahnprojekt, über einen verwickelten Posten des Büdgets, sie brauchen ihn zu einer auswärtigen Mission, er soll nach Berlin reisen, um den Zollverein zu studieren, er muß nach Lissabon, um die Gegner der englischen Monopole zu sondiren, er begleitet alle seine Depeschen an das Ministerium oder die Häupter der Opposition mit Correspondenzartikeln für die Journale der Partei; er ist noch Journalist und Diplomat ein’s ins andere, man kann ihm noch keine offiziellen Kreditive mitgeben. Endlich kömmt er nach England wieder zurück, bringt die wichtigsten Thatsachen mit, er ist für die Verwaltung oder die, welche sich darum bewerben, unentbehrlich, und sein Sitz im Unterhause ist beinahe schon eine Kleinigkeit geworden, denn nun bekömmt er ihn ohne

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Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/333>, abgerufen am 16.05.2024.