Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

aufsetzen. Das Capitel von den Fürsten ist eines der am häufigsten erläuterten und doch immer wieder in Frage gestellt. Wir halten hier nur den moralischen Gesichtspunkt fest und vermeiden es, von den Rechten der Monarchie zu sprechen. Welches sind die Pflichten der Fürsten? Hören wir, was unsere Vorfahren von ihren Herrschern verlangten.

Montaigne sagt: Das härteste und schwierigste Geschäft von der Welt ist, meiner Ueberzeugung nach, die würdig durchgeführte Rolle eines Königs. Jch entschuldige an ihnen sogar weit mehr Fehler, als man gewöhnlich sich zu Schulden kommen lassen darf, in Betracht des furchtbaren Gewichtes ihrer Aufgabe, die mich erschreckt. Es ist schwer, bei einer so ungemessenen Macht Maaß zu halten. Montaigne fügt hinzu, die größte Schwierigkeit bei Tugenden und Lastern der Fürsten läge in der Menge, die sie beurtheilt. Montaigne meinte es vielleicht zunächst nur von der Tugend, die auf dem Throne nur kenntlich, wenn sie ganz besonders ausgezeichnet ist. Aber um so verderblicher ist auch das Gegentheil. Die Laster der Fürsten, fließen sie aus dem Jrrthume und bösen Willen (also nicht aus der Schwäche), werden immer unmäßig seyn, weil ihnen die Vorstellung angeboren ist, daß sie Millionen Menschen mit ihrem Daumen und Zeigefinger umspannen müßten.

Die Weisheit der alten und neuern Zeit ist reich an Maximen über Fürstenerziehung und Fürstenpflichten. Ja bei römischen Schriftstellern hat man oft nur nöthig, an

aufsetzen. Das Capitel von den Fürsten ist eines der am häufigsten erläuterten und doch immer wieder in Frage gestellt. Wir halten hier nur den moralischen Gesichtspunkt fest und vermeiden es, von den Rechten der Monarchie zu sprechen. Welches sind die Pflichten der Fürsten? Hören wir, was unsere Vorfahren von ihren Herrschern verlangten.

Montaigne sagt: Das härteste und schwierigste Geschäft von der Welt ist, meiner Ueberzeugung nach, die würdig durchgeführte Rolle eines Königs. Jch entschuldige an ihnen sogar weit mehr Fehler, als man gewöhnlich sich zu Schulden kommen lassen darf, in Betracht des furchtbaren Gewichtes ihrer Aufgabe, die mich erschreckt. Es ist schwer, bei einer so ungemessenen Macht Maaß zu halten. Montaigne fügt hinzu, die größte Schwierigkeit bei Tugenden und Lastern der Fürsten läge in der Menge, die sie beurtheilt. Montaigne meinte es vielleicht zunächst nur von der Tugend, die auf dem Throne nur kenntlich, wenn sie ganz besonders ausgezeichnet ist. Aber um so verderblicher ist auch das Gegentheil. Die Laster der Fürsten, fließen sie aus dem Jrrthume und bösen Willen (also nicht aus der Schwäche), werden immer unmäßig seyn, weil ihnen die Vorstellung angeboren ist, daß sie Millionen Menschen mit ihrem Daumen und Zeigefinger umspannen müßten.

Die Weisheit der alten und neuern Zeit ist reich an Maximen über Fürstenerziehung und Fürstenpflichten. Ja bei römischen Schriftstellern hat man oft nur nöthig, an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0338" n="310"/>
aufsetzen. Das Capitel von den Fürsten ist eines der am häufigsten erläuterten und doch immer wieder in Frage gestellt. Wir halten hier nur den moralischen Gesichtspunkt fest und vermeiden es, von den Rechten der Monarchie zu sprechen. Welches sind die Pflichten der Fürsten? Hören wir, was unsere Vorfahren von ihren Herrschern verlangten.</p>
        <p>Montaigne sagt: Das härteste und schwierigste Geschäft von der Welt ist, meiner Ueberzeugung nach, die würdig durchgeführte Rolle eines Königs. Jch entschuldige an ihnen sogar weit mehr Fehler, als man gewöhnlich sich zu Schulden kommen lassen darf, in Betracht des furchtbaren Gewichtes ihrer Aufgabe, die mich erschreckt. Es ist schwer, bei einer so ungemessenen Macht Maaß zu halten. Montaigne fügt hinzu, die größte Schwierigkeit bei Tugenden und Lastern der Fürsten läge in der Menge, die sie beurtheilt. Montaigne meinte es vielleicht zunächst nur von der Tugend, die auf dem Throne nur kenntlich, wenn sie ganz besonders ausgezeichnet ist. Aber um so verderblicher ist auch das Gegentheil. Die Laster der Fürsten, fließen sie aus dem Jrrthume und bösen Willen (also nicht aus der Schwäche), werden immer unmäßig seyn, weil ihnen die Vorstellung angeboren ist, daß sie Millionen Menschen mit ihrem Daumen und Zeigefinger umspannen müßten.</p>
        <p> Die Weisheit der alten und neuern Zeit ist reich an Maximen über Fürstenerziehung und Fürstenpflichten. Ja bei römischen Schriftstellern hat man oft nur nöthig, an
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0338] aufsetzen. Das Capitel von den Fürsten ist eines der am häufigsten erläuterten und doch immer wieder in Frage gestellt. Wir halten hier nur den moralischen Gesichtspunkt fest und vermeiden es, von den Rechten der Monarchie zu sprechen. Welches sind die Pflichten der Fürsten? Hören wir, was unsere Vorfahren von ihren Herrschern verlangten. Montaigne sagt: Das härteste und schwierigste Geschäft von der Welt ist, meiner Ueberzeugung nach, die würdig durchgeführte Rolle eines Königs. Jch entschuldige an ihnen sogar weit mehr Fehler, als man gewöhnlich sich zu Schulden kommen lassen darf, in Betracht des furchtbaren Gewichtes ihrer Aufgabe, die mich erschreckt. Es ist schwer, bei einer so ungemessenen Macht Maaß zu halten. Montaigne fügt hinzu, die größte Schwierigkeit bei Tugenden und Lastern der Fürsten läge in der Menge, die sie beurtheilt. Montaigne meinte es vielleicht zunächst nur von der Tugend, die auf dem Throne nur kenntlich, wenn sie ganz besonders ausgezeichnet ist. Aber um so verderblicher ist auch das Gegentheil. Die Laster der Fürsten, fließen sie aus dem Jrrthume und bösen Willen (also nicht aus der Schwäche), werden immer unmäßig seyn, weil ihnen die Vorstellung angeboren ist, daß sie Millionen Menschen mit ihrem Daumen und Zeigefinger umspannen müßten. Die Weisheit der alten und neuern Zeit ist reich an Maximen über Fürstenerziehung und Fürstenpflichten. Ja bei römischen Schriftstellern hat man oft nur nöthig, an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/338
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/338>, abgerufen am 15.05.2024.