Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

begangene Mord, ließe man ihn frei, nicht der Schlußstein seiner Verbrechen seyn würde; man mußte wissen, daß jener Räuber, welcher die Landenge von Korinth unsicher machte, diese Sklaven, welche in Jtalien raubten und mordeten, schlechthin gefährlich waren und durch Milde in ihrem ruchlosen Lebenswandel nicht würden aufgehalten worden seyn. Man strafte sie am Leben, weil man kein anderes Mittel hatte, ihrer los zu seyn. Allein die neue Zeit, welche doch die zweideutige Beglückung der Gefängnisse erfunden, ein Jnstitut, welches das Alterthum in unserem kriminalistischen Sinn nicht kannte; das Zeitalter der Burgverließe, Einmauerungen und eisernen Masken hätte doch am ersten bereit seyn sollen, beim Morde zu unterscheiden zwischen einem Morde, einem einfachen Faktum, welches vielleicht ohne ähnlichen Vorgang war und ohne Nachfolge geblieben wäre im Leben des Verbrechers, und einer durch und durch schlechten und gewaltthätigen Gesinnung. Diese Lezte hat das Alterthum immer mit dem Tod bestraft, weil Räuber und Mörder ein Ungeziefer sind, von welchem man sich auf die leichteste und schnellste Weise befreien darf. Allein bei jenen aus Leidenschaft, Verkettung der Umstände und persönlichen Motiven entstandenen Morden kam es immer in Verlegenheit und überließ die Rache am liebsten Jenem, der sie verlangte. Ja, wenn einmal gesagt werden soll, ein Mord verlange als Strafe gleichfalls einen Schlußakt,

begangene Mord, ließe man ihn frei, nicht der Schlußstein seiner Verbrechen seyn würde; man mußte wissen, daß jener Räuber, welcher die Landenge von Korinth unsicher machte, diese Sklaven, welche in Jtalien raubten und mordeten, schlechthin gefährlich waren und durch Milde in ihrem ruchlosen Lebenswandel nicht würden aufgehalten worden seyn. Man strafte sie am Leben, weil man kein anderes Mittel hatte, ihrer los zu seyn. Allein die neue Zeit, welche doch die zweideutige Beglückung der Gefängnisse erfunden, ein Jnstitut, welches das Alterthum in unserem kriminalistischen Sinn nicht kannte; das Zeitalter der Burgverließe, Einmauerungen und eisernen Masken hätte doch am ersten bereit seyn sollen, beim Morde zu unterscheiden zwischen einem Morde, einem einfachen Faktum, welches vielleicht ohne ähnlichen Vorgang war und ohne Nachfolge geblieben wäre im Leben des Verbrechers, und einer durch und durch schlechten und gewaltthätigen Gesinnung. Diese Lezte hat das Alterthum immer mit dem Tod bestraft, weil Räuber und Mörder ein Ungeziefer sind, von welchem man sich auf die leichteste und schnellste Weise befreien darf. Allein bei jenen aus Leidenschaft, Verkettung der Umstände und persönlichen Motiven entstandenen Morden kam es immer in Verlegenheit und überließ die Rache am liebsten Jenem, der sie verlangte. Ja, wenn einmal gesagt werden soll, ein Mord verlange als Strafe gleichfalls einen Schlußakt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0106" n="104"/>
begangene Mord, ließe man ihn frei, nicht der Schlußstein seiner Verbrechen seyn würde; man mußte wissen, daß jener Räuber, welcher die Landenge von Korinth unsicher machte, diese Sklaven, welche in Jtalien raubten und mordeten, schlechthin gefährlich waren und durch Milde in ihrem ruchlosen Lebenswandel nicht würden aufgehalten worden seyn. Man strafte sie am Leben, weil man kein anderes Mittel hatte, ihrer los zu seyn. Allein die neue Zeit, welche doch die zweideutige Beglückung der Gefängnisse erfunden, ein Jnstitut, welches das Alterthum in unserem kriminalistischen Sinn nicht kannte; das Zeitalter der Burgverließe, Einmauerungen und eisernen Masken hätte doch am ersten bereit seyn sollen, beim Morde zu unterscheiden zwischen einem Morde, einem einfachen Faktum, welches vielleicht ohne ähnlichen Vorgang war und ohne Nachfolge geblieben wäre im Leben des Verbrechers, und einer durch und durch schlechten und gewaltthätigen Gesinnung. Diese Lezte hat das Alterthum immer mit dem Tod bestraft, weil Räuber und Mörder ein Ungeziefer sind, von welchem man sich auf die leichteste und schnellste Weise befreien darf. Allein bei jenen aus Leidenschaft, Verkettung der Umstände und persönlichen Motiven entstandenen Morden kam es immer in Verlegenheit und überließ die Rache am liebsten Jenem, der sie verlangte. Ja, wenn einmal gesagt werden soll, ein Mord verlange als Strafe gleichfalls einen Schlußakt,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0106] begangene Mord, ließe man ihn frei, nicht der Schlußstein seiner Verbrechen seyn würde; man mußte wissen, daß jener Räuber, welcher die Landenge von Korinth unsicher machte, diese Sklaven, welche in Jtalien raubten und mordeten, schlechthin gefährlich waren und durch Milde in ihrem ruchlosen Lebenswandel nicht würden aufgehalten worden seyn. Man strafte sie am Leben, weil man kein anderes Mittel hatte, ihrer los zu seyn. Allein die neue Zeit, welche doch die zweideutige Beglückung der Gefängnisse erfunden, ein Jnstitut, welches das Alterthum in unserem kriminalistischen Sinn nicht kannte; das Zeitalter der Burgverließe, Einmauerungen und eisernen Masken hätte doch am ersten bereit seyn sollen, beim Morde zu unterscheiden zwischen einem Morde, einem einfachen Faktum, welches vielleicht ohne ähnlichen Vorgang war und ohne Nachfolge geblieben wäre im Leben des Verbrechers, und einer durch und durch schlechten und gewaltthätigen Gesinnung. Diese Lezte hat das Alterthum immer mit dem Tod bestraft, weil Räuber und Mörder ein Ungeziefer sind, von welchem man sich auf die leichteste und schnellste Weise befreien darf. Allein bei jenen aus Leidenschaft, Verkettung der Umstände und persönlichen Motiven entstandenen Morden kam es immer in Verlegenheit und überließ die Rache am liebsten Jenem, der sie verlangte. Ja, wenn einmal gesagt werden soll, ein Mord verlange als Strafe gleichfalls einen Schlußakt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/106
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/106>, abgerufen am 14.05.2024.