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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Tectologische Thesen.
III. Thesen von den einfachen organischen Individuen.
23. Die Plastide oder das Plasmastück, als das einzige einfache
organische Individuum, ist das allgemeine Form-Element aller Orga-
nismen, die gemeinsame Grundlage aller Thiere, Protisten und Pflan-
zen ohne Ausnahme.
24. Jede lebende Plastide ohne Ausnahme besteht aus einem zu-
sammenhängenden Stücke einer festflüssigen Eiweiss-Verbindung
(Plasma), welche den eigentlich activen Lebensstoff repräsentirt, in-
dem sie in beständiger chemischer Umsetzung begriffen ist, und dadurch
die Lebens-Bewegungen veranlasst.
25. Alle die endlos mannichfaltigen und verschiedenartigen mor-
phologischen und physiologischen Eigenschaften der Organismen sind
lediglich die unmittelbaren oder mittelbaren Wirkungen der endlos
mannichfaltigen und verschiedenartigen atomistischen Zusammensetzung
der Eiweiss-Verbindungen, welche als individuelle Plasmaklumpen das
Plasma der Plastiden bilden.
26. In allen Plastiden ist das Plasma entweder der einzige active
Bestandtheil (das "Lebenselement"), oder es hat sich im Innern des
Plasma ein zweiter activer Bestandtheil aus demselben differenzirt,
der Kern oder Nucleus, welcher aus einer von dem Plasma verschie-
denen Eiweiss-Verbindung besteht.
27. Die Zellen, als Plastiden mit Plasma und Kern, sind demnach
als eine höhere Entwickelungsstufe, von den unvollkommeneren Cyto-
den, den einfachen Plasmaklumpen ohne Kern zu unterscheiden.
28. Alle Formbestandtheile der Plastiden, und also der Organis-
men überhaupt (als einfacher Plastiden oder Plastiden-Complexe),
welche nicht actives Plasma oder activer Kern sind, werden als pas-
sive oder secundäre von jenen activen oder primären Plastiden-Theilen
gebildet, entweder äusserlich (Zellenmembranen und Intercellular-Sub-
stanzen) oder innerlich (innere Plasma-Producte).
IV. Thesen von den zusammengesetzten organischen Individuen.
29. Alle morphologischen und physiologischen Eigenschaften der
zusammengesetzten organischen Individuen (zweiter bis sechster Ord-
nung) sind die nothwendige Wirkung der sie constituirenden einfachen
Individuen (Plastiden) und zwar in letzter Instanz ihrer activen Be-
standtheile (Plasma und Kern).
30. Die Composition der zusammengesetzten Individuen aus
Aggregaten von einfachen Individuen erfolgt in den Organismen aller
drei Reiche (Thieren, Protisten und Pflanzen) nach denselben ein-
fachen Gesetzen.
Tectologische Thesen.
III. Thesen von den einfachen organischen Individuen.
23. Die Plastide oder das Plasmastück, als das einzige einfache
organische Individuum, ist das allgemeine Form-Element aller Orga-
nismen, die gemeinsame Grundlage aller Thiere, Protisten und Pflan-
zen ohne Ausnahme.
24. Jede lebende Plastide ohne Ausnahme besteht aus einem zu-
sammenhängenden Stücke einer festflüssigen Eiweiss-Verbindung
(Plasma), welche den eigentlich activen Lebensstoff repräsentirt, in-
dem sie in beständiger chemischer Umsetzung begriffen ist, und dadurch
die Lebens-Bewegungen veranlasst.
25. Alle die endlos mannichfaltigen und verschiedenartigen mor-
phologischen und physiologischen Eigenschaften der Organismen sind
lediglich die unmittelbaren oder mittelbaren Wirkungen der endlos
mannichfaltigen und verschiedenartigen atomistischen Zusammensetzung
der Eiweiss-Verbindungen, welche als individuelle Plasmaklumpen das
Plasma der Plastiden bilden.
26. In allen Plastiden ist das Plasma entweder der einzige active
Bestandtheil (das „Lebenselement“), oder es hat sich im Innern des
Plasma ein zweiter activer Bestandtheil aus demselben differenzirt,
der Kern oder Nucleus, welcher aus einer von dem Plasma verschie-
denen Eiweiss-Verbindung besteht.
27. Die Zellen, als Plastiden mit Plasma und Kern, sind demnach
als eine höhere Entwickelungsstufe, von den unvollkommeneren Cyto-
den, den einfachen Plasmaklumpen ohne Kern zu unterscheiden.
28. Alle Formbestandtheile der Plastiden, und also der Organis-
men überhaupt (als einfacher Plastiden oder Plastiden-Complexe),
welche nicht actives Plasma oder activer Kern sind, werden als pas-
sive oder secundäre von jenen activen oder primären Plastiden-Theilen
gebildet, entweder äusserlich (Zellenmembranen und Intercellular-Sub-
stanzen) oder innerlich (innere Plasma-Producte).
IV. Thesen von den zusammengesetzten organischen Individuen.
29. Alle morphologischen und physiologischen Eigenschaften der
zusammengesetzten organischen Individuen (zweiter bis sechster Ord-
nung) sind die nothwendige Wirkung der sie constituirenden einfachen
Individuen (Plastiden) und zwar in letzter Instanz ihrer activen Be-
standtheile (Plasma und Kern).
30. Die Composition der zusammengesetzten Individuen aus
Aggregaten von einfachen Individuen erfolgt in den Organismen aller
drei Reiche (Thieren, Protisten und Pflanzen) nach denselben ein-
fachen Gesetzen.
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[368/0407] Tectologische Thesen. III. Thesen von den einfachen organischen Individuen. 23. Die Plastide oder das Plasmastück, als das einzige einfache organische Individuum, ist das allgemeine Form-Element aller Orga- nismen, die gemeinsame Grundlage aller Thiere, Protisten und Pflan- zen ohne Ausnahme. 24. Jede lebende Plastide ohne Ausnahme besteht aus einem zu- sammenhängenden Stücke einer festflüssigen Eiweiss-Verbindung (Plasma), welche den eigentlich activen Lebensstoff repräsentirt, in- dem sie in beständiger chemischer Umsetzung begriffen ist, und dadurch die Lebens-Bewegungen veranlasst. 25. Alle die endlos mannichfaltigen und verschiedenartigen mor- phologischen und physiologischen Eigenschaften der Organismen sind lediglich die unmittelbaren oder mittelbaren Wirkungen der endlos mannichfaltigen und verschiedenartigen atomistischen Zusammensetzung der Eiweiss-Verbindungen, welche als individuelle Plasmaklumpen das Plasma der Plastiden bilden. 26. In allen Plastiden ist das Plasma entweder der einzige active Bestandtheil (das „Lebenselement“), oder es hat sich im Innern des Plasma ein zweiter activer Bestandtheil aus demselben differenzirt, der Kern oder Nucleus, welcher aus einer von dem Plasma verschie- denen Eiweiss-Verbindung besteht. 27. Die Zellen, als Plastiden mit Plasma und Kern, sind demnach als eine höhere Entwickelungsstufe, von den unvollkommeneren Cyto- den, den einfachen Plasmaklumpen ohne Kern zu unterscheiden. 28. Alle Formbestandtheile der Plastiden, und also der Organis- men überhaupt (als einfacher Plastiden oder Plastiden-Complexe), welche nicht actives Plasma oder activer Kern sind, werden als pas- sive oder secundäre von jenen activen oder primären Plastiden-Theilen gebildet, entweder äusserlich (Zellenmembranen und Intercellular-Sub- stanzen) oder innerlich (innere Plasma-Producte). IV. Thesen von den zusammengesetzten organischen Individuen. 29. Alle morphologischen und physiologischen Eigenschaften der zusammengesetzten organischen Individuen (zweiter bis sechster Ord- nung) sind die nothwendige Wirkung der sie constituirenden einfachen Individuen (Plastiden) und zwar in letzter Instanz ihrer activen Be- standtheile (Plasma und Kern). 30. Die Composition der zusammengesetzten Individuen aus Aggregaten von einfachen Individuen erfolgt in den Organismen aller drei Reiche (Thieren, Protisten und Pflanzen) nach denselben ein- fachen Gesetzen.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/407>, abgerufen am 16.06.2024.