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Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

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welche den Keim zu einer solchen in sich trägt. Was
noch besonders zu ihren Gunsten sprechen dürfte, ist ihre
grosse Einfachheit, in der Regel das Zeichen einer natur¬
gemässen Theorie. Wie einfach sind die Grundgedanken
der Gravitations-Theorie von Newton, der Undulations-
Theorie von Hüyghens, der Wärme-Theorie von Mayer, der
Zellen-Theorie von Schleiden, der Descendenz-Theorie von
Lamarck und der Selections-Theorie von Darwin! Und
doch werden durch diese einfachen Grundgedanken die
grössten und umfassendsten Massen verschiedenartiger That¬
sachen zu einem einheitlichen Ganzen verbunden und durch
eine gemeinsame Ursache erklärt. Ebenso einfach ist auch
der Grundgedanke einer verzweigten Wellenbewegung der
Plastidule, die wir als bewirkende mechanische Ursache
des biogenetischen Processes betrachten.

Wenn die monistische Naturwissenschaft der Gegen¬
wart an uns mit Recht die Anforderung stellt, alle Natur-
Erscheinungen mechanisch zu erklären und mit Ausschluss
jeder Teleologie auf "bewirkende Ursachen", auf "causae
efficientes" zurückzuführen, so wird dieser ersten Anfor¬
derung durch unsere Perigenesis-Theorie genügt. Denn
rein mechanisch sind die Principien von der übertragenen
Massenbewegung und von der Erhaltung der Kraft, welche
derselben zu Grunde liegen. Rein mechanisch ist auch
das Princip der Autogonie, welches den ersten Anstoss zu
dieser übertragenen Bewegung aus jenen Atom-Bewegungen
herleitet, die bei der Bildung der ersten Plastidule statt¬
finden und deren eigenthümliche Plastidul-Bewegung be¬
wirken. Auf die Uebertragung dieser Plastidul-Bewe¬
gung konnten wir die Vererbung, auf die Abänderung

welche den Keim zu einer solchen in sich trägt. Was
noch besonders zu ihren Gunsten sprechen dürfte, ist ihre
grosse Einfachheit, in der Regel das Zeichen einer natur¬
gemässen Theorie. Wie einfach sind die Grundgedanken
der Gravitations-Theorie von Newton, der Undulations-
Theorie von Hüyghens, der Wärme-Theorie von Mayer, der
Zellen-Theorie von Schleiden, der Descendenz-Theorie von
Lamarck und der Selections-Theorie von Darwin! Und
doch werden durch diese einfachen Grundgedanken die
grössten und umfassendsten Massen verschiedenartiger That¬
sachen zu einem einheitlichen Ganzen verbunden und durch
eine gemeinsame Ursache erklärt. Ebenso einfach ist auch
der Grundgedanke einer verzweigten Wellenbewegung der
Plastidule, die wir als bewirkende mechanische Ursache
des biogenetischen Processes betrachten.

Wenn die monistische Naturwissenschaft der Gegen¬
wart an uns mit Recht die Anforderung stellt, alle Natur-
Erscheinungen mechanisch zu erklären und mit Ausschluss
jeder Teleologie auf „bewirkende Ursachen“, auf „causae
efficientes“ zurückzuführen, so wird dieser ersten Anfor¬
derung durch unsere Perigenesis-Theorie genügt. Denn
rein mechanisch sind die Principien von der übertragenen
Massenbewegung und von der Erhaltung der Kraft, welche
derselben zu Grunde liegen. Rein mechanisch ist auch
das Princip der Autogonie, welches den ersten Anstoss zu
dieser übertragenen Bewegung aus jenen Atom-Bewegungen
herleitet, die bei der Bildung der ersten Plastidule statt¬
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[78/0084] welche den Keim zu einer solchen in sich trägt. Was noch besonders zu ihren Gunsten sprechen dürfte, ist ihre grosse Einfachheit, in der Regel das Zeichen einer natur¬ gemässen Theorie. Wie einfach sind die Grundgedanken der Gravitations-Theorie von Newton, der Undulations- Theorie von Hüyghens, der Wärme-Theorie von Mayer, der Zellen-Theorie von Schleiden, der Descendenz-Theorie von Lamarck und der Selections-Theorie von Darwin! Und doch werden durch diese einfachen Grundgedanken die grössten und umfassendsten Massen verschiedenartiger That¬ sachen zu einem einheitlichen Ganzen verbunden und durch eine gemeinsame Ursache erklärt. Ebenso einfach ist auch der Grundgedanke einer verzweigten Wellenbewegung der Plastidule, die wir als bewirkende mechanische Ursache des biogenetischen Processes betrachten. Wenn die monistische Naturwissenschaft der Gegen¬ wart an uns mit Recht die Anforderung stellt, alle Natur- Erscheinungen mechanisch zu erklären und mit Ausschluss jeder Teleologie auf „bewirkende Ursachen“, auf „causae efficientes“ zurückzuführen, so wird dieser ersten Anfor¬ derung durch unsere Perigenesis-Theorie genügt. Denn rein mechanisch sind die Principien von der übertragenen Massenbewegung und von der Erhaltung der Kraft, welche derselben zu Grunde liegen. Rein mechanisch ist auch das Princip der Autogonie, welches den ersten Anstoss zu dieser übertragenen Bewegung aus jenen Atom-Bewegungen herleitet, die bei der Bildung der ersten Plastidule statt¬ finden und deren eigenthümliche Plastidul-Bewegung be¬ wirken. Auf die Uebertragung dieser Plastidul-Bewe¬ gung konnten wir die Vererbung, auf die Abänderung

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/84>, abgerufen am 27.04.2024.