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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
die abwechselnden Zusammenziehungen und Erweiterun-
gen beider Muskeln ununterbrochen auf einander.

Unter denen, welche die Stärke der Wahrheit em-
pfunden haben, befindet sich vornämlich Fantonus (e),
der verehrungswürdige Greis, ferner C. Gottfried Sten-
zel
(f), J. Exuper. Bertin (g), Joh. B. Senac (h),
und der noch neuere und berühmte Moers (i).

Da ich den Reiz so gar oft als die Ursache derer am
Herzen beobachteten Bewegungen angegeben habe, so se-
he ich mich allerdings genöthiget zu erinnern, daß ich
darunter die erwekkende und reizende Ursache verstehe, wel-
che eine andere bewegende und im Herzen wohnende Kraft
zur Zusammenziehung antreibet. Würde man aber von
mir verlangen, daß ich diese Kraft, die keinen Reiz ver-
tragen kann, erklären, und das Vermögen angeben soll-
te, das durch die Zusammenziehung seines Werkzeuges
sich der Reizung gemäß bezeiget, so weiß ich in der That
auf diese Frage zur Zeit noch nichts zu antworten. Das
Herz hat wirklich mit allen übrigen Muskeln diese Be-
schaffenheit gemein, daß sich das gereizte Fleisch dessel-
ben verkürzet, und sich nach seiner Mitte hinziehet. Eben
diese Beschaffenheit hat auch der Magen, das Gedärme
und der Schlund. Denn es verengern sich diese holen
Röhren, wenn man sie entweder anfüllet, oder aufbläset,
in derjenigen Gegend, wo sie die reizende Kraft erleiden
müssen, es mag nun solche von der Luft, oder von Spei-
sen, oder vom Unrath, oder irgend einer andern scharfen
Sache herrühren, wodurch die Fasern ausgedehnt, oder
gereizet werden: der Erfolg aber von dieser Zusammen-
(k)

ziehung
(e) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort S. 313.
(f) Das Herz kömmt wegen der
immer währenden Reizung, die es
vom Blute erleidet, gar nicht zur
Ruhe. [fremdsprachliches Material - 2 Wörter fehlen] S. 67.
(g) Am angef. Orte.
(h) [Spaltenumbruch] S. 453. Jndessen verbinden
doch beide berühmte Franzosen,
den Nervensaft mit der Kraft des
Reizes, Senac S. 329. 332.
(i) Am angef. Ort.
(k) Prem. Memoire sur l'irri-
tabil.
S. 53. 77.

Viertes Buch. Das Herz.
die abwechſelnden Zuſammenziehungen und Erweiterun-
gen beider Muskeln ununterbrochen auf einander.

Unter denen, welche die Staͤrke der Wahrheit em-
pfunden haben, befindet ſich vornaͤmlich Fantonus (e),
der verehrungswuͤrdige Greis, ferner C. Gottfried Sten-
zel
(f), J. Exuper. Bertin (g), Joh. B. Senac (h),
und der noch neuere und beruͤhmte Moers (i).

Da ich den Reiz ſo gar oft als die Urſache derer am
Herzen beobachteten Bewegungen angegeben habe, ſo ſe-
he ich mich allerdings genoͤthiget zu erinnern, daß ich
darunter die erwekkende und reizende Urſache verſtehe, wel-
che eine andere bewegende und im Herzen wohnende Kraft
zur Zuſammenziehung antreibet. Wuͤrde man aber von
mir verlangen, daß ich dieſe Kraft, die keinen Reiz ver-
tragen kann, erklaͤren, und das Vermoͤgen angeben ſoll-
te, das durch die Zuſammenziehung ſeines Werkzeuges
ſich der Reizung gemaͤß bezeiget, ſo weiß ich in der That
auf dieſe Frage zur Zeit noch nichts zu antworten. Das
Herz hat wirklich mit allen uͤbrigen Muskeln dieſe Be-
ſchaffenheit gemein, daß ſich das gereizte Fleiſch deſſel-
ben verkuͤrzet, und ſich nach ſeiner Mitte hinziehet. Eben
dieſe Beſchaffenheit hat auch der Magen, das Gedaͤrme
und der Schlund. Denn es verengern ſich dieſe holen
Roͤhren, wenn man ſie entweder anfuͤllet, oder aufblaͤſet,
in derjenigen Gegend, wo ſie die reizende Kraft erleiden
muͤſſen, es mag nun ſolche von der Luft, oder von Spei-
ſen, oder vom Unrath, oder irgend einer andern ſcharfen
Sache herruͤhren, wodurch die Faſern ausgedehnt, oder
gereizet werden: der Erfolg aber von dieſer Zuſammen-
(k)

ziehung
(e) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort S. 313.
(f) Das Herz koͤmmt wegen der
immer waͤhrenden Reizung, die es
vom Blute erleidet, gar nicht zur
Ruhe. [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen] S. 67.
(g) Am angef. Orte.
(h) [Spaltenumbruch] S. 453. Jndeſſen verbinden
doch beide beruͤhmte Franzoſen,
den Nervenſaft mit der Kraft des
Reizes, Senac S. 329. 332.
(i) Am angef. Ort.
(k) Prem. Memoire ſur l’irri-
tabil.
S. 53. 77.
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[968/1024] Viertes Buch. Das Herz. die abwechſelnden Zuſammenziehungen und Erweiterun- gen beider Muskeln ununterbrochen auf einander. Unter denen, welche die Staͤrke der Wahrheit em- pfunden haben, befindet ſich vornaͤmlich Fantonus (e), der verehrungswuͤrdige Greis, ferner C. Gottfried Sten- zel (f), J. Exuper. Bertin (g), Joh. B. Senac (h), und der noch neuere und beruͤhmte Moers (i). Da ich den Reiz ſo gar oft als die Urſache derer am Herzen beobachteten Bewegungen angegeben habe, ſo ſe- he ich mich allerdings genoͤthiget zu erinnern, daß ich darunter die erwekkende und reizende Urſache verſtehe, wel- che eine andere bewegende und im Herzen wohnende Kraft zur Zuſammenziehung antreibet. Wuͤrde man aber von mir verlangen, daß ich dieſe Kraft, die keinen Reiz ver- tragen kann, erklaͤren, und das Vermoͤgen angeben ſoll- te, das durch die Zuſammenziehung ſeines Werkzeuges ſich der Reizung gemaͤß bezeiget, ſo weiß ich in der That auf dieſe Frage zur Zeit noch nichts zu antworten. Das Herz hat wirklich mit allen uͤbrigen Muskeln dieſe Be- ſchaffenheit gemein, daß ſich das gereizte Fleiſch deſſel- ben verkuͤrzet, und ſich nach ſeiner Mitte hinziehet. Eben dieſe Beſchaffenheit hat auch der Magen, das Gedaͤrme und der Schlund. Denn es verengern ſich dieſe holen Roͤhren, wenn man ſie entweder anfuͤllet, oder aufblaͤſet, in derjenigen Gegend, wo ſie die reizende Kraft erleiden muͤſſen, es mag nun ſolche von der Luft, oder von Spei- ſen, oder vom Unrath, oder irgend einer andern ſcharfen Sache herruͤhren, wodurch die Faſern ausgedehnt, oder gereizet werden: der Erfolg aber von dieſer Zuſammen- ziehung (k) (e) Am angef. Ort S. 313. (f) Das Herz koͤmmt wegen der immer waͤhrenden Reizung, die es vom Blute erleidet, gar nicht zur Ruhe. __ S. 67. (g) Am angef. Orte. (h) S. 453. Jndeſſen verbinden doch beide beruͤhmte Franzoſen, den Nervenſaft mit der Kraft des Reizes, Senac S. 329. 332. (i) Am angef. Ort. (k) Prem. Memoire ſur l’irri- tabil. S. 53. 77.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 968. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1024>, abgerufen am 07.05.2024.