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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Schlagadern.
könne. Man könnte noch aus dem Boerhaave hin-
zusezzen, daß Ruyschens Materie, die derselbe für aus-
gelaufen und in Flekken zusammengeronnen hielte, über-
haupt nichts als wahre Büschel von ausdampfenden,
und mit dem gefärbten Talge angefüllten Gefässen gewe-
sen sey (o). Jndessen ist es eine ausgemachte Sache,
daß recht dünne Flüßigkeiten in der That herauslaufen.
Noch wenigere Wahrscheinlichkeit hat das Vorgeben
Steph. Blankards (p), welches ohnlängst zu meiner
grossen Verwunderung von einem berühmten Manne (q)
ist angenommen worden, welcher behauptete, das Blut
gienge aus den äussersten Schlagadern in die Muskelfa-
sern, und durch diese käme es allererst wieder in die Blut-
adern zurükke.

Erwägt man ferner, daß an Thieren, deren Gefässe
mit blossen Augen entdekket werden können, und die von
beiderlei Art offenbar in einem Stükke fortgehen, nicht
das mindeste schwammartige, oder vom Zellgewebe, oder
irgend ein trübes Mittelwesen zum Vorschein kommt,
welches sich zwischen diese Gefässe legen, oder sie umge-
ben sollte, so glaube ich mit den vortreflichen Männern
unsers Jahrhunderts (r), die fast durchgängig dieser
Meinung beipflichten, daß man das Parenchima (Blut-
substanz), welches zwischen denen herbeiführenden und zu-
rükleitenden Gefässen befindlich seyn soll, ganz sicher ver-
werfen könne. Jch weis zwar mehr als zu wohl, daß
auch nach der glüklichsten Einsprizzung häufiges Fleisch
an denen sämmtlichen Eingeweiden übrig bleibt, welches
keinen gefärbten Saft weiter annehmen will (s), es mag

dieses
(o) [Spaltenumbruch] Prael. T. II. S. 17. 18.
(p) Jn dem Tractat de circulat.
sanguin. per fibras.
(q) Fr. qvesnay oecon. anim.
T. III.
S. 424.
(r) Ioh. Godofr. de berger de
natura humana.
S. 84. de inflam-
[Spaltenumbruch] mat.
S. 8. 9. Samuel de berger
angef. Ort. A. F. walther de
sangu. acceler. et retard. n.
13. und
folg. Hermann Boerhaave, und
andre mehr.
(s) persoons de morb. vetula-
rum ex Ill. albini praeceptis.
M 3

Schlagadern.
koͤnne. Man koͤnnte noch aus dem Boerhaave hin-
zuſezzen, daß Ruyſchens Materie, die derſelbe fuͤr aus-
gelaufen und in Flekken zuſammengeronnen hielte, uͤber-
haupt nichts als wahre Buͤſchel von ausdampfenden,
und mit dem gefaͤrbten Talge angefuͤllten Gefaͤſſen gewe-
ſen ſey (o). Jndeſſen iſt es eine ausgemachte Sache,
daß recht duͤnne Fluͤßigkeiten in der That herauslaufen.
Noch wenigere Wahrſcheinlichkeit hat das Vorgeben
Steph. Blankards (p), welches ohnlaͤngſt zu meiner
groſſen Verwunderung von einem beruͤhmten Manne (q)
iſt angenommen worden, welcher behauptete, das Blut
gienge aus den aͤuſſerſten Schlagadern in die Muskelfa-
ſern, und durch dieſe kaͤme es allererſt wieder in die Blut-
adern zuruͤkke.

Erwaͤgt man ferner, daß an Thieren, deren Gefaͤſſe
mit bloſſen Augen entdekket werden koͤnnen, und die von
beiderlei Art offenbar in einem Stuͤkke fortgehen, nicht
das mindeſte ſchwammartige, oder vom Zellgewebe, oder
irgend ein truͤbes Mittelweſen zum Vorſchein kommt,
welches ſich zwiſchen dieſe Gefaͤſſe legen, oder ſie umge-
ben ſollte, ſo glaube ich mit den vortreflichen Maͤnnern
unſers Jahrhunderts (r), die faſt durchgaͤngig dieſer
Meinung beipflichten, daß man das Parenchima (Blut-
ſubſtanz), welches zwiſchen denen herbeifuͤhrenden und zu-
ruͤkleitenden Gefaͤſſen befindlich ſeyn ſoll, ganz ſicher ver-
werfen koͤnne. Jch weis zwar mehr als zu wohl, daß
auch nach der gluͤklichſten Einſprizzung haͤufiges Fleiſch
an denen ſaͤmmtlichen Eingeweiden uͤbrig bleibt, welches
keinen gefaͤrbten Saft weiter annehmen will (s), es mag

dieſes
(o) [Spaltenumbruch] Præl. T. II. S. 17. 18.
(p) Jn dem Tractat de circulat.
ſanguin. per fibras.
(q) Fr. qvesnay oecon. anim.
T. III.
S. 424.
(r) Ioh. Godofr. de berger de
natura humana.
S. 84. de inflam-
[Spaltenumbruch] mat.
S. 8. 9. Samuel de berger
angef. Ort. A. F. walther de
ſangu. acceler. et retard. n.
13. und
folg. Hermann Boerhaave, und
andre mehr.
(s) persoons de morb. vetula-
rum ex Ill. albini præceptis.
M 3
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[181/0237] Schlagadern. koͤnne. Man koͤnnte noch aus dem Boerhaave hin- zuſezzen, daß Ruyſchens Materie, die derſelbe fuͤr aus- gelaufen und in Flekken zuſammengeronnen hielte, uͤber- haupt nichts als wahre Buͤſchel von ausdampfenden, und mit dem gefaͤrbten Talge angefuͤllten Gefaͤſſen gewe- ſen ſey (o). Jndeſſen iſt es eine ausgemachte Sache, daß recht duͤnne Fluͤßigkeiten in der That herauslaufen. Noch wenigere Wahrſcheinlichkeit hat das Vorgeben Steph. Blankards (p), welches ohnlaͤngſt zu meiner groſſen Verwunderung von einem beruͤhmten Manne (q) iſt angenommen worden, welcher behauptete, das Blut gienge aus den aͤuſſerſten Schlagadern in die Muskelfa- ſern, und durch dieſe kaͤme es allererſt wieder in die Blut- adern zuruͤkke. Erwaͤgt man ferner, daß an Thieren, deren Gefaͤſſe mit bloſſen Augen entdekket werden koͤnnen, und die von beiderlei Art offenbar in einem Stuͤkke fortgehen, nicht das mindeſte ſchwammartige, oder vom Zellgewebe, oder irgend ein truͤbes Mittelweſen zum Vorſchein kommt, welches ſich zwiſchen dieſe Gefaͤſſe legen, oder ſie umge- ben ſollte, ſo glaube ich mit den vortreflichen Maͤnnern unſers Jahrhunderts (r), die faſt durchgaͤngig dieſer Meinung beipflichten, daß man das Parenchima (Blut- ſubſtanz), welches zwiſchen denen herbeifuͤhrenden und zu- ruͤkleitenden Gefaͤſſen befindlich ſeyn ſoll, ganz ſicher ver- werfen koͤnne. Jch weis zwar mehr als zu wohl, daß auch nach der gluͤklichſten Einſprizzung haͤufiges Fleiſch an denen ſaͤmmtlichen Eingeweiden uͤbrig bleibt, welches keinen gefaͤrbten Saft weiter annehmen will (s), es mag dieſes (o) Præl. T. II. S. 17. 18. (p) Jn dem Tractat de circulat. ſanguin. per fibras. (q) Fr. qvesnay oecon. anim. T. III. S. 424. (r) Ioh. Godofr. de berger de natura humana. S. 84. de inflam- mat. S. 8. 9. Samuel de berger angef. Ort. A. F. walther de ſangu. acceler. et retard. n. 13. und folg. Hermann Boerhaave, und andre mehr. (s) persoons de morb. vetula- rum ex Ill. albini præceptis. M 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/237>, abgerufen am 28.04.2024.