Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
aber, die Janson (a) hieher ziehet (b), enthält, ich
weiß nicht was für einen Begrif, von dem wechselsweise
erfolgenden Einziehen und Auslassen der Luft, woraus
das Athemholen bestehet: sie beziehet sich aber nicht im
geringsten auf den Umlauf des Blutes.

Der Scholiast des Euripides, den Heister eben-
falls anführt, schreibet, daß ein Blutäderchen etwas
Luft, und die Schlagader etwas Blut enthalte, welches
wieder eben die Meinung ist, welche sonst schon Gale-
nus
(c) behauptet hatte.

Nemesius soll, wie sein Herausgeber in Oxford
geglaubt, den Umlauf des Blutes beschrieben haben,
weil er sagt, eine Blutader gebe der Schlagader Nah-
rung, und ziehe das überall ausgetheilte dünne Blut von
den nächsten Blutadern an sich. Es ist aber diese Stel-
le in der That, so wie des Nemesius sein ganzes Werk,
aus dem Galenus genommen, als welcher allerdings
von einigem wechselweisen Laufe des Blutes durch die
kleinste Schlagadern in die Blutäderchen, und aus die-
sen in die Schlagadern, etwas gewust hat. Denn er
schrieb, daß die Anastomosirungen eben darum zwischen
Blut- und Schlagadern da wären, damit die Blutadern
an dem Athemholen Theil nehmen möchten (d). Jch
kann auch aus der Stelle des Pollux vom Blutumlaufe,
welche der sonst gelehrte Jacob Nicolaus Weiss (e) hie-
her gezogen, keine andre Erklärung herausbringen.

Unter denen Wiederherstellern der Zergliederungs-
kunst hat Vesalius diesen grossen Blutumlauf einiger
massen eingesehen, weil er überzeugt gewesen, daß das
Blut bisweilen aus den Aesten der Blutader in die

Stäm-
(a) [Spaltenumbruch] Novantiq. S. 241.
(b) Gleichfalls aus dem Timaeo.
Siehe S. 222. dieses Werks.
(d) [Spaltenumbruch] De utilit. part. L. VI. K. 17.
(e) De veteris Graeciae re me-
dica,
S. 31.

Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
aber, die Janſon (a) hieher ziehet (b), enthaͤlt, ich
weiß nicht was fuͤr einen Begrif, von dem wechſelsweiſe
erfolgenden Einziehen und Auslaſſen der Luft, woraus
das Athemholen beſtehet: ſie beziehet ſich aber nicht im
geringſten auf den Umlauf des Blutes.

Der Scholiaſt des Euripides, den Heiſter eben-
falls anfuͤhrt, ſchreibet, daß ein Blutaͤderchen etwas
Luft, und die Schlagader etwas Blut enthalte, welches
wieder eben die Meinung iſt, welche ſonſt ſchon Gale-
nus
(c) behauptet hatte.

Nemeſius ſoll, wie ſein Herausgeber in Oxford
geglaubt, den Umlauf des Blutes beſchrieben haben,
weil er ſagt, eine Blutader gebe der Schlagader Nah-
rung, und ziehe das uͤberall ausgetheilte duͤnne Blut von
den naͤchſten Blutadern an ſich. Es iſt aber dieſe Stel-
le in der That, ſo wie des Nemeſius ſein ganzes Werk,
aus dem Galenus genommen, als welcher allerdings
von einigem wechſelweiſen Laufe des Blutes durch die
kleinſte Schlagadern in die Blutaͤderchen, und aus die-
ſen in die Schlagadern, etwas gewuſt hat. Denn er
ſchrieb, daß die Anaſtomoſirungen eben darum zwiſchen
Blut- und Schlagadern da waͤren, damit die Blutadern
an dem Athemholen Theil nehmen moͤchten (d). Jch
kann auch aus der Stelle des Pollux vom Blutumlaufe,
welche der ſonſt gelehrte Jacob Nicolaus Weiſſ (e) hie-
her gezogen, keine andre Erklaͤrung herausbringen.

Unter denen Wiederherſtellern der Zergliederungs-
kunſt hat Veſalius dieſen groſſen Blutumlauf einiger
maſſen eingeſehen, weil er uͤberzeugt geweſen, daß das
Blut bisweilen aus den Aeſten der Blutader in die

Staͤm-
(a) [Spaltenumbruch] Novantiq. S. 241.
(b) Gleichfalls aus dem Timaeo.
Siehe S. 222. dieſes Werks.
(d) [Spaltenumbruch] De utilit. part. L. VI. K. 17.
(e) De veteris Graeciae re me-
dica,
S. 31.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0518" n="462"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes</hi></fw><lb/>
aber, die <hi rendition="#fr">Jan&#x017F;on</hi> <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">Novantiq.</hi> S. 241.</note> hieher ziehet <note place="foot" n="(b)">Gleichfalls aus dem <hi rendition="#aq">Timaeo.</hi><lb/>
Siehe S. 222. die&#x017F;es Werks.</note>, entha&#x0364;lt, ich<lb/>
weiß nicht was fu&#x0364;r einen Begrif, von dem wech&#x017F;elswei&#x017F;e<lb/>
erfolgenden Einziehen und Ausla&#x017F;&#x017F;en der Luft, woraus<lb/>
das Athemholen be&#x017F;tehet: &#x017F;ie beziehet &#x017F;ich aber nicht im<lb/>
gering&#x017F;ten auf den Umlauf des Blutes.</p><lb/>
            <p>Der Scholia&#x017F;t des <hi rendition="#fr">Euripides,</hi> den <hi rendition="#fr">Hei&#x017F;ter</hi> eben-<lb/>
falls anfu&#x0364;hrt, &#x017F;chreibet, daß ein Bluta&#x0364;derchen etwas<lb/>
Luft, und die Schlagader etwas Blut enthalte, welches<lb/>
wieder eben die Meinung i&#x017F;t, welche &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chon <hi rendition="#fr">Gale-<lb/>
nus</hi> (c) behauptet hatte.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Neme&#x017F;ius</hi> &#x017F;oll, wie &#x017F;ein Herausgeber in Oxford<lb/>
geglaubt, den Umlauf des Blutes be&#x017F;chrieben haben,<lb/>
weil er &#x017F;agt, eine Blutader gebe der Schlagader Nah-<lb/>
rung, und ziehe das u&#x0364;berall ausgetheilte du&#x0364;nne Blut von<lb/>
den na&#x0364;ch&#x017F;ten Blutadern an &#x017F;ich. Es i&#x017F;t aber die&#x017F;e Stel-<lb/>
le in der That, &#x017F;o wie des <hi rendition="#fr">Neme&#x017F;ius</hi> &#x017F;ein ganzes Werk,<lb/>
aus dem <hi rendition="#fr">Galenus</hi> genommen, als welcher allerdings<lb/>
von einigem wech&#x017F;elwei&#x017F;en Laufe des Blutes durch die<lb/>
klein&#x017F;te Schlagadern in die Bluta&#x0364;derchen, und aus die-<lb/>
&#x017F;en in die Schlagadern, etwas gewu&#x017F;t hat. Denn er<lb/>
&#x017F;chrieb, daß die Ana&#x017F;tomo&#x017F;irungen eben darum zwi&#x017F;chen<lb/>
Blut- und Schlagadern da wa&#x0364;ren, damit die Blutadern<lb/>
an dem Athemholen Theil nehmen mo&#x0364;chten <note place="foot" n="(d)"><cb/><hi rendition="#aq">De utilit. part. L. VI.</hi> K. 17.</note>. Jch<lb/>
kann auch aus der Stelle des <hi rendition="#fr">Pollux</hi> vom Blutumlaufe,<lb/>
welche der &#x017F;on&#x017F;t gelehrte Jacob Nicolaus <hi rendition="#fr">Wei&#x017F;&#x017F;</hi> <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">De veteris Graeciae re me-<lb/>
dica,</hi> S. 31.</note> hie-<lb/>
her gezogen, keine andre Erkla&#x0364;rung herausbringen.</p><lb/>
            <p>Unter denen Wiederher&#x017F;tellern der Zergliederungs-<lb/>
kun&#x017F;t hat <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;alius</hi> die&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;en Blutumlauf einiger<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en einge&#x017F;ehen, weil er u&#x0364;berzeugt gewe&#x017F;en, daß das<lb/>
Blut bisweilen aus den Ae&#x017F;ten der Blutader in die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sta&#x0364;m-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0518] Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes aber, die Janſon (a) hieher ziehet (b), enthaͤlt, ich weiß nicht was fuͤr einen Begrif, von dem wechſelsweiſe erfolgenden Einziehen und Auslaſſen der Luft, woraus das Athemholen beſtehet: ſie beziehet ſich aber nicht im geringſten auf den Umlauf des Blutes. Der Scholiaſt des Euripides, den Heiſter eben- falls anfuͤhrt, ſchreibet, daß ein Blutaͤderchen etwas Luft, und die Schlagader etwas Blut enthalte, welches wieder eben die Meinung iſt, welche ſonſt ſchon Gale- nus (c) behauptet hatte. Nemeſius ſoll, wie ſein Herausgeber in Oxford geglaubt, den Umlauf des Blutes beſchrieben haben, weil er ſagt, eine Blutader gebe der Schlagader Nah- rung, und ziehe das uͤberall ausgetheilte duͤnne Blut von den naͤchſten Blutadern an ſich. Es iſt aber dieſe Stel- le in der That, ſo wie des Nemeſius ſein ganzes Werk, aus dem Galenus genommen, als welcher allerdings von einigem wechſelweiſen Laufe des Blutes durch die kleinſte Schlagadern in die Blutaͤderchen, und aus die- ſen in die Schlagadern, etwas gewuſt hat. Denn er ſchrieb, daß die Anaſtomoſirungen eben darum zwiſchen Blut- und Schlagadern da waͤren, damit die Blutadern an dem Athemholen Theil nehmen moͤchten (d). Jch kann auch aus der Stelle des Pollux vom Blutumlaufe, welche der ſonſt gelehrte Jacob Nicolaus Weiſſ (e) hie- her gezogen, keine andre Erklaͤrung herausbringen. Unter denen Wiederherſtellern der Zergliederungs- kunſt hat Veſalius dieſen groſſen Blutumlauf einiger maſſen eingeſehen, weil er uͤberzeugt geweſen, daß das Blut bisweilen aus den Aeſten der Blutader in die Staͤm- (a) Novantiq. S. 241. (b) Gleichfalls aus dem Timaeo. Siehe S. 222. dieſes Werks. (d) De utilit. part. L. VI. K. 17. (e) De veteris Graeciae re me- dica, S. 31.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/518
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/518>, abgerufen am 15.05.2024.