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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Der Bau des Herzens.
zugeben wollte, daß sich der Klappenring wirklich in drei
Theile zerlegen liesse (x*). Jch kann auch eben so wenig
nur eigentlich fünf Paar warzförmige Muskeln an die-
ser rechten Mündung annehmen, wie Caspar Bartho-
linus
(y), des Thom. Sohn, oder nur vier (z), davon
sich zwo in der Scheidewand des Herzens, und zwo gegen
diesen über befinden sollen, wie Gavet behauptet. Denn
die Natur nimmt sich hier, sowol was die Anzal, als die
Grösse betrift, viele Freiheit heraus, und ich kann die
Anzal der Muskeln weder auf zwei und drei (a), noch
auf vier (b), einschränken. Cowper hat wirklich deren
acht oder neune abgebildet (c), und von diesem Manne
kann ich, laut einiger von meinen Beobachtungen, nicht
gänzlich abgehen.

Jn den vierfüßigen Thieren, so viel ich deren geöf-
net, ist der Bau beinahe mit dem menschlichen einerlei
gewesen. Jn den Vögeln finden sich an der linken Blut-
adermündung ebenfalls zwo, aber an der rechten nur ei-
ne fleischige und einem Muskel ähnliche Klappe, die sich
wie ein halber Zirkel krümmet, in eine Spizze verengert,
und mit der Scheidewand des Herzens einen vollständi-
gen Zirkel bildet, aber mit keinen sehnigen Fasern verse-
hen ist. Dieses hat überhaupt von Vögeln der vor-
nehmste Schriftsteller in der Geschichte des Herzens (d),
ingleichen Claudius Perrault (e), gemeldet, welcher
viele Thiere zergliedert, oder die vom Duverney zer-
legte in Kupfer vorgestellet hat. Dieses ist diejenige
kreisförmige fleischige Klappe der rechten Kammer, die

Bar-
(x*) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, S. 320.
(y) Specim. anat. S. 66.
(z) Nov. febr. idea. S. 4. und
folg.
(a) Vieussens am angef. Ort
S. 99.
(b) [Spaltenumbruch] Senac am angef. Ort S.
200.
(c) Tab. 38. f. 2.
(d) Am angef. Ort S. 60. high-
morvs
Disquisit. anat.
S. 143.
(e) Essays de phys. T. III. S.
261.

Der Bau des Herzens.
zugeben wollte, daß ſich der Klappenring wirklich in drei
Theile zerlegen lieſſe (x*). Jch kann auch eben ſo wenig
nur eigentlich fuͤnf Paar warzfoͤrmige Muskeln an die-
ſer rechten Muͤndung annehmen, wie Caſpar Bartho-
linus
(y), des Thom. Sohn, oder nur vier (z), davon
ſich zwo in der Scheidewand des Herzens, und zwo gegen
dieſen uͤber befinden ſollen, wie Gavet behauptet. Denn
die Natur nimmt ſich hier, ſowol was die Anzal, als die
Groͤſſe betrift, viele Freiheit heraus, und ich kann die
Anzal der Muskeln weder auf zwei und drei (a), noch
auf vier (b), einſchraͤnken. Cowper hat wirklich deren
acht oder neune abgebildet (c), und von dieſem Manne
kann ich, laut einiger von meinen Beobachtungen, nicht
gaͤnzlich abgehen.

Jn den vierfuͤßigen Thieren, ſo viel ich deren geoͤf-
net, iſt der Bau beinahe mit dem menſchlichen einerlei
geweſen. Jn den Voͤgeln finden ſich an der linken Blut-
adermuͤndung ebenfalls zwo, aber an der rechten nur ei-
ne fleiſchige und einem Muskel aͤhnliche Klappe, die ſich
wie ein halber Zirkel kruͤmmet, in eine Spizze verengert,
und mit der Scheidewand des Herzens einen vollſtaͤndi-
gen Zirkel bildet, aber mit keinen ſehnigen Faſern verſe-
hen iſt. Dieſes hat uͤberhaupt von Voͤgeln der vor-
nehmſte Schriftſteller in der Geſchichte des Herzens (d),
ingleichen Claudius Perrault (e), gemeldet, welcher
viele Thiere zergliedert, oder die vom Duverney zer-
legte in Kupfer vorgeſtellet hat. Dieſes iſt diejenige
kreisfoͤrmige fleiſchige Klappe der rechten Kammer, die

Bar-
(x*) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort, S. 320.
(y) Specim. anat. S. 66.
(z) Nov. febr. idea. S. 4. und
folg.
(a) Vieuſſens am angef. Ort
S. 99.
(b) [Spaltenumbruch] Senac am angef. Ort S.
200.
(c) Tab. 38. f. 2.
(d) Am angef. Ort S. 60. high-
morvs
Diſquiſit. anat.
S. 143.
(e) Eſſays de phyſ. T. III. S.
261.
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[637/0693] Der Bau des Herzens. zugeben wollte, daß ſich der Klappenring wirklich in drei Theile zerlegen lieſſe (x*). Jch kann auch eben ſo wenig nur eigentlich fuͤnf Paar warzfoͤrmige Muskeln an die- ſer rechten Muͤndung annehmen, wie Caſpar Bartho- linus (y), des Thom. Sohn, oder nur vier (z), davon ſich zwo in der Scheidewand des Herzens, und zwo gegen dieſen uͤber befinden ſollen, wie Gavet behauptet. Denn die Natur nimmt ſich hier, ſowol was die Anzal, als die Groͤſſe betrift, viele Freiheit heraus, und ich kann die Anzal der Muskeln weder auf zwei und drei (a), noch auf vier (b), einſchraͤnken. Cowper hat wirklich deren acht oder neune abgebildet (c), und von dieſem Manne kann ich, laut einiger von meinen Beobachtungen, nicht gaͤnzlich abgehen. Jn den vierfuͤßigen Thieren, ſo viel ich deren geoͤf- net, iſt der Bau beinahe mit dem menſchlichen einerlei geweſen. Jn den Voͤgeln finden ſich an der linken Blut- adermuͤndung ebenfalls zwo, aber an der rechten nur ei- ne fleiſchige und einem Muskel aͤhnliche Klappe, die ſich wie ein halber Zirkel kruͤmmet, in eine Spizze verengert, und mit der Scheidewand des Herzens einen vollſtaͤndi- gen Zirkel bildet, aber mit keinen ſehnigen Faſern verſe- hen iſt. Dieſes hat uͤberhaupt von Voͤgeln der vor- nehmſte Schriftſteller in der Geſchichte des Herzens (d), ingleichen Claudius Perrault (e), gemeldet, welcher viele Thiere zergliedert, oder die vom Duverney zer- legte in Kupfer vorgeſtellet hat. Dieſes iſt diejenige kreisfoͤrmige fleiſchige Klappe der rechten Kammer, die Bar- (x*) Am angef. Ort, S. 320. (y) Specim. anat. S. 66. (z) Nov. febr. idea. S. 4. und folg. (a) Vieuſſens am angef. Ort S. 99. (b) Senac am angef. Ort S. 200. (c) Tab. 38. f. 2. (d) Am angef. Ort S. 60. high- morvs Diſquiſit. anat. S. 143. (e) Eſſays de phyſ. T. III. S. 261.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/693>, abgerufen am 30.04.2024.