Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
ringen Anzal, keine allzuwichtigen Dienste versprechen
könne.

§. 21.
Die Beschreibung derer Herzfasern ist vielen
Schwierigkeiten unterworfen.

Es ist aber in der That etwas sehr schweres,
die wahren Ordnungen derer Herzfasern zu bestim-
men: es ist mir auch nicht möglich gewesen, nach gesche-
hener Einwässerung, oder vermittelst des Kochens in
Eßige, den Knoten von diesem Räthsel aufzulösen, so
wenig als es dem Vesalius (b), oder dem Zergliederer
der ersten Grösse (c) geglükt ist, unter dessen besondrer
Anführung ich die ersten Gründe dieser Kunst erlernet,
und die ersten Menschenkörper zu öfnen angefangen ha-
be. Die grösseste Schwierigkeit entstehet daher, weil die
wie ein Nezz durcheinander geflochtene Fasern (d) auf kei-
nerlei Weise von einander abgesondert werden können,
wie es sonst bei andern Muskeln sich thun lässet, in de-
nen sie parallel an einander liegen, und wenn gleich an
denenselben Schichten von verschiednen Fasern überein-
ander liegen, dennoch die öberste Schicht von der untern,
ohne derselben Verlezzung, kann weggenommen werden,
wie solches an dem weichen Theile des Gaumens, und
an andren Orten geschiehet. Hiernächst erlauben auch
die Zellfäden, ob sie gleich an einigen Orten kürzer und
zahlreicher sind (e), dennoch nicht, daß man die Fasern
ablösen kann, und es haben verschiedene Zergliederer,
die nicht unter die schlechten gehören (f), diese Fäden als

die
(b) [Spaltenumbruch] S. 731. Er sagt, man könne
sie nicht entwikkeln.
(c) Der vortrefliche B. S. Al-
binus.
(d) S. 350.
(e) kaauw de Perspir. n. 781. 782.
(f) J. Jacob Wepfer de Cicu-
ta aquatica
S. 87. R. Lower
[Spaltenumbruch] c. 1. S. 19. Tab. 3. f. 5. J. B.
Morgagni Advers. anat. II. anim.
7. J. Fantonus am angef. Ort S.
286. R. Vieussens Nouvelles de-
couvertes du coeur,
S. 38. Er
nennet sie Zwischenäste, die zwi-
schen den Fleischgäugen die Ge-
meinschaft unterhalten.

Viertes Buch. Das Herz.
ringen Anzal, keine allzuwichtigen Dienſte verſprechen
koͤnne.

§. 21.
Die Beſchreibung derer Herzfaſern iſt vielen
Schwierigkeiten unterworfen.

Es iſt aber in der That etwas ſehr ſchweres,
die wahren Ordnungen derer Herzfaſern zu beſtim-
men: es iſt mir auch nicht moͤglich geweſen, nach geſche-
hener Einwaͤſſerung, oder vermittelſt des Kochens in
Eßige, den Knoten von dieſem Raͤthſel aufzuloͤſen, ſo
wenig als es dem Veſalius (b), oder dem Zergliederer
der erſten Groͤſſe (c) gegluͤkt iſt, unter deſſen beſondrer
Anfuͤhrung ich die erſten Gruͤnde dieſer Kunſt erlernet,
und die erſten Menſchenkoͤrper zu oͤfnen angefangen ha-
be. Die groͤſſeſte Schwierigkeit entſtehet daher, weil die
wie ein Nezz durcheinander geflochtene Faſern (d) auf kei-
nerlei Weiſe von einander abgeſondert werden koͤnnen,
wie es ſonſt bei andern Muskeln ſich thun laͤſſet, in de-
nen ſie parallel an einander liegen, und wenn gleich an
denenſelben Schichten von verſchiednen Faſern uͤberein-
ander liegen, dennoch die oͤberſte Schicht von der untern,
ohne derſelben Verlezzung, kann weggenommen werden,
wie ſolches an dem weichen Theile des Gaumens, und
an andren Orten geſchiehet. Hiernaͤchſt erlauben auch
die Zellfaͤden, ob ſie gleich an einigen Orten kuͤrzer und
zahlreicher ſind (e), dennoch nicht, daß man die Faſern
abloͤſen kann, und es haben verſchiedene Zergliederer,
die nicht unter die ſchlechten gehoͤren (f), dieſe Faͤden als

die
(b) [Spaltenumbruch] S. 731. Er ſagt, man koͤnne
ſie nicht entwikkeln.
(c) Der vortrefliche B. S. Al-
binus.
(d) S. 350.
(e) kaauw de Perſpir. n. 781. 782.
(f) J. Jacob Wepfer de Cicu-
ta aquatica
S. 87. R. Lower
[Spaltenumbruch] c. 1. S. 19. Tab. 3. f. 5. J. B.
Morgagni Adverſ. anat. II. anim.
7. J. Fantonus am angef. Ort S.
286. R. Vieuſſens Nouvelles de-
couvertes du coeur,
S. 38. Er
nennet ſie Zwiſchenaͤſte, die zwi-
ſchen den Fleiſchgaͤugen die Ge-
meinſchaft unterhalten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0724" n="668"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
ringen Anzal, keine allzuwichtigen Dien&#x017F;te ver&#x017F;prechen<lb/>
ko&#x0364;nne.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 21.<lb/>
Die Be&#x017F;chreibung derer Herzfa&#x017F;ern i&#x017F;t vielen<lb/>
Schwierigkeiten unterworfen.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t aber in der That etwas &#x017F;ehr &#x017F;chweres,<lb/>
die wahren Ordnungen derer Herzfa&#x017F;ern zu be&#x017F;tim-<lb/>
men: es i&#x017F;t mir auch nicht mo&#x0364;glich gewe&#x017F;en, nach ge&#x017F;che-<lb/>
hener Einwa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung, oder vermittel&#x017F;t des Kochens in<lb/>
Eßige, den Knoten von die&#x017F;em Ra&#x0364;th&#x017F;el aufzulo&#x0364;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
wenig als es dem <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;alius</hi> <note place="foot" n="(b)"><cb/>
S. 731. Er &#x017F;agt, man ko&#x0364;nne<lb/>
&#x017F;ie nicht entwikkeln.</note>, oder dem Zergliederer<lb/>
der er&#x017F;ten Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <note place="foot" n="(c)">Der vortrefliche B. S. <hi rendition="#fr">Al-<lb/>
binus.</hi></note> geglu&#x0364;kt i&#x017F;t, unter de&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;ondrer<lb/>
Anfu&#x0364;hrung ich die er&#x017F;ten Gru&#x0364;nde die&#x017F;er Kun&#x017F;t erlernet,<lb/>
und die er&#x017F;ten Men&#x017F;chenko&#x0364;rper zu o&#x0364;fnen angefangen ha-<lb/>
be. Die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Schwierigkeit ent&#x017F;tehet daher, weil die<lb/>
wie ein Nezz durcheinander geflochtene Fa&#x017F;ern <note place="foot" n="(d)">S. 350.</note> auf kei-<lb/>
nerlei Wei&#x017F;e von einander abge&#x017F;ondert werden ko&#x0364;nnen,<lb/>
wie es &#x017F;on&#x017F;t bei andern Muskeln &#x017F;ich thun la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, in de-<lb/>
nen &#x017F;ie parallel an einander liegen, und wenn gleich an<lb/>
denen&#x017F;elben Schichten von ver&#x017F;chiednen Fa&#x017F;ern u&#x0364;berein-<lb/>
ander liegen, dennoch die o&#x0364;ber&#x017F;te Schicht von der untern,<lb/>
ohne der&#x017F;elben Verlezzung, kann weggenommen werden,<lb/>
wie &#x017F;olches an dem weichen Theile des Gaumens, und<lb/>
an andren Orten ge&#x017F;chiehet. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t erlauben auch<lb/>
die Zellfa&#x0364;den, ob &#x017F;ie gleich an einigen Orten ku&#x0364;rzer und<lb/>
zahlreicher &#x017F;ind <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">kaauw</hi> de Per&#x017F;pir. n.</hi> 781. 782.</note>, dennoch nicht, daß man die Fa&#x017F;ern<lb/>
ablo&#x0364;&#x017F;en kann, und es haben ver&#x017F;chiedene Zergliederer,<lb/>
die nicht unter die &#x017F;chlechten geho&#x0364;ren <note place="foot" n="(f)">J. Jacob <hi rendition="#fr">Wepfer</hi> <hi rendition="#aq">de Cicu-<lb/>
ta aquatica</hi> S. 87. R. <hi rendition="#fr">Lower</hi><lb/><cb/> <hi rendition="#aq">c.</hi> 1. S. 19. <hi rendition="#aq">Tab. 3. f.</hi> 5. J. B.<lb/><hi rendition="#fr">Morgagni</hi> <hi rendition="#aq">Adver&#x017F;. anat. II. anim.</hi><lb/>
7. J. <hi rendition="#fr">Fantonus</hi> am angef. Ort S.<lb/>
286. R. <hi rendition="#fr">Vieu&#x017F;&#x017F;ens</hi> <hi rendition="#aq">Nouvelles de-<lb/>
couvertes du coeur,</hi> S. 38. Er<lb/>
nennet &#x017F;ie Zwi&#x017F;chena&#x0364;&#x017F;te, die zwi-<lb/>
&#x017F;chen den Flei&#x017F;chga&#x0364;ugen die Ge-<lb/>
mein&#x017F;chaft unterhalten.</note>, die&#x017F;e Fa&#x0364;den als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[668/0724] Viertes Buch. Das Herz. ringen Anzal, keine allzuwichtigen Dienſte verſprechen koͤnne. §. 21. Die Beſchreibung derer Herzfaſern iſt vielen Schwierigkeiten unterworfen. Es iſt aber in der That etwas ſehr ſchweres, die wahren Ordnungen derer Herzfaſern zu beſtim- men: es iſt mir auch nicht moͤglich geweſen, nach geſche- hener Einwaͤſſerung, oder vermittelſt des Kochens in Eßige, den Knoten von dieſem Raͤthſel aufzuloͤſen, ſo wenig als es dem Veſalius (b), oder dem Zergliederer der erſten Groͤſſe (c) gegluͤkt iſt, unter deſſen beſondrer Anfuͤhrung ich die erſten Gruͤnde dieſer Kunſt erlernet, und die erſten Menſchenkoͤrper zu oͤfnen angefangen ha- be. Die groͤſſeſte Schwierigkeit entſtehet daher, weil die wie ein Nezz durcheinander geflochtene Faſern (d) auf kei- nerlei Weiſe von einander abgeſondert werden koͤnnen, wie es ſonſt bei andern Muskeln ſich thun laͤſſet, in de- nen ſie parallel an einander liegen, und wenn gleich an denenſelben Schichten von verſchiednen Faſern uͤberein- ander liegen, dennoch die oͤberſte Schicht von der untern, ohne derſelben Verlezzung, kann weggenommen werden, wie ſolches an dem weichen Theile des Gaumens, und an andren Orten geſchiehet. Hiernaͤchſt erlauben auch die Zellfaͤden, ob ſie gleich an einigen Orten kuͤrzer und zahlreicher ſind (e), dennoch nicht, daß man die Faſern abloͤſen kann, und es haben verſchiedene Zergliederer, die nicht unter die ſchlechten gehoͤren (f), dieſe Faͤden als die (b) S. 731. Er ſagt, man koͤnne ſie nicht entwikkeln. (c) Der vortrefliche B. S. Al- binus. (d) S. 350. (e) kaauw de Perſpir. n. 781. 782. (f) J. Jacob Wepfer de Cicu- ta aquatica S. 87. R. Lower c. 1. S. 19. Tab. 3. f. 5. J. B. Morgagni Adverſ. anat. II. anim. 7. J. Fantonus am angef. Ort S. 286. R. Vieuſſens Nouvelles de- couvertes du coeur, S. 38. Er nennet ſie Zwiſchenaͤſte, die zwi- ſchen den Fleiſchgaͤugen die Ge- meinſchaft unterhalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/724
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/724>, abgerufen am 29.04.2024.