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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
te, daß sich die in den Blutgefässen befindliche Luft, wenn
sie erwärmt würde, ausdehne, wie sie es in einer Glas-
röhre zu thun pflegt, und also das Blut forttriebe, auch
solchemnach die Hauptursache von der Bewegung des
Blutes sey. Sie dehne sich aber um den fünften Theil
stärker aus (h), und sey daher vermögend 25 Pfunde
Blut fortzustossen (i), indem alles das, was die Masse
dieses Saftes mehr am Gewichte beträgt, wegen der Be-
schaffenheit der zweischenklichten Röhre, für nichts gerech-
net werden könnte: es werde aber das Blut von der Luft
viel geschwinder fortgetrieben, als sonst ein Schuh lang
in einer Secunde sich fortbewege (k), und es gehöre die-
jenige Bewegung des Blutes hieher, von der wir gezei-
get haben, daß sie auch ohne das Herz noch fortdaure (l),
ingleichen auch diejenige, welche noch an der Holader ei-
nes sterbenden Thieres sich äussert (m). Ferner sey auch
das Herz nicht die Hauptursache der Bewegung des Blu-
tes, weil sich dieser Saft auch zu der Zeit noch bewege,
da das Herz in der Erweiterung begriffen ist (n). Er
führet auch das Beispiel von dem bebrüteten Eye an, von
dem man nicht in Abrede seyn kann, daß der Druk der
verdünnten Luft nicht sollte, wenigstens in der Fortbewe-
gung der Eysäfte, das seinige mit beitragen. Es hat
indessen dieser berühmte Mann zugestanden, wie es auch
bereits vor ihm der berühmte Hutchinson gethan hat,
daß das Herz die nächstfolgende Kraft bei dem Blutum-
laufe sey: denn es vermindere die Bewegung derer Säf-
te, welche ausserdem allzu eilig geschehen würde (n*); und
dann vermehre es auch die Kräfte, die den Umlauf be-
fördern, indem es dieselben bei der Erweiterung erspare,

damit
(h) [Spaltenumbruch] Laut dem Versuche, der im
so genannten Marienbade angestellt
worden, S. 206.
(i) S. 206. 207.
(k) S. 210.
(l) S. 222.
(m) [Spaltenumbruch] S. 233.
(n) S. 239.
(n*) Am angef. Ort S. 358.
Eben dieses ist die Meinung des
Hutchinsons gewesen; siehe des-
sen Oeconomy of human frams.

Viertes Buch. Das Herz.
te, daß ſich die in den Blutgefaͤſſen befindliche Luft, wenn
ſie erwaͤrmt wuͤrde, ausdehne, wie ſie es in einer Glas-
roͤhre zu thun pflegt, und alſo das Blut forttriebe, auch
ſolchemnach die Haupturſache von der Bewegung des
Blutes ſey. Sie dehne ſich aber um den fuͤnften Theil
ſtaͤrker aus (h), und ſey daher vermoͤgend 25 Pfunde
Blut fortzuſtoſſen (i), indem alles das, was die Maſſe
dieſes Saftes mehr am Gewichte betraͤgt, wegen der Be-
ſchaffenheit der zweiſchenklichten Roͤhre, fuͤr nichts gerech-
net werden koͤnnte: es werde aber das Blut von der Luft
viel geſchwinder fortgetrieben, als ſonſt ein Schuh lang
in einer Secunde ſich fortbewege (k), und es gehoͤre die-
jenige Bewegung des Blutes hieher, von der wir gezei-
get haben, daß ſie auch ohne das Herz noch fortdaure (l),
ingleichen auch diejenige, welche noch an der Holader ei-
nes ſterbenden Thieres ſich aͤuſſert (m). Ferner ſey auch
das Herz nicht die Haupturſache der Bewegung des Blu-
tes, weil ſich dieſer Saft auch zu der Zeit noch bewege,
da das Herz in der Erweiterung begriffen iſt (n). Er
fuͤhret auch das Beiſpiel von dem bebruͤteten Eye an, von
dem man nicht in Abrede ſeyn kann, daß der Druk der
verduͤnnten Luft nicht ſollte, wenigſtens in der Fortbewe-
gung der Eyſaͤfte, das ſeinige mit beitragen. Es hat
indeſſen dieſer beruͤhmte Mann zugeſtanden, wie es auch
bereits vor ihm der beruͤhmte Hutchinſon gethan hat,
daß das Herz die naͤchſtfolgende Kraft bei dem Blutum-
laufe ſey: denn es vermindere die Bewegung derer Saͤf-
te, welche auſſerdem allzu eilig geſchehen wuͤrde (n*); und
dann vermehre es auch die Kraͤfte, die den Umlauf be-
foͤrdern, indem es dieſelben bei der Erweiterung erſpare,

damit
(h) [Spaltenumbruch] Laut dem Verſuche, der im
ſo genannten Marienbade angeſtellt
worden, S. 206.
(i) S. 206. 207.
(k) S. 210.
(l) S. 222.
(m) [Spaltenumbruch] S. 233.
(n) S. 239.
(n*) Am angef. Ort S. 358.
Eben dieſes iſt die Meinung des
Hutchinſons geweſen; ſiehe deſ-
ſen Oeconomy of human frams.
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[836/0892] Viertes Buch. Das Herz. te, daß ſich die in den Blutgefaͤſſen befindliche Luft, wenn ſie erwaͤrmt wuͤrde, ausdehne, wie ſie es in einer Glas- roͤhre zu thun pflegt, und alſo das Blut forttriebe, auch ſolchemnach die Haupturſache von der Bewegung des Blutes ſey. Sie dehne ſich aber um den fuͤnften Theil ſtaͤrker aus (h), und ſey daher vermoͤgend 25 Pfunde Blut fortzuſtoſſen (i), indem alles das, was die Maſſe dieſes Saftes mehr am Gewichte betraͤgt, wegen der Be- ſchaffenheit der zweiſchenklichten Roͤhre, fuͤr nichts gerech- net werden koͤnnte: es werde aber das Blut von der Luft viel geſchwinder fortgetrieben, als ſonſt ein Schuh lang in einer Secunde ſich fortbewege (k), und es gehoͤre die- jenige Bewegung des Blutes hieher, von der wir gezei- get haben, daß ſie auch ohne das Herz noch fortdaure (l), ingleichen auch diejenige, welche noch an der Holader ei- nes ſterbenden Thieres ſich aͤuſſert (m). Ferner ſey auch das Herz nicht die Haupturſache der Bewegung des Blu- tes, weil ſich dieſer Saft auch zu der Zeit noch bewege, da das Herz in der Erweiterung begriffen iſt (n). Er fuͤhret auch das Beiſpiel von dem bebruͤteten Eye an, von dem man nicht in Abrede ſeyn kann, daß der Druk der verduͤnnten Luft nicht ſollte, wenigſtens in der Fortbewe- gung der Eyſaͤfte, das ſeinige mit beitragen. Es hat indeſſen dieſer beruͤhmte Mann zugeſtanden, wie es auch bereits vor ihm der beruͤhmte Hutchinſon gethan hat, daß das Herz die naͤchſtfolgende Kraft bei dem Blutum- laufe ſey: denn es vermindere die Bewegung derer Saͤf- te, welche auſſerdem allzu eilig geſchehen wuͤrde (n*); und dann vermehre es auch die Kraͤfte, die den Umlauf be- foͤrdern, indem es dieſelben bei der Erweiterung erſpare, damit (h) Laut dem Verſuche, der im ſo genannten Marienbade angeſtellt worden, S. 206. (i) S. 206. 207. (k) S. 210. (l) S. 222. (m) S. 233. (n) S. 239. (n*) Am angef. Ort S. 358. Eben dieſes iſt die Meinung des Hutchinſons geweſen; ſiehe deſ- ſen Oeconomy of human frams.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 836. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/892>, abgerufen am 02.05.2024.