Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
nen Kuchen, oder wildes Fasergewächse sich verwandelt,
so bald es stille stehet. Aller dieser Hindernisse ohnge-
achtet, wird man dennoch finden, daß das Blut nur mit
der allerkleinsten Verminderung der Geschwindigkeit durch
die kleinsten Gefässe getrieben wird, so daß es fast eben so
schnell durch diese engen Wege fortgetrieben wird, als es
sich sonst durch einen Schlagaderstamm hindurchbewegt,
wenn seine Schnelligkeit gleich durch so viele Hindernisse
ist geschwächet worden. Man hat auch noch keine Ma-
schine ausgesonnen, die nur einigermassen, und gleichsam
von weiten die Kräfte des Herzens vorstellen könnte, oder
einen Saft durch alle Gefässe eines thierischen Körpers
treiben sollte, dergleichen Maschine doch wirklich das
Herz ist.

Uebrigens hat die Natur diese Kräfte unter die Herz-
kammern ungleich ausgetheilt, und es gehöret in der
That der linken Kammer ein grösserer Antheil, der rech-
ten ein kleinerer zu, der jedoch darum eben nicht gar zu
schwach seyn darf. Denn es ist jene Kammer an sich dik-
ker, und hat zugleich härtere, zahlreichere und längere
Schlagadern vor sich, welche sie mit Blut versehen muß.
Ob sie aber ausser dem auch von dem durch den wirksa-
men Druk der Luft schneller herbeigeleiteten Blute (y)
mehr gereizet werde, das lässet sich hier noch nicht un-
tersuchen.

Fünf-
(y) Welches eine Vermuthung des Robert Whitts ist, of vital
motions,
S. 73.

Viertes Buch. Das Herz.
nen Kuchen, oder wildes Faſergewaͤchſe ſich verwandelt,
ſo bald es ſtille ſtehet. Aller dieſer Hinderniſſe ohnge-
achtet, wird man dennoch finden, daß das Blut nur mit
der allerkleinſten Verminderung der Geſchwindigkeit durch
die kleinſten Gefaͤſſe getrieben wird, ſo daß es faſt eben ſo
ſchnell durch dieſe engen Wege fortgetrieben wird, als es
ſich ſonſt durch einen Schlagaderſtamm hindurchbewegt,
wenn ſeine Schnelligkeit gleich durch ſo viele Hinderniſſe
iſt geſchwaͤchet worden. Man hat auch noch keine Ma-
ſchine ausgeſonnen, die nur einigermaſſen, und gleichſam
von weiten die Kraͤfte des Herzens vorſtellen koͤnnte, oder
einen Saft durch alle Gefaͤſſe eines thieriſchen Koͤrpers
treiben ſollte, dergleichen Maſchine doch wirklich das
Herz iſt.

Uebrigens hat die Natur dieſe Kraͤfte unter die Herz-
kammern ungleich ausgetheilt, und es gehoͤret in der
That der linken Kammer ein groͤſſerer Antheil, der rech-
ten ein kleinerer zu, der jedoch darum eben nicht gar zu
ſchwach ſeyn darf. Denn es iſt jene Kammer an ſich dik-
ker, und hat zugleich haͤrtere, zahlreichere und laͤngere
Schlagadern vor ſich, welche ſie mit Blut verſehen muß.
Ob ſie aber auſſer dem auch von dem durch den wirkſa-
men Druk der Luft ſchneller herbeigeleiteten Blute (y)
mehr gereizet werde, das laͤſſet ſich hier noch nicht un-
terſuchen.

Fuͤnf-
(y) Welches eine Vermuthung des Robert Whitts iſt, of vital
motions,
S. 73.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0934" n="878"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
nen Kuchen, oder wildes Fa&#x017F;ergewa&#x0364;ch&#x017F;e &#x017F;ich verwandelt,<lb/>
&#x017F;o bald es &#x017F;tille &#x017F;tehet. Aller die&#x017F;er Hinderni&#x017F;&#x017F;e ohnge-<lb/>
achtet, wird man dennoch finden, daß das Blut nur mit<lb/>
der allerklein&#x017F;ten Verminderung der Ge&#x017F;chwindigkeit durch<lb/>
die klein&#x017F;ten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e getrieben wird, &#x017F;o daß es fa&#x017F;t eben &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chnell durch die&#x017F;e engen Wege fortgetrieben wird, als es<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t durch einen Schlagader&#x017F;tamm hindurchbewegt,<lb/>
wenn &#x017F;eine Schnelligkeit gleich durch &#x017F;o viele Hinderni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
i&#x017F;t ge&#x017F;chwa&#x0364;chet worden. Man hat auch noch keine Ma-<lb/>
&#x017F;chine ausge&#x017F;onnen, die nur einigerma&#x017F;&#x017F;en, und gleich&#x017F;am<lb/>
von weiten die Kra&#x0364;fte des Herzens vor&#x017F;tellen ko&#x0364;nnte, oder<lb/>
einen Saft durch alle Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eines thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpers<lb/>
treiben &#x017F;ollte, dergleichen Ma&#x017F;chine doch wirklich das<lb/>
Herz i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Uebrigens hat die Natur die&#x017F;e Kra&#x0364;fte unter die Herz-<lb/>
kammern ungleich ausgetheilt, und es geho&#x0364;ret in der<lb/>
That der linken Kammer ein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Antheil, der rech-<lb/>
ten ein kleinerer zu, der jedoch darum eben nicht gar zu<lb/>
&#x017F;chwach &#x017F;eyn darf. Denn es i&#x017F;t jene Kammer an &#x017F;ich dik-<lb/>
ker, und hat zugleich ha&#x0364;rtere, zahlreichere und la&#x0364;ngere<lb/>
Schlagadern vor &#x017F;ich, welche &#x017F;ie mit Blut ver&#x017F;ehen muß.<lb/>
Ob &#x017F;ie aber au&#x017F;&#x017F;er dem auch von dem durch den wirk&#x017F;a-<lb/>
men Druk der Luft &#x017F;chneller herbeigeleiteten Blute <note place="foot" n="(y)">Welches eine Vermuthung des Robert <hi rendition="#fr">Whitts</hi> i&#x017F;t, <hi rendition="#aq">of vital<lb/>
motions,</hi> S. 73.</note><lb/>
mehr gereizet werde, das la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich hier noch nicht un-<lb/>
ter&#x017F;uchen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Fu&#x0364;nf-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[878/0934] Viertes Buch. Das Herz. nen Kuchen, oder wildes Faſergewaͤchſe ſich verwandelt, ſo bald es ſtille ſtehet. Aller dieſer Hinderniſſe ohnge- achtet, wird man dennoch finden, daß das Blut nur mit der allerkleinſten Verminderung der Geſchwindigkeit durch die kleinſten Gefaͤſſe getrieben wird, ſo daß es faſt eben ſo ſchnell durch dieſe engen Wege fortgetrieben wird, als es ſich ſonſt durch einen Schlagaderſtamm hindurchbewegt, wenn ſeine Schnelligkeit gleich durch ſo viele Hinderniſſe iſt geſchwaͤchet worden. Man hat auch noch keine Ma- ſchine ausgeſonnen, die nur einigermaſſen, und gleichſam von weiten die Kraͤfte des Herzens vorſtellen koͤnnte, oder einen Saft durch alle Gefaͤſſe eines thieriſchen Koͤrpers treiben ſollte, dergleichen Maſchine doch wirklich das Herz iſt. Uebrigens hat die Natur dieſe Kraͤfte unter die Herz- kammern ungleich ausgetheilt, und es gehoͤret in der That der linken Kammer ein groͤſſerer Antheil, der rech- ten ein kleinerer zu, der jedoch darum eben nicht gar zu ſchwach ſeyn darf. Denn es iſt jene Kammer an ſich dik- ker, und hat zugleich haͤrtere, zahlreichere und laͤngere Schlagadern vor ſich, welche ſie mit Blut verſehen muß. Ob ſie aber auſſer dem auch von dem durch den wirkſa- men Druk der Luft ſchneller herbeigeleiteten Blute (y) mehr gereizet werde, das laͤſſet ſich hier noch nicht un- terſuchen. Fuͤnf- (y) Welches eine Vermuthung des Robert Whitts iſt, of vital motions, S. 73.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/934
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 878. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/934>, abgerufen am 15.05.2024.