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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Das Rothe darinnen.
die ganze Sekte der matematischen Aerzte, nebst unserm
ehemaligen Lehrer Johann Bernoulli selbst (b), und
nebst Jakob Keil (c) hin, und es hat auch unter den
übrigen Schriftstellern über die Phisiologie (d) nicht an
solchen gemangelt, welche eben dieser Meinung beipflich-
teten, indem nur neulich noch der berümte Steven-
son
(e) das Aufschwellen der Blutadern an den Füssen,
wenn man diese in warmes Wasser sezzt, lieber durch die
Verdünnung des Blutes, als durch eine Erweiterung
der Gefässe erklären wollte. Eben so behauptete auch
J. F. Schreiber (f), ob er gleich im übrigen dieser Mei-
nung nicht zugethan war, dennoch, daß die Blutkügel-
chen in den Schlagadern der Lunge eine elastische Na-
tur an sich nehmen.

Man kann aber die Schwäche dieser Hipotese auf vie-
lerlei Art entblössen. Denn das Auge selbst, welches
diese Kügelchen ohne vorgefaste Meinung betrachtet, sieht
hier keine Blasen, die inwendig mit einem durchsichtigen
oder einem unsichtbaren flüßigen, von welcher Art es
immer sei, erfüllt wären, sondern nichts als dikke kleine
Massen, die in der Mitte ihrer Erhabenheit am dunkel-
sten sind, da sie doch, der Hipotese zu Folge, in dem
Mittelpunkte am allerdurchsichtigsten seyn müsten, weil
daselbst die meiste Luft, und die gefärbten Plättchen der
Blutröte daselbst von einander am weitsten entfernt seyn
müsten. Wir haben aber auch dergleichen durchsichtige
Blasen an einerlei Fröschen sehr gut unterscheiden kön-
nen (g). Es hat aber auch niemand gesehen, daß sich
Kügelchen, die in widerstehende Schlagäderchen zusam-

men
(b) [Spaltenumbruch] De musculorum motu der
michelottischen Ausgabe No. 5.
S. 6.
(c) De secret. anim. et de motu
muscul.
S. 100. Ferner Ieremias
wainewrigth of air
S. 65. Geor-
ge cheyne Philos. princip.
S. 304.
Thomas knigth of heat. S. 41.
[Spaltenumbruch] George Erhard hamberger Phy-
siol.
S. 16. 17.
(d) Ioh. bohn Circul. anatom.
physiol.
S. 179.
(e) Essays of a Society at Edim-
burg T. V. P. II.
S. 866 u. f.
(f) Exper. 3. 9 17. 198. 214.
(g) Almagest. S. 344.

Das Rothe darinnen.
die ganze Sekte der matematiſchen Aerzte, nebſt unſerm
ehemaligen Lehrer Johann Bernoulli ſelbſt (b), und
nebſt Jakob Keil (c) hin, und es hat auch unter den
uͤbrigen Schriftſtellern uͤber die Phiſiologie (d) nicht an
ſolchen gemangelt, welche eben dieſer Meinung beipflich-
teten, indem nur neulich noch der beruͤmte Steven-
ſon
(e) das Aufſchwellen der Blutadern an den Fuͤſſen,
wenn man dieſe in warmes Waſſer ſezzt, lieber durch die
Verduͤnnung des Blutes, als durch eine Erweiterung
der Gefaͤſſe erklaͤren wollte. Eben ſo behauptete auch
J. F. Schreiber (f), ob er gleich im uͤbrigen dieſer Mei-
nung nicht zugethan war, dennoch, daß die Blutkuͤgel-
chen in den Schlagadern der Lunge eine elaſtiſche Na-
tur an ſich nehmen.

Man kann aber die Schwaͤche dieſer Hipoteſe auf vie-
lerlei Art entbloͤſſen. Denn das Auge ſelbſt, welches
dieſe Kuͤgelchen ohne vorgefaſte Meinung betrachtet, ſieht
hier keine Blaſen, die inwendig mit einem durchſichtigen
oder einem unſichtbaren fluͤßigen, von welcher Art es
immer ſei, erfuͤllt waͤren, ſondern nichts als dikke kleine
Maſſen, die in der Mitte ihrer Erhabenheit am dunkel-
ſten ſind, da ſie doch, der Hipoteſe zu Folge, in dem
Mittelpunkte am allerdurchſichtigſten ſeyn muͤſten, weil
daſelbſt die meiſte Luft, und die gefaͤrbten Plaͤttchen der
Blutroͤte daſelbſt von einander am weitſten entfernt ſeyn
muͤſten. Wir haben aber auch dergleichen durchſichtige
Blaſen an einerlei Froͤſchen ſehr gut unterſcheiden koͤn-
nen (g). Es hat aber auch niemand geſehen, daß ſich
Kuͤgelchen, die in widerſtehende Schlagaͤderchen zuſam-

men
(b) [Spaltenumbruch] De muſculorum motu der
michelottiſchen Ausgabe No. 5.
S. 6.
(c) De ſecret. anim. et de motu
muſcul.
S. 100. Ferner Ieremias
wainewrigth of air
S. 65. Geor-
ge cheyne Philoſ. princip.
S. 304.
Thomas knigth of heat. S. 41.
[Spaltenumbruch] George Erhard hamberger Phy-
ſiol.
S. 16. 17.
(d) Ioh. bohn Circul. anatom.
phyſiol.
S. 179.
(e) Eſſays of a Society at Edim-
burg T. V. P. II.
S. 866 u. f.
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[95/0115] Das Rothe darinnen. die ganze Sekte der matematiſchen Aerzte, nebſt unſerm ehemaligen Lehrer Johann Bernoulli ſelbſt (b), und nebſt Jakob Keil (c) hin, und es hat auch unter den uͤbrigen Schriftſtellern uͤber die Phiſiologie (d) nicht an ſolchen gemangelt, welche eben dieſer Meinung beipflich- teten, indem nur neulich noch der beruͤmte Steven- ſon (e) das Aufſchwellen der Blutadern an den Fuͤſſen, wenn man dieſe in warmes Waſſer ſezzt, lieber durch die Verduͤnnung des Blutes, als durch eine Erweiterung der Gefaͤſſe erklaͤren wollte. Eben ſo behauptete auch J. F. Schreiber (f), ob er gleich im uͤbrigen dieſer Mei- nung nicht zugethan war, dennoch, daß die Blutkuͤgel- chen in den Schlagadern der Lunge eine elaſtiſche Na- tur an ſich nehmen. Man kann aber die Schwaͤche dieſer Hipoteſe auf vie- lerlei Art entbloͤſſen. Denn das Auge ſelbſt, welches dieſe Kuͤgelchen ohne vorgefaſte Meinung betrachtet, ſieht hier keine Blaſen, die inwendig mit einem durchſichtigen oder einem unſichtbaren fluͤßigen, von welcher Art es immer ſei, erfuͤllt waͤren, ſondern nichts als dikke kleine Maſſen, die in der Mitte ihrer Erhabenheit am dunkel- ſten ſind, da ſie doch, der Hipoteſe zu Folge, in dem Mittelpunkte am allerdurchſichtigſten ſeyn muͤſten, weil daſelbſt die meiſte Luft, und die gefaͤrbten Plaͤttchen der Blutroͤte daſelbſt von einander am weitſten entfernt ſeyn muͤſten. Wir haben aber auch dergleichen durchſichtige Blaſen an einerlei Froͤſchen ſehr gut unterſcheiden koͤn- nen (g). Es hat aber auch niemand geſehen, daß ſich Kuͤgelchen, die in widerſtehende Schlagaͤderchen zuſam- men (b) De muſculorum motu der michelottiſchen Ausgabe No. 5. S. 6. (c) De ſecret. anim. et de motu muſcul. S. 100. Ferner Ieremias wainewrigth of air S. 65. Geor- ge cheyne Philoſ. princip. S. 304. Thomas knigth of heat. S. 41. George Erhard hamberger Phy- ſiol. S. 16. 17. (d) Ioh. bohn Circul. anatom. phyſiol. S. 179. (e) Eſſays of a Society at Edim- burg T. V. P. II. S. 866 u. f. (f) Exper. 3. 9 17. 198. 214. (g) Almageſt. S. 344.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/115>, abgerufen am 29.04.2024.