Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Schlagadern.
kleinsten Theilchen, die einen Kanal ausmachen, verlo-
ren gehe. Daß aber eine Veränderung, welche mit der
Biegung der Körper vorgeht, dem Zusammenhängen
der kleinsten Elemente eine grosse Gewalt anthue, das ist
eine bekannte Sache, da vermöge derselben allein, wenn
sie mehrmalen wiederholt wird, alle und die festesten
und biegsamsten Körper, früher oder später zerbrochen
werden.

Es verringert aber auch die Krümmung an den feste-
sten und glättesten Röhren die Geschwindigkeit, indem
sie den Fall der Theile des Flüßigen auf die Wände, und
folglich auch das Reiben dieser Theile an den kleinsten
Rauhigkeiten vermert. Man sieht nämlich leicht ein,
daß in einem nach dem rechten Winkel gebognen Ka-
nale, der gröste Theil des Flüßigen, gerades Weges auf
die gegenüberstehende Seite des zweeten Arms auffällt.

Ob nun gleich berümte Männer in dergleichen mit
einem höchst klaren Flüßigen erfüllten Kanälen, keine
Verzögrung zugeben wollen (n), so zeigen dennoch die
Versuche, daß die Biegung in der That auch an diesen
Röhren einen grossen Theil von der empfangnen Ge-
schwindigkeit zernichte (o). Ein gerader Kanal lässet eine
gegebne Menge Wasser innerhalb neun Zeitabschnitten
durchströmen. Eben dieser oder ein änlicher Kanal, den
man viermal gebogen, erfordert 14 solche Zeitabschnitte,
wenn eben so viel Wasser durchflissen soll, und 18, wenn
er achtmal gebogen worden.

Jndessen mus man nicht Bellins Rechnungen auf
der Stelle gut heissen (p), als welcher die Kraft der Fal-
ten in Verminderung der Geschwindigkeit zu hoch ansezzt,
und er versichert, daß eine jede Falte von der ursprüngli-

chen
(n) [Spaltenumbruch] P. A. michelott angef. Ort
S. 139. 140. walther in Progr.
de inflammatio. Io. Adolph we-
del
Disp. de velocitate sanguin.
(o) [Spaltenumbruch] Hamberger angef. Ort.
S. 102. 103. 104.
(p) De fermentat. et glandul.
propos. XI.
S. 161. 162. cheyne
Theory of the gout.
S. 74. 75.

in den Schlagadern.
kleinſten Theilchen, die einen Kanal ausmachen, verlo-
ren gehe. Daß aber eine Veraͤnderung, welche mit der
Biegung der Koͤrper vorgeht, dem Zuſammenhaͤngen
der kleinſten Elemente eine groſſe Gewalt anthue, das iſt
eine bekannte Sache, da vermoͤge derſelben allein, wenn
ſie mehrmalen wiederholt wird, alle und die feſteſten
und biegſamſten Koͤrper, fruͤher oder ſpaͤter zerbrochen
werden.

Es verringert aber auch die Kruͤmmung an den feſte-
ſten und glaͤtteſten Roͤhren die Geſchwindigkeit, indem
ſie den Fall der Theile des Fluͤßigen auf die Waͤnde, und
folglich auch das Reiben dieſer Theile an den kleinſten
Rauhigkeiten vermert. Man ſieht naͤmlich leicht ein,
daß in einem nach dem rechten Winkel gebognen Ka-
nale, der groͤſte Theil des Fluͤßigen, gerades Weges auf
die gegenuͤberſtehende Seite des zweeten Arms auffaͤllt.

Ob nun gleich beruͤmte Maͤnner in dergleichen mit
einem hoͤchſt klaren Fluͤßigen erfuͤllten Kanaͤlen, keine
Verzoͤgrung zugeben wollen (n), ſo zeigen dennoch die
Verſuche, daß die Biegung in der That auch an dieſen
Roͤhren einen groſſen Theil von der empfangnen Ge-
ſchwindigkeit zernichte (o). Ein gerader Kanal laͤſſet eine
gegebne Menge Waſſer innerhalb neun Zeitabſchnitten
durchſtroͤmen. Eben dieſer oder ein aͤnlicher Kanal, den
man viermal gebogen, erfordert 14 ſolche Zeitabſchnitte,
wenn eben ſo viel Waſſer durchfliſſen ſoll, und 18, wenn
er achtmal gebogen worden.

Jndeſſen mus man nicht Bellins Rechnungen auf
der Stelle gut heiſſen (p), als welcher die Kraft der Fal-
ten in Verminderung der Geſchwindigkeit zu hoch anſezzt,
und er verſichert, daß eine jede Falte von der urſpruͤngli-

chen
(n) [Spaltenumbruch] P. A. michelott angef. Ort
S. 139. 140. walther in Progr.
de inflammatio. Io. Adolph we-
del
Diſp. de velocitate ſanguin.
(o) [Spaltenumbruch] Hamberger angef. Ort.
S. 102. 103. 104.
(p) De fermentat. et glandul.
propoſ. XI.
S. 161. 162. cheyne
Theory of the gout.
S. 74. 75.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0307" n="287"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
klein&#x017F;ten Theilchen, die einen Kanal ausmachen, verlo-<lb/>
ren gehe. Daß aber eine Vera&#x0364;nderung, welche mit der<lb/>
Biegung der Ko&#x0364;rper vorgeht, dem Zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen<lb/>
der klein&#x017F;ten Elemente eine gro&#x017F;&#x017F;e Gewalt anthue, das i&#x017F;t<lb/>
eine bekannte Sache, da vermo&#x0364;ge der&#x017F;elben allein, wenn<lb/>
&#x017F;ie mehrmalen wiederholt wird, alle und die fe&#x017F;te&#x017F;ten<lb/>
und bieg&#x017F;am&#x017F;ten Ko&#x0364;rper, fru&#x0364;her oder &#x017F;pa&#x0364;ter zerbrochen<lb/>
werden.</p><lb/>
            <p>Es verringert aber auch die Kru&#x0364;mmung an den fe&#x017F;te-<lb/>
&#x017F;ten und gla&#x0364;tte&#x017F;ten Ro&#x0364;hren die Ge&#x017F;chwindigkeit, indem<lb/>
&#x017F;ie den Fall der Theile des Flu&#x0364;ßigen auf die Wa&#x0364;nde, und<lb/>
folglich auch das Reiben die&#x017F;er Theile an den klein&#x017F;ten<lb/>
Rauhigkeiten vermert. Man &#x017F;ieht na&#x0364;mlich leicht ein,<lb/>
daß in einem nach dem rechten Winkel gebognen Ka-<lb/>
nale, der gro&#x0364;&#x017F;te Theil des Flu&#x0364;ßigen, gerades Weges auf<lb/>
die gegenu&#x0364;ber&#x017F;tehende Seite des zweeten Arms auffa&#x0364;llt.</p><lb/>
            <p>Ob nun gleich beru&#x0364;mte Ma&#x0364;nner in dergleichen mit<lb/>
einem ho&#x0364;ch&#x017F;t klaren Flu&#x0364;ßigen erfu&#x0364;llten Kana&#x0364;len, keine<lb/>
Verzo&#x0364;grung zugeben wollen <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq">P. A. <hi rendition="#k">michelott</hi></hi> angef. Ort<lb/>
S. 139. 140. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">walther</hi> in Progr.<lb/>
de inflammatio. Io. Adolph <hi rendition="#k">we-<lb/>
del</hi> Di&#x017F;p. de velocitate &#x017F;anguin.</hi></note>, &#x017F;o zeigen dennoch die<lb/>
Ver&#x017F;uche, daß die Biegung in der That auch an die&#x017F;en<lb/>
Ro&#x0364;hren einen gro&#x017F;&#x017F;en Theil von der empfangnen Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit zernichte <note place="foot" n="(o)"><cb/><hi rendition="#fr">Hamberger</hi> angef. Ort.<lb/>
S. 102. 103. 104.</note>. Ein gerader Kanal la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et eine<lb/>
gegebne Menge Wa&#x017F;&#x017F;er innerhalb neun Zeitab&#x017F;chnitten<lb/>
durch&#x017F;tro&#x0364;men. Eben die&#x017F;er oder ein a&#x0364;nlicher Kanal, den<lb/>
man viermal gebogen, erfordert 14 &#x017F;olche Zeitab&#x017F;chnitte,<lb/>
wenn eben &#x017F;o viel Wa&#x017F;&#x017F;er durchfli&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll, und 18, wenn<lb/>
er achtmal gebogen worden.</p><lb/>
            <p>Jnde&#x017F;&#x017F;en mus man nicht <hi rendition="#fr">Bellins</hi> Rechnungen auf<lb/>
der Stelle gut hei&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">De fermentat. et glandul.<lb/>
propo&#x017F;. XI.</hi> S. 161. 162. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cheyne</hi><lb/>
Theory of the gout.</hi> S. 74. 75.</note>, als welcher die Kraft der Fal-<lb/>
ten in Verminderung der Ge&#x017F;chwindigkeit zu hoch an&#x017F;ezzt,<lb/>
und er ver&#x017F;ichert, daß eine jede Falte von der ur&#x017F;pru&#x0364;ngli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0307] in den Schlagadern. kleinſten Theilchen, die einen Kanal ausmachen, verlo- ren gehe. Daß aber eine Veraͤnderung, welche mit der Biegung der Koͤrper vorgeht, dem Zuſammenhaͤngen der kleinſten Elemente eine groſſe Gewalt anthue, das iſt eine bekannte Sache, da vermoͤge derſelben allein, wenn ſie mehrmalen wiederholt wird, alle und die feſteſten und biegſamſten Koͤrper, fruͤher oder ſpaͤter zerbrochen werden. Es verringert aber auch die Kruͤmmung an den feſte- ſten und glaͤtteſten Roͤhren die Geſchwindigkeit, indem ſie den Fall der Theile des Fluͤßigen auf die Waͤnde, und folglich auch das Reiben dieſer Theile an den kleinſten Rauhigkeiten vermert. Man ſieht naͤmlich leicht ein, daß in einem nach dem rechten Winkel gebognen Ka- nale, der groͤſte Theil des Fluͤßigen, gerades Weges auf die gegenuͤberſtehende Seite des zweeten Arms auffaͤllt. Ob nun gleich beruͤmte Maͤnner in dergleichen mit einem hoͤchſt klaren Fluͤßigen erfuͤllten Kanaͤlen, keine Verzoͤgrung zugeben wollen (n), ſo zeigen dennoch die Verſuche, daß die Biegung in der That auch an dieſen Roͤhren einen groſſen Theil von der empfangnen Ge- ſchwindigkeit zernichte (o). Ein gerader Kanal laͤſſet eine gegebne Menge Waſſer innerhalb neun Zeitabſchnitten durchſtroͤmen. Eben dieſer oder ein aͤnlicher Kanal, den man viermal gebogen, erfordert 14 ſolche Zeitabſchnitte, wenn eben ſo viel Waſſer durchfliſſen ſoll, und 18, wenn er achtmal gebogen worden. Jndeſſen mus man nicht Bellins Rechnungen auf der Stelle gut heiſſen (p), als welcher die Kraft der Fal- ten in Verminderung der Geſchwindigkeit zu hoch anſezzt, und er verſichert, daß eine jede Falte von der urſpruͤngli- chen (n) P. A. michelott angef. Ort S. 139. 140. walther in Progr. de inflammatio. Io. Adolph we- del Diſp. de velocitate ſanguin. (o) Hamberger angef. Ort. S. 102. 103. 104. (p) De fermentat. et glandul. propoſ. XI. S. 161. 162. cheyne Theory of the gout. S. 74. 75.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/307
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/307>, abgerufen am 28.04.2024.