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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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in den Schlagadern.
nur blos von unsern Versuchen, sondern auch von denen
von Anton von Leeuwenhoek (q) angestellten Erfa-
rungen, um ein grosses abweicht. Denn es sezzte dieser
in Beobachtung der Naturerscheinungen sorgfältige und
erfarne Mann, in seiner Rechnung an, daß das Blut
im Aale, unter der Zeit eines Pulsschlages, oder wä-
rend einer Minute, den funfzehnten Theil eines Zol-
les durchwandre, und folglich in einer Minute beinahe
fünf Zoll hinter sich lege; welches eine Geschwindigkeit
ist, die sich zur Halesischen, wie 15 zu 2 verhält. Da
aber ein Frosch ein viel lebhafteres Thier, als der Aal
ist, und in einerlei Zeit mehr Pulsschläge thut, so ersie-
het man daraus, daß auch am Frosche das Blut mehr
als fünf Zolle durchlaufen mus.

Noch einer andern Weise wuste sich dieser erfinderische
Schriftsteller, Stephan Hales, auch bei Berechnung der
Geschwindigkeitsabname zu bedienen (r). Er maß näm-
lich das Gewichte des Wassers, welches in gegebner
Zeit aus der Mündung der Gekröseschlagader heraus-
flos; er verglich diese Menge Wassers mit demjenigen
Wasser, welches alle zerschnittne Gedärme von sich ge-
ben: denn auf diese Art glaubte er, daß sich diejenige
Menge Wassers ausdrükken lies, welches, in gegebner
Zeit, durch alle geöffnete Aeste der Gekröseschlagader her-
ausflist. Es fand dieser berümte Mann, daß dieses
Maas nicht grösser, als dreimal so viel war. Ferner,
da die Gekröseschlagader, so gros sie immer ist, doch
nur ein Ast von der Aorte ist, und man leicht zu glau-
ben veranlasset wird, daß die Geschwindigkeit im Anfan-
ge der Aorte ansenlicher sei, so fand dieser Gelerte, daß
sich die Geschwindigkeit in der Aorte, zur Geschwindig-
keit in der Gekröseschlagader, wie 1. 17. zu 1 verhielt.
Endlich erfur selbiger noch, daß ein in Schlagadern ge-

sprizz-
(q) [Spaltenumbruch] Experim. et contemplat. S.
196.
(r) [Spaltenumbruch] Ebendas. Exp. 9. S. 54.
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in den Schlagadern.
nur blos von unſern Verſuchen, ſondern auch von denen
von Anton von Leeuwenhoek (q) angeſtellten Erfa-
rungen, um ein groſſes abweicht. Denn es ſezzte dieſer
in Beobachtung der Naturerſcheinungen ſorgfaͤltige und
erfarne Mann, in ſeiner Rechnung an, daß das Blut
im Aale, unter der Zeit eines Pulsſchlages, oder waͤ-
rend einer Minute, den funfzehnten Theil eines Zol-
les durchwandre, und folglich in einer Minute beinahe
fuͤnf Zoll hinter ſich lege; welches eine Geſchwindigkeit
iſt, die ſich zur Haleſiſchen, wie 15 zu 2 verhaͤlt. Da
aber ein Froſch ein viel lebhafteres Thier, als der Aal
iſt, und in einerlei Zeit mehr Pulsſchlaͤge thut, ſo erſie-
het man daraus, daß auch am Froſche das Blut mehr
als fuͤnf Zolle durchlaufen mus.

Noch einer andern Weiſe wuſte ſich dieſer erfinderiſche
Schriftſteller, Stephan Hales, auch bei Berechnung der
Geſchwindigkeitsabname zu bedienen (r). Er maß naͤm-
lich das Gewichte des Waſſers, welches in gegebner
Zeit aus der Muͤndung der Gekroͤſeſchlagader heraus-
flos; er verglich dieſe Menge Waſſers mit demjenigen
Waſſer, welches alle zerſchnittne Gedaͤrme von ſich ge-
ben: denn auf dieſe Art glaubte er, daß ſich diejenige
Menge Waſſers ausdruͤkken lies, welches, in gegebner
Zeit, durch alle geoͤffnete Aeſte der Gekroͤſeſchlagader her-
ausfliſt. Es fand dieſer beruͤmte Mann, daß dieſes
Maas nicht groͤſſer, als dreimal ſo viel war. Ferner,
da die Gekroͤſeſchlagader, ſo gros ſie immer iſt, doch
nur ein Aſt von der Aorte iſt, und man leicht zu glau-
ben veranlaſſet wird, daß die Geſchwindigkeit im Anfan-
ge der Aorte anſenlicher ſei, ſo fand dieſer Gelerte, daß
ſich die Geſchwindigkeit in der Aorte, zur Geſchwindig-
keit in der Gekroͤſeſchlagader, wie 1. 17. zu 1 verhielt.
Endlich erfur ſelbiger noch, daß ein in Schlagadern ge-

ſprizz-
(q) [Spaltenumbruch] Experim. et contemplat. S.
196.
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[307/0327] in den Schlagadern. nur blos von unſern Verſuchen, ſondern auch von denen von Anton von Leeuwenhoek (q) angeſtellten Erfa- rungen, um ein groſſes abweicht. Denn es ſezzte dieſer in Beobachtung der Naturerſcheinungen ſorgfaͤltige und erfarne Mann, in ſeiner Rechnung an, daß das Blut im Aale, unter der Zeit eines Pulsſchlages, oder waͤ- rend [FORMEL] einer Minute, den funfzehnten Theil eines Zol- les durchwandre, und folglich in einer Minute beinahe fuͤnf Zoll hinter ſich lege; welches eine Geſchwindigkeit iſt, die ſich zur Haleſiſchen, wie 15 zu 2 verhaͤlt. Da aber ein Froſch ein viel lebhafteres Thier, als der Aal iſt, und in einerlei Zeit mehr Pulsſchlaͤge thut, ſo erſie- het man daraus, daß auch am Froſche das Blut mehr als fuͤnf Zolle durchlaufen mus. Noch einer andern Weiſe wuſte ſich dieſer erfinderiſche Schriftſteller, Stephan Hales, auch bei Berechnung der Geſchwindigkeitsabname zu bedienen (r). Er maß naͤm- lich das Gewichte des Waſſers, welches in gegebner Zeit aus der Muͤndung der Gekroͤſeſchlagader heraus- flos; er verglich dieſe Menge Waſſers mit demjenigen Waſſer, welches alle zerſchnittne Gedaͤrme von ſich ge- ben: denn auf dieſe Art glaubte er, daß ſich diejenige Menge Waſſers ausdruͤkken lies, welches, in gegebner Zeit, durch alle geoͤffnete Aeſte der Gekroͤſeſchlagader her- ausfliſt. Es fand dieſer beruͤmte Mann, daß dieſes Maas nicht groͤſſer, als dreimal ſo viel war. Ferner, da die Gekroͤſeſchlagader, ſo gros ſie immer iſt, doch nur ein Aſt von der Aorte iſt, und man leicht zu glau- ben veranlaſſet wird, daß die Geſchwindigkeit im Anfan- ge der Aorte anſenlicher ſei, ſo fand dieſer Gelerte, daß ſich die Geſchwindigkeit in der Aorte, zur Geſchwindig- keit in der Gekroͤſeſchlagader, wie 1. 17. zu 1 verhielt. Endlich erfur ſelbiger noch, daß ein in Schlagadern ge- ſprizz- (q) Experim. et contemplat. S. 196. (r) Ebendaſ. Exp. 9. S. 54. U 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/327>, abgerufen am 29.04.2024.