Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Die Seitenbewegung
antrift, folglich grösser, wenn man eine Schlagader
unterbindet, verstopft, zusammendrükkt, oder auf andre
Weise ihre Geschäfte unterbricht (h). Es hält ein be-
rümter Mann davor, daß daher die Mündung der Aorte,
nach dem verschiednen Antriebe des Herzens, von 36 bis
zu 40 und 50 Theilchen erweitert werden könne (i). Und
daraus folgert eben dieser berümte meßkundige Arzt,
daß im Fieber ein viel grössrer Theil von dem Herztriebe
auf die Erweiterung der Schlagadern aufgewandt, und
daß folglich nicht die Geschwindigkeit der voranlaufen-
den Welle oder des umlaufenden Blutes ebenfalls wachse,
sondern ein sehr grosses Reiben in dem Blute, zwischen
der folgenden und vordern Welle, welche der erstern im
Wege steht, statt finde (k). Jch gebe dieser Anmerkung
eine solche Wendung, daß ich mich dabei erinnere, wenn
Schlagadern stärker erweitert werden, daß sie sich auch
stärker zusammenziehen, und daß folglich, wenn man
nicht haben will, daß sich Schlagadern in Fiebern in
Schlagadersäkke ausdehnen sollen, die Geschwindigkeit
des Blutes zunehmen mus, theils daß das Herz diesen
Lebenssaft mit stärkrer Gewalt fortbewegt, theils daß
die stärker zusammengezognen Schlagadern selbigen mit
bessrer Kraft weiter pressen.

Es mag übrigens das Maas dieser Erweiterung be-
schaffen seyn, wie es will, so ist doch gewis, daß eine
Schlagader, wofern sie sich nicht so gleich, Kraft
einer regelmäßigen Zusammenziehung, wiederherstellte,
immer mehr und mehr erweitert werden müste, weil ein
jeder Herzschlag ihren Durchmesser etwas erweitert.
Es steht auch nicht im Wege, daß eine gespannte
Schlagader grössern Wiederstand thut (l), oder daß die
Biegungen der Saiten sich, wie die beugende Gewich-

ter,
(h) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 131. Schlag-
adersäkke entstehen vom dikken
Blute und von der Zusammenzie-
hung der äussersten Schlagadern.
(i) [Spaltenumbruch] Mem. de l' Acad. Roy. de
Berlin
1755. S. 37.
(k) Ebendas. S. 39.
(l) senac T. II. S. 208.

Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
antrift, folglich groͤſſer, wenn man eine Schlagader
unterbindet, verſtopft, zuſammendruͤkkt, oder auf andre
Weiſe ihre Geſchaͤfte unterbricht (h). Es haͤlt ein be-
ruͤmter Mann davor, daß daher die Muͤndung der Aorte,
nach dem verſchiednen Antriebe des Herzens, von 36 bis
zu 40 und 50 Theilchen erweitert werden koͤnne (i). Und
daraus folgert eben dieſer beruͤmte meßkundige Arzt,
daß im Fieber ein viel groͤſſrer Theil von dem Herztriebe
auf die Erweiterung der Schlagadern aufgewandt, und
daß folglich nicht die Geſchwindigkeit der voranlaufen-
den Welle oder des umlaufenden Blutes ebenfalls wachſe,
ſondern ein ſehr groſſes Reiben in dem Blute, zwiſchen
der folgenden und vordern Welle, welche der erſtern im
Wege ſteht, ſtatt finde (k). Jch gebe dieſer Anmerkung
eine ſolche Wendung, daß ich mich dabei erinnere, wenn
Schlagadern ſtaͤrker erweitert werden, daß ſie ſich auch
ſtaͤrker zuſammenziehen, und daß folglich, wenn man
nicht haben will, daß ſich Schlagadern in Fiebern in
Schlagaderſaͤkke ausdehnen ſollen, die Geſchwindigkeit
des Blutes zunehmen mus, theils daß das Herz dieſen
Lebensſaft mit ſtaͤrkrer Gewalt fortbewegt, theils daß
die ſtaͤrker zuſammengezognen Schlagadern ſelbigen mit
beſſrer Kraft weiter preſſen.

Es mag uͤbrigens das Maas dieſer Erweiterung be-
ſchaffen ſeyn, wie es will, ſo iſt doch gewis, daß eine
Schlagader, wofern ſie ſich nicht ſo gleich, Kraft
einer regelmaͤßigen Zuſammenziehung, wiederherſtellte,
immer mehr und mehr erweitert werden muͤſte, weil ein
jeder Herzſchlag ihren Durchmeſſer etwas erweitert.
Es ſteht auch nicht im Wege, daß eine geſpannte
Schlagader groͤſſern Wiederſtand thut (l), oder daß die
Biegungen der Saiten ſich, wie die beugende Gewich-

ter,
(h) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 131. Schlag-
aderſaͤkke entſtehen vom dikken
Blute und von der Zuſammenzie-
hung der aͤuſſerſten Schlagadern.
(i) [Spaltenumbruch] Mem. de l’ Acad. Roy. de
Berlin
1755. S. 37.
(k) Ebendaſ. S. 39.
(l) ſenac T. II. S. 208.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0400" n="380"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Die Seitenbewegung</hi></fw><lb/>
antrift, folglich gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, wenn man eine Schlagader<lb/>
unterbindet, ver&#x017F;topft, zu&#x017F;ammendru&#x0364;kkt, oder auf andre<lb/>
Wei&#x017F;e ihre Ge&#x017F;cha&#x0364;fte unterbricht <note place="foot" n="(h)"><cb/>
Angef. Ort. S. 131. Schlag-<lb/>
ader&#x017F;a&#x0364;kke ent&#x017F;tehen vom dikken<lb/>
Blute und von der Zu&#x017F;ammenzie-<lb/>
hung der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Schlagadern.</note>. Es ha&#x0364;lt ein be-<lb/>
ru&#x0364;mter Mann davor, daß daher die Mu&#x0364;ndung der Aorte,<lb/>
nach dem ver&#x017F;chiednen Antriebe des Herzens, von 36 bis<lb/>
zu 40 und 50 Theilchen erweitert werden ko&#x0364;nne <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019; Acad. Roy. de<lb/>
Berlin</hi> 1755. S. 37.</note>. Und<lb/>
daraus folgert eben die&#x017F;er beru&#x0364;mte meßkundige Arzt,<lb/>
daß im Fieber ein viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;rer Theil von dem Herztriebe<lb/>
auf die Erweiterung der Schlagadern aufgewandt, und<lb/>
daß folglich nicht die Ge&#x017F;chwindigkeit der voranlaufen-<lb/>
den Welle oder des umlaufenden Blutes ebenfalls wach&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern ein &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;es Reiben in dem Blute, zwi&#x017F;chen<lb/>
der folgenden und vordern Welle, welche der er&#x017F;tern im<lb/>
Wege &#x017F;teht, &#x017F;tatt finde <note place="foot" n="(k)">Ebenda&#x017F;. S. 39.</note>. Jch gebe die&#x017F;er Anmerkung<lb/>
eine &#x017F;olche Wendung, daß ich mich dabei erinnere, wenn<lb/>
Schlagadern &#x017F;ta&#x0364;rker erweitert werden, daß &#x017F;ie &#x017F;ich auch<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rker zu&#x017F;ammenziehen, und daß folglich, wenn man<lb/>
nicht haben will, daß &#x017F;ich Schlagadern in Fiebern in<lb/>
Schlagader&#x017F;a&#x0364;kke ausdehnen &#x017F;ollen, die Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
des Blutes zunehmen mus, theils daß das Herz die&#x017F;en<lb/>
Lebens&#x017F;aft mit &#x017F;ta&#x0364;rkrer Gewalt fortbewegt, theils daß<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rker zu&#x017F;ammengezognen Schlagadern &#x017F;elbigen mit<lb/>
be&#x017F;&#x017F;rer Kraft weiter pre&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Es mag u&#x0364;brigens das Maas die&#x017F;er Erweiterung be-<lb/>
&#x017F;chaffen &#x017F;eyn, wie es will, &#x017F;o i&#x017F;t doch gewis, daß eine<lb/>
Schlagader, wofern &#x017F;ie &#x017F;ich nicht &#x017F;o gleich, Kraft<lb/>
einer regelma&#x0364;ßigen Zu&#x017F;ammenziehung, wiederher&#x017F;tellte,<lb/>
immer mehr und mehr erweitert werden mu&#x0364;&#x017F;te, weil ein<lb/>
jeder Herz&#x017F;chlag ihren Durchme&#x017F;&#x017F;er etwas erweitert.<lb/>
Es &#x017F;teht auch nicht im Wege, daß eine ge&#x017F;pannte<lb/>
Schlagader gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Wieder&#x017F;tand thut <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">&#x017F;enac</hi> T. II.</hi> S. 208.</note>, oder daß die<lb/>
Biegungen der Saiten &#x017F;ich, wie die beugende Gewich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0400] Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung antrift, folglich groͤſſer, wenn man eine Schlagader unterbindet, verſtopft, zuſammendruͤkkt, oder auf andre Weiſe ihre Geſchaͤfte unterbricht (h). Es haͤlt ein be- ruͤmter Mann davor, daß daher die Muͤndung der Aorte, nach dem verſchiednen Antriebe des Herzens, von 36 bis zu 40 und 50 Theilchen erweitert werden koͤnne (i). Und daraus folgert eben dieſer beruͤmte meßkundige Arzt, daß im Fieber ein viel groͤſſrer Theil von dem Herztriebe auf die Erweiterung der Schlagadern aufgewandt, und daß folglich nicht die Geſchwindigkeit der voranlaufen- den Welle oder des umlaufenden Blutes ebenfalls wachſe, ſondern ein ſehr groſſes Reiben in dem Blute, zwiſchen der folgenden und vordern Welle, welche der erſtern im Wege ſteht, ſtatt finde (k). Jch gebe dieſer Anmerkung eine ſolche Wendung, daß ich mich dabei erinnere, wenn Schlagadern ſtaͤrker erweitert werden, daß ſie ſich auch ſtaͤrker zuſammenziehen, und daß folglich, wenn man nicht haben will, daß ſich Schlagadern in Fiebern in Schlagaderſaͤkke ausdehnen ſollen, die Geſchwindigkeit des Blutes zunehmen mus, theils daß das Herz dieſen Lebensſaft mit ſtaͤrkrer Gewalt fortbewegt, theils daß die ſtaͤrker zuſammengezognen Schlagadern ſelbigen mit beſſrer Kraft weiter preſſen. Es mag uͤbrigens das Maas dieſer Erweiterung be- ſchaffen ſeyn, wie es will, ſo iſt doch gewis, daß eine Schlagader, wofern ſie ſich nicht ſo gleich, Kraft einer regelmaͤßigen Zuſammenziehung, wiederherſtellte, immer mehr und mehr erweitert werden muͤſte, weil ein jeder Herzſchlag ihren Durchmeſſer etwas erweitert. Es ſteht auch nicht im Wege, daß eine geſpannte Schlagader groͤſſern Wiederſtand thut (l), oder daß die Biegungen der Saiten ſich, wie die beugende Gewich- ter, (h) Angef. Ort. S. 131. Schlag- aderſaͤkke entſtehen vom dikken Blute und von der Zuſammenzie- hung der aͤuſſerſten Schlagadern. (i) Mem. de l’ Acad. Roy. de Berlin 1755. S. 37. (k) Ebendaſ. S. 39. (l) ſenac T. II. S. 208.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/400
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/400>, abgerufen am 01.05.2024.