Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

des Blutes, durch die Schlagadern.
fährt, daß man sich nicht des Morgens etwas erholen,
und des Abends mit neuer Hizze überfallen werden sollte.
Es verursachen nämlich hundert Pulsschläge ein mäßi-
ges und erträgliches Fieber, kommen aber zu dieser Anzal
von Schlägen nur noch zehn hinzu, dergleichen doch
in einem gesunden Menschen schon durchs Wachen ent-
stehen, so sind es 110 Pulsschläge, und es wird das Fie-
ber heftiger. Gesellen sich aber zu einem schweren Fie-
ber, von 120 Pulsschlägen, noch zehn neue, so wird es
eine sehr heftige Krankheit werden, denn es wird das
Fieber bei diesen 130 Pulsschlägen äusserst hizzig seyn,
und wofern es nicht bald nachlässet, von dem Kranken
schwerlich überstanden werden können.

So wie das Wachen die Anzal der Pulsirungen ver-
grössert, eben so mindert sie der Schlaf, wenn man nur
die Wärme, und folglich die Pulsbeschleunigung von der
Folge des Schlafes absondert, da dieses nicht vom
Schlafe, sondern von den Kleidern und Federn, damit
man sich noch über die Tageskleider verhüllt, herrührt;
denn wer mit eben den Kleidern schlafen wollte, die für
ihn, so lange er wachte, hinlänglich waren, wird ge-
wis Kälte empfinden. Eben so mus man davon die
Pulsschläge in einem sehr tiefen, und von Krankheiten
unterhaltnen Schlafe absondern, wobei freilich Wärme,
aber nur eine von der Krankheit erzeugte Wärme zuge-
gen ist (l**). Folglich geschehen die Pulsschläge in
schlafenden Personen nur langsam (l***). Hamberger
berichtet, daß in gesunden Menschen, wärenden Schla-
fes, zehn Pulsschläge weniger geschehen (m), und es fie-
len in Krankheiten und im langwierigen Schlafe die
Pulsschläge bis auf sechzig herab, und es erlischt so zu
reden der Pulsschlag beinahe völlig in den Bergmäusen,

und
(l**) [Spaltenumbruch] tralles de opio S. 250.
(l***) Ebenders. ebendas.
(m) [Spaltenumbruch] Physiolog. S. 686.
D d 5

des Blutes, durch die Schlagadern.
faͤhrt, daß man ſich nicht des Morgens etwas erholen,
und des Abends mit neuer Hizze uͤberfallen werden ſollte.
Es verurſachen naͤmlich hundert Pulsſchlaͤge ein maͤßi-
ges und ertraͤgliches Fieber, kommen aber zu dieſer Anzal
von Schlaͤgen nur noch zehn hinzu, dergleichen doch
in einem geſunden Menſchen ſchon durchs Wachen ent-
ſtehen, ſo ſind es 110 Pulsſchlaͤge, und es wird das Fie-
ber heftiger. Geſellen ſich aber zu einem ſchweren Fie-
ber, von 120 Pulsſchlaͤgen, noch zehn neue, ſo wird es
eine ſehr heftige Krankheit werden, denn es wird das
Fieber bei dieſen 130 Pulsſchlaͤgen aͤuſſerſt hizzig ſeyn,
und wofern es nicht bald nachlaͤſſet, von dem Kranken
ſchwerlich uͤberſtanden werden koͤnnen.

So wie das Wachen die Anzal der Pulſirungen ver-
groͤſſert, eben ſo mindert ſie der Schlaf, wenn man nur
die Waͤrme, und folglich die Pulsbeſchleunigung von der
Folge des Schlafes abſondert, da dieſes nicht vom
Schlafe, ſondern von den Kleidern und Federn, damit
man ſich noch uͤber die Tageskleider verhuͤllt, herruͤhrt;
denn wer mit eben den Kleidern ſchlafen wollte, die fuͤr
ihn, ſo lange er wachte, hinlaͤnglich waren, wird ge-
wis Kaͤlte empfinden. Eben ſo mus man davon die
Pulsſchlaͤge in einem ſehr tiefen, und von Krankheiten
unterhaltnen Schlafe abſondern, wobei freilich Waͤrme,
aber nur eine von der Krankheit erzeugte Waͤrme zuge-
gen iſt (l**). Folglich geſchehen die Pulsſchlaͤge in
ſchlafenden Perſonen nur langſam (l***). Hamberger
berichtet, daß in geſunden Menſchen, waͤrenden Schla-
fes, zehn Pulsſchlaͤge weniger geſchehen (m), und es fie-
len in Krankheiten und im langwierigen Schlafe die
Pulsſchlaͤge bis auf ſechzig herab, und es erliſcht ſo zu
reden der Pulsſchlag beinahe voͤllig in den Bergmaͤuſen,

und
(l**) [Spaltenumbruch] tralleſ de opio S. 250.
(l***) Ebenderſ. ebendaſ.
(m) [Spaltenumbruch] Phyſiolog. S. 686.
D d 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0445" n="425"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Blutes, durch die Schlagadern.</hi></fw><lb/>
fa&#x0364;hrt, daß man &#x017F;ich nicht des Morgens etwas erholen,<lb/>
und des Abends mit neuer Hizze u&#x0364;berfallen werden &#x017F;ollte.<lb/>
Es verur&#x017F;achen na&#x0364;mlich hundert Puls&#x017F;chla&#x0364;ge ein ma&#x0364;ßi-<lb/>
ges und ertra&#x0364;gliches Fieber, kommen aber zu die&#x017F;er Anzal<lb/>
von Schla&#x0364;gen nur noch zehn hinzu, dergleichen doch<lb/>
in einem ge&#x017F;unden Men&#x017F;chen &#x017F;chon durchs Wachen ent-<lb/>
&#x017F;tehen, &#x017F;o &#x017F;ind es 110 Puls&#x017F;chla&#x0364;ge, und es wird das Fie-<lb/>
ber heftiger. Ge&#x017F;ellen &#x017F;ich aber zu einem &#x017F;chweren Fie-<lb/>
ber, von 120 Puls&#x017F;chla&#x0364;gen, noch zehn neue, &#x017F;o wird es<lb/>
eine &#x017F;ehr heftige Krankheit werden, denn es wird das<lb/>
Fieber bei die&#x017F;en 130 Puls&#x017F;chla&#x0364;gen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t hizzig &#x017F;eyn,<lb/>
und wofern es nicht bald nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, von dem Kranken<lb/>
&#x017F;chwerlich u&#x0364;ber&#x017F;tanden werden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <p>So wie das Wachen die Anzal der Pul&#x017F;irungen ver-<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert, eben &#x017F;o mindert &#x017F;ie der Schlaf, wenn man nur<lb/>
die Wa&#x0364;rme, und folglich die Pulsbe&#x017F;chleunigung von der<lb/>
Folge des Schlafes ab&#x017F;ondert, da die&#x017F;es nicht vom<lb/>
Schlafe, &#x017F;ondern von den Kleidern und Federn, damit<lb/>
man &#x017F;ich noch u&#x0364;ber die Tageskleider verhu&#x0364;llt, herru&#x0364;hrt;<lb/>
denn wer mit eben den Kleidern &#x017F;chlafen wollte, die fu&#x0364;r<lb/>
ihn, &#x017F;o lange er wachte, hinla&#x0364;nglich waren, wird ge-<lb/>
wis Ka&#x0364;lte empfinden. Eben &#x017F;o mus man davon die<lb/>
Puls&#x017F;chla&#x0364;ge in einem &#x017F;ehr tiefen, und von Krankheiten<lb/>
unterhaltnen Schlafe ab&#x017F;ondern, wobei freilich Wa&#x0364;rme,<lb/>
aber nur eine von der Krankheit erzeugte Wa&#x0364;rme zuge-<lb/>
gen i&#x017F;t <note place="foot" n="(l**)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">tralle&#x017F;</hi> de opio</hi> S. 250.</note>. Folglich ge&#x017F;chehen die Puls&#x017F;chla&#x0364;ge in<lb/>
&#x017F;chlafenden Per&#x017F;onen nur lang&#x017F;am <note place="foot" n="(l***)">Ebender&#x017F;. ebenda&#x017F;.</note>. <hi rendition="#fr">Hamberger</hi><lb/>
berichtet, daß in ge&#x017F;unden Men&#x017F;chen, wa&#x0364;renden Schla-<lb/>
fes, zehn Puls&#x017F;chla&#x0364;ge weniger ge&#x017F;chehen <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">Phy&#x017F;iolog.</hi> S. 686.</note>, und es fie-<lb/>
len in Krankheiten und im langwierigen Schlafe die<lb/>
Puls&#x017F;chla&#x0364;ge bis auf &#x017F;echzig herab, und es erli&#x017F;cht &#x017F;o zu<lb/>
reden der Puls&#x017F;chlag beinahe vo&#x0364;llig in den Bergma&#x0364;u&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 5</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0445] des Blutes, durch die Schlagadern. faͤhrt, daß man ſich nicht des Morgens etwas erholen, und des Abends mit neuer Hizze uͤberfallen werden ſollte. Es verurſachen naͤmlich hundert Pulsſchlaͤge ein maͤßi- ges und ertraͤgliches Fieber, kommen aber zu dieſer Anzal von Schlaͤgen nur noch zehn hinzu, dergleichen doch in einem geſunden Menſchen ſchon durchs Wachen ent- ſtehen, ſo ſind es 110 Pulsſchlaͤge, und es wird das Fie- ber heftiger. Geſellen ſich aber zu einem ſchweren Fie- ber, von 120 Pulsſchlaͤgen, noch zehn neue, ſo wird es eine ſehr heftige Krankheit werden, denn es wird das Fieber bei dieſen 130 Pulsſchlaͤgen aͤuſſerſt hizzig ſeyn, und wofern es nicht bald nachlaͤſſet, von dem Kranken ſchwerlich uͤberſtanden werden koͤnnen. So wie das Wachen die Anzal der Pulſirungen ver- groͤſſert, eben ſo mindert ſie der Schlaf, wenn man nur die Waͤrme, und folglich die Pulsbeſchleunigung von der Folge des Schlafes abſondert, da dieſes nicht vom Schlafe, ſondern von den Kleidern und Federn, damit man ſich noch uͤber die Tageskleider verhuͤllt, herruͤhrt; denn wer mit eben den Kleidern ſchlafen wollte, die fuͤr ihn, ſo lange er wachte, hinlaͤnglich waren, wird ge- wis Kaͤlte empfinden. Eben ſo mus man davon die Pulsſchlaͤge in einem ſehr tiefen, und von Krankheiten unterhaltnen Schlafe abſondern, wobei freilich Waͤrme, aber nur eine von der Krankheit erzeugte Waͤrme zuge- gen iſt (l**). Folglich geſchehen die Pulsſchlaͤge in ſchlafenden Perſonen nur langſam (l***). Hamberger berichtet, daß in geſunden Menſchen, waͤrenden Schla- fes, zehn Pulsſchlaͤge weniger geſchehen (m), und es fie- len in Krankheiten und im langwierigen Schlafe die Pulsſchlaͤge bis auf ſechzig herab, und es erliſcht ſo zu reden der Pulsſchlag beinahe voͤllig in den Bergmaͤuſen, und (l**) tralleſ de opio S. 250. (l***) Ebenderſ. ebendaſ. (m) Phyſiolog. S. 686. D d 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/445
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/445>, abgerufen am 16.05.2024.