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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
nen Neugierde untersuche, statt des Fettes ein Gallert
in der zarten Frucht (u).

Die Niere seihet ein sehr sanftes, schleimiges und
geschmak- und farbeloses Wässerchen ab. Jn der Ge-
bärmutter der noch ungebornen Mädchen, befindet sich
ein milchiger und sehr weisser Saft, da solcher in er-
wachsenen Jungfern schon bleicher und schleimiger ist.
So befindet sich auch an der Hinterfläche der Trauben-
haut und der Aderhaut (choroidea) (x) ein bleicher
Saft, welcher vor dem gewönlichen schwarzen Farben-
anstriche vorher geht. Die Drüsen der Luftröhrenäste
finden sich mit einer salzwasserartigen Milch erfüllt, und
es tritt in erwachsnen Personen an deren Stelle ein völ-
lig blauschwarzer Saft hinein. Der Herzbeutel und das
Ribbenfell der Frucht haben einen Ueberflus an einem
roten Wasser, welches in erwachsnem Menschen, der
gesund ist, helle aussieht. Jn den Hoden der Frucht,
männlichen Geschlechts, seihet die Natur blos ein ge-
schmakkloses, etwas schleimiges Wasser, ohne Geruch,
ohne Thierchen, und zwar in sehr geringer Menge durch,
und auf dieses folget, im erwachsnen Thiere, ein sehr
zäher, gelber Saame, welcher von sehr durchdringenden
Geruche und voller lebendiger Thierchen ist. Eben so
sondert sich in Pflanzen, die noch jung sind, z. E. im
Weinstokke, durch alle Gefässe ein helles Wasser ab:
wenn solche aber erwachsen sind, so wird darinnen ein
herber und bittrer und in den Stengeln des Traubenbu-
sches, wenn solche zu ihrer Reife gelangen, ein sehr süs-
ser Saft abgeschieden. Jn den Getreidearten sammelt
sich anfänglich Wasser, hierauf Schleim, der im reifen
Weizen zur Milch wird, und zulezzt ein Mehl, welches
voller verbrennlichen Stoffe ist. Wir haben zwar be-

reits
(u) [Spaltenumbruch] 1. Buch.
(x) [Spaltenumbruch] Memoir. sur la formation du
poulet.
angef. Ort.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
nen Neugierde unterſuche, ſtatt des Fettes ein Gallert
in der zarten Frucht (u).

Die Niere ſeihet ein ſehr ſanftes, ſchleimiges und
geſchmak- und farbeloſes Waͤſſerchen ab. Jn der Ge-
baͤrmutter der noch ungebornen Maͤdchen, befindet ſich
ein milchiger und ſehr weiſſer Saft, da ſolcher in er-
wachſenen Jungfern ſchon bleicher und ſchleimiger iſt.
So befindet ſich auch an der Hinterflaͤche der Trauben-
haut und der Aderhaut (choroidea) (x) ein bleicher
Saft, welcher vor dem gewoͤnlichen ſchwarzen Farben-
anſtriche vorher geht. Die Druͤſen der Luftroͤhrenaͤſte
finden ſich mit einer ſalzwaſſerartigen Milch erfuͤllt, und
es tritt in erwachsnen Perſonen an deren Stelle ein voͤl-
lig blauſchwarzer Saft hinein. Der Herzbeutel und das
Ribbenfell der Frucht haben einen Ueberflus an einem
roten Waſſer, welches in erwachsnem Menſchen, der
geſund iſt, helle ausſieht. Jn den Hoden der Frucht,
maͤnnlichen Geſchlechts, ſeihet die Natur blos ein ge-
ſchmakkloſes, etwas ſchleimiges Waſſer, ohne Geruch,
ohne Thierchen, und zwar in ſehr geringer Menge durch,
und auf dieſes folget, im erwachsnen Thiere, ein ſehr
zaͤher, gelber Saame, welcher von ſehr durchdringenden
Geruche und voller lebendiger Thierchen iſt. Eben ſo
ſondert ſich in Pflanzen, die noch jung ſind, z. E. im
Weinſtokke, durch alle Gefaͤſſe ein helles Waſſer ab:
wenn ſolche aber erwachſen ſind, ſo wird darinnen ein
herber und bittrer und in den Stengeln des Traubenbu-
ſches, wenn ſolche zu ihrer Reife gelangen, ein ſehr ſuͤſ-
ſer Saft abgeſchieden. Jn den Getreidearten ſammelt
ſich anfaͤnglich Waſſer, hierauf Schleim, der im reifen
Weizen zur Milch wird, und zulezzt ein Mehl, welches
voller verbrennlichen Stoffe iſt. Wir haben zwar be-

reits
(u) [Spaltenumbruch] 1. Buch.
(x) [Spaltenumbruch] Memoir. ſur la formation du
poulet.
angef. Ort.
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[775/0795] der Verſchiedenheit der Saͤfte. nen Neugierde unterſuche, ſtatt des Fettes ein Gallert in der zarten Frucht (u). Die Niere ſeihet ein ſehr ſanftes, ſchleimiges und geſchmak- und farbeloſes Waͤſſerchen ab. Jn der Ge- baͤrmutter der noch ungebornen Maͤdchen, befindet ſich ein milchiger und ſehr weiſſer Saft, da ſolcher in er- wachſenen Jungfern ſchon bleicher und ſchleimiger iſt. So befindet ſich auch an der Hinterflaͤche der Trauben- haut und der Aderhaut (choroidea) (x) ein bleicher Saft, welcher vor dem gewoͤnlichen ſchwarzen Farben- anſtriche vorher geht. Die Druͤſen der Luftroͤhrenaͤſte finden ſich mit einer ſalzwaſſerartigen Milch erfuͤllt, und es tritt in erwachsnen Perſonen an deren Stelle ein voͤl- lig blauſchwarzer Saft hinein. Der Herzbeutel und das Ribbenfell der Frucht haben einen Ueberflus an einem roten Waſſer, welches in erwachsnem Menſchen, der geſund iſt, helle ausſieht. Jn den Hoden der Frucht, maͤnnlichen Geſchlechts, ſeihet die Natur blos ein ge- ſchmakkloſes, etwas ſchleimiges Waſſer, ohne Geruch, ohne Thierchen, und zwar in ſehr geringer Menge durch, und auf dieſes folget, im erwachsnen Thiere, ein ſehr zaͤher, gelber Saame, welcher von ſehr durchdringenden Geruche und voller lebendiger Thierchen iſt. Eben ſo ſondert ſich in Pflanzen, die noch jung ſind, z. E. im Weinſtokke, durch alle Gefaͤſſe ein helles Waſſer ab: wenn ſolche aber erwachſen ſind, ſo wird darinnen ein herber und bittrer und in den Stengeln des Traubenbu- ſches, wenn ſolche zu ihrer Reife gelangen, ein ſehr ſuͤſ- ſer Saft abgeſchieden. Jn den Getreidearten ſammelt ſich anfaͤnglich Waſſer, hierauf Schleim, der im reifen Weizen zur Milch wird, und zulezzt ein Mehl, welches voller verbrennlichen Stoffe iſt. Wir haben zwar be- reits (u) 1. Buch. (x) Memoir. ſur la formation du poulet. angef. Ort. C c c 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/795>, abgerufen am 29.04.2024.