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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch.
in der Brust Luft ist, oder was vor welche betrügerische
Blasen machen, wofern in der That zwischen der Ribben-
haut, und der Lunge, eine der Atmosphäre ähnliche Luft,
angetroffen wird.

Daß Luft herumliege, welche in die Brust eindringt,
und die Lunge von der Ribbenhaut zurükktreibt, daran
ist nicht zu zweifeln. Denn daß sie mit Heftigkeit ein-
dringe, wissen auch die Wundärzte, als welche das Mes-
ser mit dem Finger verfolgen, damit die Luft nicht zu-
gleich mit hinein fahren möge (y).

Nun haben wir also gezeigt, wie leicht sich ein Feh-
ler einschleiche, und Blasen mache, und man findet die-
ser ihren Ursprung in dem fehlerhaften Handgriffe. Wenn
aber in der That wirklich Luft in der Brust ist, und man
die Ribbenhaut unter dem Wasser zerreist, so läst sich kein
Vorwand ersinnen, der da mache, daß keine Blasen ent-
stünden. Wenn man sagt, es sey sehr wenig Luft, so
wird auch diese, wiewohl weniger Blasen machen.
Wenn man die Lungenhäute der Vögel zerreist (z), so ist
ein ganz wenig Luft darinnen, und doch wird sie im Was-
ser ebenfalls Blasen hervor bringen. Ein berühmter
Mann von der Gegenparthei, gab sich alle Mühe, die
Sache des Hambergers nicht fallen zu lassen. Er
stekkte eine glässerne Röhre, in eine grössere Röhre, so daß
sich zwischen beiden Röhren überhaupt sehr wenig Luft
befand. Hierauf eröfnete er die äussere Röhre mittelst
eines besondern Handgriffes. Und es stiegen nichts desto
weniger Blasen herauf; denn es kann sich ein so leichtes
Element, in dem tausendmal schwererem Wasser nicht
verbergen.

Man
(y) [Spaltenumbruch] BARTHOL. vindic. S.
84. de pulmon. S. 80.
(z) [Spaltenumbruch] Exp. 89. 90.

Das Atemholen. VIII. Buch.
in der Bruſt Luft iſt, oder was vor welche betruͤgeriſche
Blaſen machen, wofern in der That zwiſchen der Ribben-
haut, und der Lunge, eine der Atmoſphaͤre aͤhnliche Luft,
angetroffen wird.

Daß Luft herumliege, welche in die Bruſt eindringt,
und die Lunge von der Ribbenhaut zuruͤkktreibt, daran
iſt nicht zu zweifeln. Denn daß ſie mit Heftigkeit ein-
dringe, wiſſen auch die Wundaͤrzte, als welche das Meſ-
ſer mit dem Finger verfolgen, damit die Luft nicht zu-
gleich mit hinein fahren moͤge (y).

Nun haben wir alſo gezeigt, wie leicht ſich ein Feh-
ler einſchleiche, und Blaſen mache, und man findet die-
ſer ihren Urſprung in dem fehlerhaften Handgriffe. Wenn
aber in der That wirklich Luft in der Bruſt iſt, und man
die Ribbenhaut unter dem Waſſer zerreiſt, ſo laͤſt ſich kein
Vorwand erſinnen, der da mache, daß keine Blaſen ent-
ſtuͤnden. Wenn man ſagt, es ſey ſehr wenig Luft, ſo
wird auch dieſe, wiewohl weniger Blaſen machen.
Wenn man die Lungenhaͤute der Voͤgel zerreiſt (z), ſo iſt
ein ganz wenig Luft darinnen, und doch wird ſie im Waſ-
ſer ebenfalls Blaſen hervor bringen. Ein beruͤhmter
Mann von der Gegenparthei, gab ſich alle Muͤhe, die
Sache des Hambergers nicht fallen zu laſſen. Er
ſtekkte eine glaͤſſerne Roͤhre, in eine groͤſſere Roͤhre, ſo daß
ſich zwiſchen beiden Roͤhren uͤberhaupt ſehr wenig Luft
befand. Hierauf eroͤfnete er die aͤuſſere Roͤhre mittelſt
eines beſondern Handgriffes. Und es ſtiegen nichts deſto
weniger Blaſen herauf; denn es kann ſich ein ſo leichtes
Element, in dem tauſendmal ſchwererem Waſſer nicht
verbergen.

Man
(y) [Spaltenumbruch] BARTHOL. vindic. S.
84. de pulmon. S. 80.
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[214/0220] Das Atemholen. VIII. Buch. in der Bruſt Luft iſt, oder was vor welche betruͤgeriſche Blaſen machen, wofern in der That zwiſchen der Ribben- haut, und der Lunge, eine der Atmoſphaͤre aͤhnliche Luft, angetroffen wird. Daß Luft herumliege, welche in die Bruſt eindringt, und die Lunge von der Ribbenhaut zuruͤkktreibt, daran iſt nicht zu zweifeln. Denn daß ſie mit Heftigkeit ein- dringe, wiſſen auch die Wundaͤrzte, als welche das Meſ- ſer mit dem Finger verfolgen, damit die Luft nicht zu- gleich mit hinein fahren moͤge (y). Nun haben wir alſo gezeigt, wie leicht ſich ein Feh- ler einſchleiche, und Blaſen mache, und man findet die- ſer ihren Urſprung in dem fehlerhaften Handgriffe. Wenn aber in der That wirklich Luft in der Bruſt iſt, und man die Ribbenhaut unter dem Waſſer zerreiſt, ſo laͤſt ſich kein Vorwand erſinnen, der da mache, daß keine Blaſen ent- ſtuͤnden. Wenn man ſagt, es ſey ſehr wenig Luft, ſo wird auch dieſe, wiewohl weniger Blaſen machen. Wenn man die Lungenhaͤute der Voͤgel zerreiſt (z), ſo iſt ein ganz wenig Luft darinnen, und doch wird ſie im Waſ- ſer ebenfalls Blaſen hervor bringen. Ein beruͤhmter Mann von der Gegenparthei, gab ſich alle Muͤhe, die Sache des Hambergers nicht fallen zu laſſen. Er ſtekkte eine glaͤſſerne Roͤhre, in eine groͤſſere Roͤhre, ſo daß ſich zwiſchen beiden Roͤhren uͤberhaupt ſehr wenig Luft befand. Hierauf eroͤfnete er die aͤuſſere Roͤhre mittelſt eines beſondern Handgriffes. Und es ſtiegen nichts deſto weniger Blaſen herauf; denn es kann ſich ein ſo leichtes Element, in dem tauſendmal ſchwererem Waſſer nicht verbergen. Man (y) BARTHOL. vindic. S. 84. de pulmon. S. 80. (z) Exp. 89. 90.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/220>, abgerufen am 29.04.2024.