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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch.
weide verdichtet, so thut uns also die Luft keinen Nuz-
zen. Es öffnen sich hier, wie sich in alle zellformige Hö-
len die hauchenden Blutäderchen (k) mit ihren Mündun-
gen öffnen, so öffnen sich hier auch dergleichen Blutäder-
chen in dieses so edle Fächerwerk, das einerlei Bau hat.
Wenn man nämlich eine dünne Flüßigkeit einsprizzt, so
verbreitet sich diese aus der Lungenblutader überall in das
ganze Eingeweide, und das ohne Mühe (l), endlich tritt
solche, mit vieler Luft begleitet, als ein Schaum, ohne
die Farbe verloren zu haben, wenn diese Farbe von
Pflanzensäften hergenommen worden, aus der Luftröhre
hervor. Es ist wahrscheinlich, daß auch das Wasser (m)
aus der Luft eben diesen Weg nimmt, wie im Schnup-
pen, daß die Dämpfe, durch deren Einsaugung wir oft
die verstopften Blutgefässe der Lunge mit grossem Nach-
drukke heben, eben diesen Weg verfolgen, davon ich in
einer sehr grossen Lungenentzündung ein Exempel gesehen,
als man sich des Dampfes eines verrauchenden Essigs,
auf Verordnung des Severins (n), und meines Leh-
rers, Boerhaave, bediente, um vor dreißig Jahren
meinen geliebten Freund, den Johann Gesner, der
dazumal ein Jüngling von grosser Erwartung war, und
welcher nun ein grosser Kräuterkenner, ein Naturkün-
diger, und ein redlicher Mann ist, damit wieder herzu-
stellen. Eben diesen Weg nimmt auch die subtile Kraft
des Terpentins (o), welche in der Luft umher fliegt, und
im Atmen eingezogen, selbst dem Urine seinen Geruch
mittheilt.

Die-
(k) [Spaltenumbruch] BOERH. BOVILLET
assemblee de
1743.
(l) 8 B. 2 A. 22 N.
(m) J. de GORTER de per-
spirat.
S. 154. KRVEGER diaet.
S. 94.
(n) [Spaltenumbruch] Chirurg. effic. S. 182. Vergl.
BARTHOL. L. IV hist. 88. Von
dem Nuzzen der Dampfe in Brust-
krankheiten.
(o) Vergl. MERY Memoir. de
l'Acad.
1707. S. 167.

Das Atemholen. VIII. Buch.
weide verdichtet, ſo thut uns alſo die Luft keinen Nuz-
zen. Es oͤffnen ſich hier, wie ſich in alle zellformige Hoͤ-
len die hauchenden Blutaͤderchen (k) mit ihren Muͤndun-
gen oͤffnen, ſo oͤffnen ſich hier auch dergleichen Blutaͤder-
chen in dieſes ſo edle Faͤcherwerk, das einerlei Bau hat.
Wenn man naͤmlich eine duͤnne Fluͤßigkeit einſprizzt, ſo
verbreitet ſich dieſe aus der Lungenblutader uͤberall in das
ganze Eingeweide, und das ohne Muͤhe (l), endlich tritt
ſolche, mit vieler Luft begleitet, als ein Schaum, ohne
die Farbe verloren zu haben, wenn dieſe Farbe von
Pflanzenſaͤften hergenommen worden, aus der Luftroͤhre
hervor. Es iſt wahrſcheinlich, daß auch das Waſſer (m)
aus der Luft eben dieſen Weg nimmt, wie im Schnup-
pen, daß die Daͤmpfe, durch deren Einſaugung wir oft
die verſtopften Blutgefaͤſſe der Lunge mit groſſem Nach-
drukke heben, eben dieſen Weg verfolgen, davon ich in
einer ſehr groſſen Lungenentzuͤndung ein Exempel geſehen,
als man ſich des Dampfes eines verrauchenden Eſſigs,
auf Verordnung des Severins (n), und meines Leh-
rers, Boerhaave, bediente, um vor dreißig Jahren
meinen geliebten Freund, den Johann Geſner, der
dazumal ein Juͤngling von groſſer Erwartung war, und
welcher nun ein groſſer Kraͤuterkenner, ein Naturkuͤn-
diger, und ein redlicher Mann iſt, damit wieder herzu-
ſtellen. Eben dieſen Weg nimmt auch die ſubtile Kraft
des Terpentins (o), welche in der Luft umher fliegt, und
im Atmen eingezogen, ſelbſt dem Urine ſeinen Geruch
mittheilt.

Die-
(k) [Spaltenumbruch] BOERH. BOVILLET
aſſemblée de
1743.
(l) 8 B. 2 A. 22 N.
(m) J. de GORTER de per-
ſpirat.
S. 154. KRVEGER diæt.
S. 94.
(n) [Spaltenumbruch] Chirurg. effic. S. 182. Vergl.
BARTHOL. L. IV hiſt. 88. Von
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[548[550]/0556] Das Atemholen. VIII. Buch. weide verdichtet, ſo thut uns alſo die Luft keinen Nuz- zen. Es oͤffnen ſich hier, wie ſich in alle zellformige Hoͤ- len die hauchenden Blutaͤderchen (k) mit ihren Muͤndun- gen oͤffnen, ſo oͤffnen ſich hier auch dergleichen Blutaͤder- chen in dieſes ſo edle Faͤcherwerk, das einerlei Bau hat. Wenn man naͤmlich eine duͤnne Fluͤßigkeit einſprizzt, ſo verbreitet ſich dieſe aus der Lungenblutader uͤberall in das ganze Eingeweide, und das ohne Muͤhe (l), endlich tritt ſolche, mit vieler Luft begleitet, als ein Schaum, ohne die Farbe verloren zu haben, wenn dieſe Farbe von Pflanzenſaͤften hergenommen worden, aus der Luftroͤhre hervor. Es iſt wahrſcheinlich, daß auch das Waſſer (m) aus der Luft eben dieſen Weg nimmt, wie im Schnup- pen, daß die Daͤmpfe, durch deren Einſaugung wir oft die verſtopften Blutgefaͤſſe der Lunge mit groſſem Nach- drukke heben, eben dieſen Weg verfolgen, davon ich in einer ſehr groſſen Lungenentzuͤndung ein Exempel geſehen, als man ſich des Dampfes eines verrauchenden Eſſigs, auf Verordnung des Severins (n), und meines Leh- rers, Boerhaave, bediente, um vor dreißig Jahren meinen geliebten Freund, den Johann Geſner, der dazumal ein Juͤngling von groſſer Erwartung war, und welcher nun ein groſſer Kraͤuterkenner, ein Naturkuͤn- diger, und ein redlicher Mann iſt, damit wieder herzu- ſtellen. Eben dieſen Weg nimmt auch die ſubtile Kraft des Terpentins (o), welche in der Luft umher fliegt, und im Atmen eingezogen, ſelbſt dem Urine ſeinen Geruch mittheilt. Die- (k) BOERH. BOVILLET aſſemblée de 1743. (l) 8 B. 2 A. 22 N. (m) J. de GORTER de per- ſpirat. S. 154. KRVEGER diæt. S. 94. (n) Chirurg. effic. S. 182. Vergl. BARTHOL. L. IV hiſt. 88. Von dem Nuzzen der Dampfe in Bruſt- krankheiten. (o) Vergl. MERY Memoir. de l’Acad. 1707. S. 167.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 548[550]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/556>, abgerufen am 28.04.2024.