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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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I. Abschnitt. Die Brust.
die innern Muskeln die Ribben erheben, und daß die äus-
sern, wenn die Ribben von den Bauchmuskeln herabge-
zogen würden, ferner auch dem Niederziehen zu Hülfe
kämen (n). Andre behaupten, daß das zwischen den
Ribben befindliche Fleisch überhaupt einzig und allein die
Stelle einer Zwischenwand vertrete (o), weil man an le-
bendigen Menschen diese fieischigen Theile nicht deutlich
beweglich fände.

Doch diese Meinungen haben unter den Neuern
kaum einen Anhänger gefunden. Zwar ist die Bewegung
der Zwischenribbenmuskeln, überhaupt, besonders an
Mannspersonen, oder furchtsamen Thieren, nicht selten
undeutlich, doch aber sonst an Frauenspersonen, und
heftig atmenden Thieren, ganz augenscheinlich (p). Ja es ha-
ben nicht einmal unsre Gegner (q) daran gezweifelt, daß nicht
die äussern Zwischenmuskeln der Ribben die Ribben erhe-
ben sollten, weil ihr oberes Ende den Wirbelbeinen näher,
und das untere von diesen Rükkenwirbeln weiter abliege,
folglich beweglicher sey, und sich daher, wenn das Fleisch
des Muskels angezogen, das bewechlichere Ende zu dem
festen hinbegeben müsse. Franz Boißier de Sauva-
ges
hat diese Thätigkeit auch durch Rechnungen bestätiget,
und gewiesen, daß die Fasern eines äussern Muskels
eben die Richtung haben, als zum Ribbenheben am be-
quemsten ist (r). Und diese Meinung wird an lebendi-
gen und atmenden Thieren offenbar durch des Zeugnis
der Augen bestätiget.

Die Ribbenheber haben auch ihre Zweifler gefunden.
Ein berühmter Schriftsteller will, daß diese Muskeln nicht

in
(n) [Spaltenumbruch] Bresl. Samml. 1723. Jan.
S. 195.
(o) ARAMTIVS. observ. anat.
S. 99. nevkrantz. de respirati.
(p) Hiervon wird im 4 Abschn.
geredet werden.
(q) [Spaltenumbruch] HAMBERGER. de mecha-
nisin. respiration.
(r) Swenska Wetenskaps hand-
lingar. 1751. trimestr. II.
D 5

I. Abſchnitt. Die Bruſt.
die innern Muskeln die Ribben erheben, und daß die aͤuſ-
ſern, wenn die Ribben von den Bauchmuskeln herabge-
zogen wuͤrden, ferner auch dem Niederziehen zu Huͤlfe
kaͤmen (n). Andre behaupten, daß das zwiſchen den
Ribben befindliche Fleiſch uͤberhaupt einzig und allein die
Stelle einer Zwiſchenwand vertrete (o), weil man an le-
bendigen Menſchen dieſe fieiſchigen Theile nicht deutlich
beweglich faͤnde.

Doch dieſe Meinungen haben unter den Neuern
kaum einen Anhaͤnger gefunden. Zwar iſt die Bewegung
der Zwiſchenribbenmuskeln, uͤberhaupt, beſonders an
Mannsperſonen, oder furchtſamen Thieren, nicht ſelten
undeutlich, doch aber ſonſt an Frauensperſonen, und
heftig atmenden Thieren, ganz augenſcheinlich (p). Ja es ha-
ben nicht einmal unſre Gegner (q) daran gezweifelt, daß nicht
die aͤuſſern Zwiſchenmuskeln der Ribben die Ribben erhe-
ben ſollten, weil ihr oberes Ende den Wirbelbeinen naͤher,
und das untere von dieſen Ruͤkkenwirbeln weiter abliege,
folglich beweglicher ſey, und ſich daher, wenn das Fleiſch
des Muskels angezogen, das bewechlichere Ende zu dem
feſten hinbegeben muͤſſe. Franz Boißier de Sauva-
ges
hat dieſe Thaͤtigkeit auch durch Rechnungen beſtaͤtiget,
und gewieſen, daß die Faſern eines aͤuſſern Muskels
eben die Richtung haben, als zum Ribbenheben am be-
quemſten iſt (r). Und dieſe Meinung wird an lebendi-
gen und atmenden Thieren offenbar durch des Zeugnis
der Augen beſtaͤtiget.

Die Ribbenheber haben auch ihre Zweifler gefunden.
Ein beruͤhmter Schriftſteller will, daß dieſe Muskeln nicht

in
(n) [Spaltenumbruch] Bresl. Samml. 1723. Jan.
S. 195.
(o) ARAMTIVS. obſerv. anat.
S. 99. nevkrantz. de reſpirati.
(p) Hiervon wird im 4 Abſchn.
geredet werden.
(q) [Spaltenumbruch] HAMBERGER. de mecha-
niſin. reſpiration.
(r) Swenska Wetenskaps hand-
lingar. 1751. trimeſtr. II.
D 5
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[57/0063] I. Abſchnitt. Die Bruſt. die innern Muskeln die Ribben erheben, und daß die aͤuſ- ſern, wenn die Ribben von den Bauchmuskeln herabge- zogen wuͤrden, ferner auch dem Niederziehen zu Huͤlfe kaͤmen (n). Andre behaupten, daß das zwiſchen den Ribben befindliche Fleiſch uͤberhaupt einzig und allein die Stelle einer Zwiſchenwand vertrete (o), weil man an le- bendigen Menſchen dieſe fieiſchigen Theile nicht deutlich beweglich faͤnde. Doch dieſe Meinungen haben unter den Neuern kaum einen Anhaͤnger gefunden. Zwar iſt die Bewegung der Zwiſchenribbenmuskeln, uͤberhaupt, beſonders an Mannsperſonen, oder furchtſamen Thieren, nicht ſelten undeutlich, doch aber ſonſt an Frauensperſonen, und heftig atmenden Thieren, ganz augenſcheinlich (p). Ja es ha- ben nicht einmal unſre Gegner (q) daran gezweifelt, daß nicht die aͤuſſern Zwiſchenmuskeln der Ribben die Ribben erhe- ben ſollten, weil ihr oberes Ende den Wirbelbeinen naͤher, und das untere von dieſen Ruͤkkenwirbeln weiter abliege, folglich beweglicher ſey, und ſich daher, wenn das Fleiſch des Muskels angezogen, das bewechlichere Ende zu dem feſten hinbegeben muͤſſe. Franz Boißier de Sauva- ges hat dieſe Thaͤtigkeit auch durch Rechnungen beſtaͤtiget, und gewieſen, daß die Faſern eines aͤuſſern Muskels eben die Richtung haben, als zum Ribbenheben am be- quemſten iſt (r). Und dieſe Meinung wird an lebendi- gen und atmenden Thieren offenbar durch des Zeugnis der Augen beſtaͤtiget. Die Ribbenheber haben auch ihre Zweifler gefunden. Ein beruͤhmter Schriftſteller will, daß dieſe Muskeln nicht in (n) Bresl. Samml. 1723. Jan. S. 195. (o) ARAMTIVS. obſerv. anat. S. 99. nevkrantz. de reſpirati. (p) Hiervon wird im 4 Abſchn. geredet werden. (q) HAMBERGER. de mecha- niſin. reſpiration. (r) Swenska Wetenskaps hand- lingar. 1751. trimeſtr. II. D 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/63>, abgerufen am 06.05.2024.