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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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III. Abschn. Die Töne.
sonders die untern, und zähen Bänder der Luftröhren-
spalte (f), durch deren Lükke die schallende Luft heraus-
gestossen wird. Jch sehe einen Mann vor mir, von dem
ich viel halte, der aber an diesen Bebungen zweifelt,
theils weil die Vögel die Luftröhrenspalte nicht zwischen
den Bändern, sondern zwischen den Knorpeln, und Kno-
chenschnekken liegen haben (g), die zu den Schwingun-
gen ungeschikkt werden, theils weil auch im Menschen
die Sehnen dieser Bänder nicht frei (h); sondern mit
vieler Haut und Schleim überzogen werden (i), endlich
immer naß werden, und die Schildgieskannenmuskel ne-
ben sich liegen hätten (l). Er leugnet auch, daß sie sich
ausdehnen, wovon wir doch hernach handeln wollen.

Es ist aber doch gewis, daß überhaupt die Luft, in
Hervorbringung der verschiedenen Töne, alle klingende
Körper zum Zittern bringe (m), und daß die feinen Tö-
ne von einer grösseren Menge der Bewegungen, die gro-
ben Töne hingegen, von einer geringern Menge entste-
hen (n). Man kann dieses als Forderungssäzze anneh-
men, die Niemand leugnen wird.

Ferner bringt die Luft, so wie andere klingende Körper,
nicht nur den Luftröhrenkopf in ein Zittern, sondern sie
stößt auch zunächst auf die Bänder selbst, welche die Luftröh-
renspalte einschliessen. Diese sind in der That gespannt, und
offenbar mit einer Federkraft versehen, man sieht also gar
nicht, warum sie auch nicht diese Bänder zu Schwin-
gungen veranlassen sollte. Es hindert sie auch der
Schleim daran gar nicht, weil sogar die Knorpel der Nase
(k)

bei
(f) [Spaltenumbruch] So sagte ehedem dodart
Mem. de l'Academ.
1700. S. 258.
perravlt Holl. Ausg. S. 393.
Ferner FERREIN in thesibus.
d. montagnat in Mem. de
l'Acad.
u. f.
(g) Lettres sur le nouv. syst.
de la voix.
S. 42.
(h) Lettres &c. S. 30. 36.
(i) [Spaltenumbruch] Dieses kann noch hinzugefüget
werden, ob es gleich dieser berühmte
Mann nicht sagt.
(l) S. 8. 30 und 37.
(m) Siehe indessen Comment.
boerhaave. T. IV.
S. 298.
(n) S. 296.
(k) S. 38.
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III. Abſchn. Die Toͤne.
ſonders die untern, und zaͤhen Baͤnder der Luftroͤhren-
ſpalte (f), durch deren Luͤkke die ſchallende Luft heraus-
geſtoſſen wird. Jch ſehe einen Mann vor mir, von dem
ich viel halte, der aber an dieſen Bebungen zweifelt,
theils weil die Voͤgel die Luftroͤhrenſpalte nicht zwiſchen
den Baͤndern, ſondern zwiſchen den Knorpeln, und Kno-
chenſchnekken liegen haben (g), die zu den Schwingun-
gen ungeſchikkt werden, theils weil auch im Menſchen
die Sehnen dieſer Baͤnder nicht frei (h); ſondern mit
vieler Haut und Schleim uͤberzogen werden (i), endlich
immer naß werden, und die Schildgieskannenmuskel ne-
ben ſich liegen haͤtten (l). Er leugnet auch, daß ſie ſich
ausdehnen, wovon wir doch hernach handeln wollen.

Es iſt aber doch gewis, daß uͤberhaupt die Luft, in
Hervorbringung der verſchiedenen Toͤne, alle klingende
Koͤrper zum Zittern bringe (m), und daß die feinen Toͤ-
ne von einer groͤſſeren Menge der Bewegungen, die gro-
ben Toͤne hingegen, von einer geringern Menge entſte-
hen (n). Man kann dieſes als Forderungsſaͤzze anneh-
men, die Niemand leugnen wird.

Ferner bringt die Luft, ſo wie andere klingende Koͤrper,
nicht nur den Luftroͤhrenkopf in ein Zittern, ſondern ſie
ſtoͤßt auch zunaͤchſt auf die Baͤnder ſelbſt, welche die Luftroͤh-
renſpalte einſchlieſſen. Dieſe ſind in der That geſpannt, und
offenbar mit einer Federkraft verſehen, man ſieht alſo gar
nicht, warum ſie auch nicht dieſe Baͤnder zu Schwin-
gungen veranlaſſen ſollte. Es hindert ſie auch der
Schleim daran gar nicht, weil ſogar die Knorpel der Naſe
(k)

bei
(f) [Spaltenumbruch] So ſagte ehedem dodart
Mem. de l’Academ.
1700. S. 258.
perravlt Holl. Ausg. S. 393.
Ferner FERREIN in theſibus.
d. montagnat in Mem. de
l’Acad.
u. f.
(g) Lettres ſur le nouv. ſyſt.
de la voix.
S. 42.
(h) Lettres &c. S. 30. 36.
(i) [Spaltenumbruch] Dieſes kann noch hinzugefuͤget
werden, ob es gleich dieſer beruͤhmte
Mann nicht ſagt.
(l) S. 8. 30 und 37.
(m) Siehe indeſſen Comment.
boerhaave. T. IV.
S. 298.
(n) S. 296.
(k) S. 38.
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[679[681]/0687] III. Abſchn. Die Toͤne. ſonders die untern, und zaͤhen Baͤnder der Luftroͤhren- ſpalte (f), durch deren Luͤkke die ſchallende Luft heraus- geſtoſſen wird. Jch ſehe einen Mann vor mir, von dem ich viel halte, der aber an dieſen Bebungen zweifelt, theils weil die Voͤgel die Luftroͤhrenſpalte nicht zwiſchen den Baͤndern, ſondern zwiſchen den Knorpeln, und Kno- chenſchnekken liegen haben (g), die zu den Schwingun- gen ungeſchikkt werden, theils weil auch im Menſchen die Sehnen dieſer Baͤnder nicht frei (h); ſondern mit vieler Haut und Schleim uͤberzogen werden (i), endlich immer naß werden, und die Schildgieskannenmuskel ne- ben ſich liegen haͤtten (l). Er leugnet auch, daß ſie ſich ausdehnen, wovon wir doch hernach handeln wollen. Es iſt aber doch gewis, daß uͤberhaupt die Luft, in Hervorbringung der verſchiedenen Toͤne, alle klingende Koͤrper zum Zittern bringe (m), und daß die feinen Toͤ- ne von einer groͤſſeren Menge der Bewegungen, die gro- ben Toͤne hingegen, von einer geringern Menge entſte- hen (n). Man kann dieſes als Forderungsſaͤzze anneh- men, die Niemand leugnen wird. Ferner bringt die Luft, ſo wie andere klingende Koͤrper, nicht nur den Luftroͤhrenkopf in ein Zittern, ſondern ſie ſtoͤßt auch zunaͤchſt auf die Baͤnder ſelbſt, welche die Luftroͤh- renſpalte einſchlieſſen. Dieſe ſind in der That geſpannt, und offenbar mit einer Federkraft verſehen, man ſieht alſo gar nicht, warum ſie auch nicht dieſe Baͤnder zu Schwin- gungen veranlaſſen ſollte. Es hindert ſie auch der Schleim daran gar nicht, weil ſogar die Knorpel der Naſe bei (k) (f) So ſagte ehedem dodart Mem. de l’Academ. 1700. S. 258. perravlt Holl. Ausg. S. 393. Ferner FERREIN in theſibus. d. montagnat in Mem. de l’Acad. u. f. (g) Lettres ſur le nouv. ſyſt. de la voix. S. 42. (h) Lettres &c. S. 30. 36. (i) Dieſes kann noch hinzugefuͤget werden, ob es gleich dieſer beruͤhmte Mann nicht ſagt. (l) S. 8. 30 und 37. (m) Siehe indeſſen Comment. boerhaave. T. IV. S. 298. (n) S. 296. (k) S. 38. U u 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 679[681]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/687>, abgerufen am 07.05.2024.