Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abschnitt. Ursachen.

Um also den Nachdrukk in den kleinsten Faserröhrgen
zu vermeren, nahmen einige berümte Männer an (k), es
erweitere sich das Ende eines Röhrgen in eine Blase, die
viel breiter, als das Röhrgen sei. Jndem diese leer ist,
und zusammengedrükkt wird, so hat sie eine nur geringe
Breite. Nunmehr dringt aber eine Flüßigkeit in selbige
ein, wovon sie ausgedehnt, und zu einer Kugel wird.
Hier wird nur in dem ausdehnenden Safte eine kleine
Kraft erfordert, da sich der Drukk auf die Seitenwände
der Blase um so viel grösser, als das Röhrgen gedenken
läst, als zur Ueberwältigung fast jedweden Gewichtes
nötig ist. Da sich aber die Blase zu einer Kugel auf-
bläht, so wird sie zugleich kürzer (l), und zwar nicht viel
über den dritten Theil ihrer Länge, und es steiget ihr
Gewichte, welches am blinden Ende hängt, in die Höhe;
dieses blinde Ende aber stekkt, nach dieser Hipotese, in der
Sehne. Sie verwandelt sich aber beinahe in eine völlige
Kugel (m), weil das Flüssige in einen gleich dehnbaren
Cilinder fällt, und selbigen von allen Seiten mit gleich-
mäßiger Stärke ausdehnt.

Die Sache ist an sich selbst wahr, und es konnte
Boyle (n) sein Paradoxon leicht erweislich machen.
Man hat selbiges auch durch vielfache Erfarungen bestä-
tigt. Man macht ein würfliches Wasserbehältnis, das
von allen Seiten mit Stalplatten eingeschlossen ist, und

man
(k) [Spaltenumbruch] ASTRUC. in MAN-
GETTI
theatr. et de motu
musc. Monsp.
1718. 12. Doch
hat MANGETTUS den Astruc
in etwas verändert.
(l) pag. 473. ASTRUC ap.
MANG. p.
30. 31.
(m) BERNOULLI mot.
[Spaltenumbruch] musc. pag. 12. sqq. HAMBER-
GER
pag.
597.
(n) MARIOTTE tract. du
mouvem. des eaux p. 368 tab. 14.
f. 20. ed. Batav. WOLF
nüzz-
liche Versuche, T. III. n. 69. T. I.
n. 53. Elem. hydrostat. theor. 13.
s' GRAVEZANDE n. 1451.
1452. T. 47. f. 5. MUSSCHEN-
BROECK essays n.
731.
H. Phisiol. 5. B. L
III. Abſchnitt. Urſachen.

Um alſo den Nachdrukk in den kleinſten Faſerroͤhrgen
zu vermeren, nahmen einige beruͤmte Maͤnner an (k), es
erweitere ſich das Ende eines Roͤhrgen in eine Blaſe, die
viel breiter, als das Roͤhrgen ſei. Jndem dieſe leer iſt,
und zuſammengedruͤkkt wird, ſo hat ſie eine nur geringe
Breite. Nunmehr dringt aber eine Fluͤßigkeit in ſelbige
ein, wovon ſie ausgedehnt, und zu einer Kugel wird.
Hier wird nur in dem ausdehnenden Safte eine kleine
Kraft erfordert, da ſich der Drukk auf die Seitenwaͤnde
der Blaſe um ſo viel groͤſſer, als das Roͤhrgen gedenken
laͤſt, als zur Ueberwaͤltigung faſt jedweden Gewichtes
noͤtig iſt. Da ſich aber die Blaſe zu einer Kugel auf-
blaͤht, ſo wird ſie zugleich kuͤrzer (l), und zwar nicht viel
uͤber den dritten Theil ihrer Laͤnge, und es ſteiget ihr
Gewichte, welches am blinden Ende haͤngt, in die Hoͤhe;
dieſes blinde Ende aber ſtekkt, nach dieſer Hipoteſe, in der
Sehne. Sie verwandelt ſich aber beinahe in eine voͤllige
Kugel (m), weil das Fluͤſſige in einen gleich dehnbaren
Cilinder faͤllt, und ſelbigen von allen Seiten mit gleich-
maͤßiger Staͤrke ausdehnt.

Die Sache iſt an ſich ſelbſt wahr, und es konnte
Boyle (n) ſein Paradoxon leicht erweislich machen.
Man hat ſelbiges auch durch vielfache Erfarungen beſtaͤ-
tigt. Man macht ein wuͤrfliches Waſſerbehaͤltnis, das
von allen Seiten mit Stalplatten eingeſchloſſen iſt, und

man
(k) [Spaltenumbruch] ASTRUC. in MAN-
GETTI
theatr. et de motu
muſc. Monſp.
1718. 12. Doch
hat MANGETTUS den Aſtruc
in etwas veraͤndert.
(l) pag. 473. ASTRUC ap.
MANG. p.
30. 31.
(m) BERNOULLI mot.
[Spaltenumbruch] muſc. pag. 12. ſqq. HAMBER-
GER
pag.
597.
(n) MARIOTTE tract. du
mouvem. des eaux p. 368 tab. 14.
f. 20. ed. Batav. WOLF
nuͤzz-
liche Verſuche, T. III. n. 69. T. I.
n. 53. Elem. hydroſtat. theor. 13.
ſ’ GRAVEZANDE n. 1451.
1452. T. 47. f. 5. MUSSCHEN-
BROECK eſſays n.
731.
H. Phiſiol. 5. B. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0179" n="161"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Ur&#x017F;achen.</hi> </fw><lb/>
          <p>Um al&#x017F;o den Nachdrukk in den klein&#x017F;ten Fa&#x017F;erro&#x0364;hrgen<lb/>
zu vermeren, nahmen einige beru&#x0364;mte Ma&#x0364;nner an <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ASTRUC.</hi> in <hi rendition="#g">MAN-<lb/>
GETTI</hi> theatr. et de motu<lb/>
mu&#x017F;c. Mon&#x017F;p.</hi> 1718. 12. Doch<lb/>
hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MANGETTUS</hi></hi> den <hi rendition="#aq">A&#x017F;truc</hi><lb/>
in etwas vera&#x0364;ndert.</note>, es<lb/>
erweitere &#x017F;ich das Ende eines Ro&#x0364;hrgen in eine Bla&#x017F;e, die<lb/>
viel breiter, als das Ro&#x0364;hrgen &#x017F;ei. Jndem die&#x017F;e leer i&#x017F;t,<lb/>
und zu&#x017F;ammengedru&#x0364;kkt wird, &#x017F;o hat &#x017F;ie eine nur geringe<lb/>
Breite. Nunmehr dringt aber eine Flu&#x0364;ßigkeit in &#x017F;elbige<lb/>
ein, wovon &#x017F;ie ausgedehnt, und zu einer Kugel wird.<lb/>
Hier wird nur in dem ausdehnenden Safte eine kleine<lb/>
Kraft erfordert, da &#x017F;ich der Drukk auf die Seitenwa&#x0364;nde<lb/>
der Bla&#x017F;e um &#x017F;o viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, als das Ro&#x0364;hrgen gedenken<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t, als zur Ueberwa&#x0364;ltigung fa&#x017F;t jedweden Gewichtes<lb/>
no&#x0364;tig i&#x017F;t. Da &#x017F;ich aber die Bla&#x017F;e zu einer Kugel auf-<lb/>
bla&#x0364;ht, &#x017F;o wird &#x017F;ie zugleich ku&#x0364;rzer <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">pag. 473. <hi rendition="#g">ASTRUC</hi> ap.<lb/><hi rendition="#g">MANG.</hi> p.</hi> 30. 31.</note>, und zwar nicht viel<lb/>
u&#x0364;ber den dritten Theil ihrer La&#x0364;nge, und es &#x017F;teiget ihr<lb/>
Gewichte, welches am blinden Ende ha&#x0364;ngt, in die Ho&#x0364;he;<lb/>
die&#x017F;es blinde Ende aber &#x017F;tekkt, nach die&#x017F;er Hipote&#x017F;e, in der<lb/>
Sehne. Sie verwandelt &#x017F;ich aber beinahe in eine vo&#x0364;llige<lb/>
Kugel <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BERNOULLI</hi> mot.<lb/><cb/>
mu&#x017F;c. pag. 12. &#x017F;qq. <hi rendition="#g">HAMBER-<lb/>
GER</hi> pag.</hi> 597.</note>, weil das Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige in einen gleich dehnbaren<lb/>
Cilinder fa&#x0364;llt, und &#x017F;elbigen von allen Seiten mit gleich-<lb/>
ma&#x0364;ßiger Sta&#x0364;rke ausdehnt.</p><lb/>
          <p>Die Sache i&#x017F;t an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wahr, und es konnte<lb/><hi rendition="#fr">Boyle</hi> <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MARIOTTE</hi> tract. du<lb/>
mouvem. des eaux p. 368 tab. 14.<lb/>
f. 20. ed. Batav. <hi rendition="#g">WOLF</hi></hi> nu&#x0364;zz-<lb/>
liche Ver&#x017F;uche, <hi rendition="#aq">T. III. n. 69. T. I.<lb/>
n. 53. Elem. hydro&#x017F;tat. theor. 13.<lb/>
&#x017F;&#x2019; <hi rendition="#g">GRAVEZANDE</hi> n. 1451.<lb/>
1452. T. 47. f. 5. MUSSCHEN-<lb/>
BROECK e&#x017F;&#x017F;ays n.</hi> 731.</note> &#x017F;ein Paradoxon leicht erweislich machen.<lb/>
Man hat &#x017F;elbiges auch durch vielfache Erfarungen be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigt. Man macht ein wu&#x0364;rfliches Wa&#x017F;&#x017F;erbeha&#x0364;ltnis, das<lb/>
von allen Seiten mit Stalplatten einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H. Phi&#x017F;iol. 5. B.</hi> L</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0179] III. Abſchnitt. Urſachen. Um alſo den Nachdrukk in den kleinſten Faſerroͤhrgen zu vermeren, nahmen einige beruͤmte Maͤnner an (k), es erweitere ſich das Ende eines Roͤhrgen in eine Blaſe, die viel breiter, als das Roͤhrgen ſei. Jndem dieſe leer iſt, und zuſammengedruͤkkt wird, ſo hat ſie eine nur geringe Breite. Nunmehr dringt aber eine Fluͤßigkeit in ſelbige ein, wovon ſie ausgedehnt, und zu einer Kugel wird. Hier wird nur in dem ausdehnenden Safte eine kleine Kraft erfordert, da ſich der Drukk auf die Seitenwaͤnde der Blaſe um ſo viel groͤſſer, als das Roͤhrgen gedenken laͤſt, als zur Ueberwaͤltigung faſt jedweden Gewichtes noͤtig iſt. Da ſich aber die Blaſe zu einer Kugel auf- blaͤht, ſo wird ſie zugleich kuͤrzer (l), und zwar nicht viel uͤber den dritten Theil ihrer Laͤnge, und es ſteiget ihr Gewichte, welches am blinden Ende haͤngt, in die Hoͤhe; dieſes blinde Ende aber ſtekkt, nach dieſer Hipoteſe, in der Sehne. Sie verwandelt ſich aber beinahe in eine voͤllige Kugel (m), weil das Fluͤſſige in einen gleich dehnbaren Cilinder faͤllt, und ſelbigen von allen Seiten mit gleich- maͤßiger Staͤrke ausdehnt. Die Sache iſt an ſich ſelbſt wahr, und es konnte Boyle (n) ſein Paradoxon leicht erweislich machen. Man hat ſelbiges auch durch vielfache Erfarungen beſtaͤ- tigt. Man macht ein wuͤrfliches Waſſerbehaͤltnis, das von allen Seiten mit Stalplatten eingeſchloſſen iſt, und man (k) ASTRUC. in MAN- GETTI theatr. et de motu muſc. Monſp. 1718. 12. Doch hat MANGETTUS den Aſtruc in etwas veraͤndert. (l) pag. 473. ASTRUC ap. MANG. p. 30. 31. (m) BERNOULLI mot. muſc. pag. 12. ſqq. HAMBER- GER pag. 597. (n) MARIOTTE tract. du mouvem. des eaux p. 368 tab. 14. f. 20. ed. Batav. WOLF nuͤzz- liche Verſuche, T. III. n. 69. T. I. n. 53. Elem. hydroſtat. theor. 13. ſ’ GRAVEZANDE n. 1451. 1452. T. 47. f. 5. MUSSCHEN- BROECK eſſays n. 731. H. Phiſiol. 5. B. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/179
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/179>, abgerufen am 01.05.2024.