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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Gehör. XV. Buch.

Dieses zeiget erstlich die Art zu hören deutlich, ver-
möge der auch taube Personen hören können. Es kön-
nen nämlich diejenigen, welche durch die Ohren keine
Thöne hören können, dennoch hören, wenn sie z. E. einen
eisernen Stab zwischen die Zähne nehmen, und derjenige,
welcher mit ihnen reden will, an den Stab schlägt (p*).
Auf solche Art wird der Kranke den Schall des schwan-
kenden Eisens empfinden, und es wird eben dieses ge-
schehen, wofern er ein musikalisches Jnstrument mit
den Zähnen hält. Schwerhörende können sehr gut die
Worte eines Redenden durch einen Stab, den der Re-
dende und Hörende mit den Zähnen ergreift, verneh-
men (q), und aus diesem Versuche ist die Methode |er-
wachsen, Taube hören zu lehren. Es muß aber hier-
bei, der da hören will, die obere Zähne dazu anwenden,
und der Redner das Jnstrument im Munde halten (r).
Wer mit verstopften Ohren ein Jnstrument mit einem
Stabe berührt (r*), der wird, wenn dieses klingt, die
Thöne der Musik vermittelst der Zähne hören. Man
kann eine auf das Ende eines Stabes gelegte Uhr, sehr
wohl gehen hören, wofern man den Stab zwischen den
Zähnen hält, nicht aber ohne Zähne (s). Taube kön-
nen durch ein Horn hören, wenn sie dieses in den Mund
nehmen (s*), und sie vernehmen das Gehen einer Uhr,
wenn sie solche im Munde halten (s**). Ein Tauber

konnte,
(p*) [Spaltenumbruch] porta Mag. natur. L. XX.
C. I.
Er redet hier de rastro
INGRASSIAS, de ossib. p. 97.
DUVERNEY, p. 88. SCHEL-
HAMMER, p. 258. KIRCHER,
musurg. II. 559. BOERHAAVE,
praelect. T. IV. p.
415.
(q) act. erud. ann. 1760. pag.
38. Comm. nor. 1743. hebd.
12.
(r) IORISSEN, diss. sistens
nov. meth. surdos reddendi au-
dientes physic. et medic. rat.
[Spaltenumbruch] Hall. & BAUMER. in diss. de
methodo surdos a nativitate fa-
ciendi audientes & loquentes
ERFURT,
1749. nachdem man
den Versuch an einem Taubge-
borneu gemacht.
(r*) F. M. HELMONT para-
dox discurs II. p.
73.
(s) act. erud. l. c. p. 37.
(s*) WELSCH, episagm.
obs.
24.
(s**) BUFFON, Histor. na-
tur. T. II. p.
345.
Das Gehoͤr. XV. Buch.

Dieſes zeiget erſtlich die Art zu hoͤren deutlich, ver-
moͤge der auch taube Perſonen hoͤren koͤnnen. Es koͤn-
nen naͤmlich diejenigen, welche durch die Ohren keine
Thoͤne hoͤren koͤnnen, dennoch hoͤren, wenn ſie z. E. einen
eiſernen Stab zwiſchen die Zaͤhne nehmen, und derjenige,
welcher mit ihnen reden will, an den Stab ſchlaͤgt (p*).
Auf ſolche Art wird der Kranke den Schall des ſchwan-
kenden Eiſens empfinden, und es wird eben dieſes ge-
ſchehen, wofern er ein muſikaliſches Jnſtrument mit
den Zaͤhnen haͤlt. Schwerhoͤrende koͤnnen ſehr gut die
Worte eines Redenden durch einen Stab, den der Re-
dende und Hoͤrende mit den Zaͤhnen ergreift, verneh-
men (q), und aus dieſem Verſuche iſt die Methode |er-
wachſen, Taube hoͤren zu lehren. Es muß aber hier-
bei, der da hoͤren will, die obere Zaͤhne dazu anwenden,
und der Redner das Jnſtrument im Munde halten (r).
Wer mit verſtopften Ohren ein Jnſtrument mit einem
Stabe beruͤhrt (r*), der wird, wenn dieſes klingt, die
Thoͤne der Muſik vermittelſt der Zaͤhne hoͤren. Man
kann eine auf das Ende eines Stabes gelegte Uhr, ſehr
wohl gehen hoͤren, wofern man den Stab zwiſchen den
Zaͤhnen haͤlt, nicht aber ohne Zaͤhne (s). Taube koͤn-
nen durch ein Horn hoͤren, wenn ſie dieſes in den Mund
nehmen (s*), und ſie vernehmen das Gehen einer Uhr,
wenn ſie ſolche im Munde halten (s**). Ein Tauber

konnte,
(p*) [Spaltenumbruch] porta Mag. natur. L. XX.
C. I.
Er redet hier de raſtro
INGRASSIAS, de oſſib. p. 97.
DUVERNEY, p. 88. SCHEL-
HAMMER, p. 258. KIRCHER,
muſurg. II. 559. BOERHAAVE,
prælect. T. IV. p.
415.
(q) act. erud. ann. 1760. pag.
38. Comm. nor. 1743. hebd.
12.
(r) IORISSEN, diſſ. ſiſtens
nov. meth. ſurdos reddendi au-
dientes phyſic. et medic. rat.
[Spaltenumbruch] Hall. & BAUMER. in diſſ. de
methodo ſurdos a nativitate fa-
ciendi audientes & loquentes
ERFURT,
1749. nachdem man
den Verſuch an einem Taubge-
borneu gemacht.
(r*) F. M. HELMONT para-
dox diſcurs II. p.
73.
(s) act. erud. l. c. p. 37.
(s*) WELSCH, epiſagm.
obſ.
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tur. T. II. p.
345.
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[622/0640] Das Gehoͤr. XV. Buch. Dieſes zeiget erſtlich die Art zu hoͤren deutlich, ver- moͤge der auch taube Perſonen hoͤren koͤnnen. Es koͤn- nen naͤmlich diejenigen, welche durch die Ohren keine Thoͤne hoͤren koͤnnen, dennoch hoͤren, wenn ſie z. E. einen eiſernen Stab zwiſchen die Zaͤhne nehmen, und derjenige, welcher mit ihnen reden will, an den Stab ſchlaͤgt (p*). Auf ſolche Art wird der Kranke den Schall des ſchwan- kenden Eiſens empfinden, und es wird eben dieſes ge- ſchehen, wofern er ein muſikaliſches Jnſtrument mit den Zaͤhnen haͤlt. Schwerhoͤrende koͤnnen ſehr gut die Worte eines Redenden durch einen Stab, den der Re- dende und Hoͤrende mit den Zaͤhnen ergreift, verneh- men (q), und aus dieſem Verſuche iſt die Methode |er- wachſen, Taube hoͤren zu lehren. Es muß aber hier- bei, der da hoͤren will, die obere Zaͤhne dazu anwenden, und der Redner das Jnſtrument im Munde halten (r). Wer mit verſtopften Ohren ein Jnſtrument mit einem Stabe beruͤhrt (r*), der wird, wenn dieſes klingt, die Thoͤne der Muſik vermittelſt der Zaͤhne hoͤren. Man kann eine auf das Ende eines Stabes gelegte Uhr, ſehr wohl gehen hoͤren, wofern man den Stab zwiſchen den Zaͤhnen haͤlt, nicht aber ohne Zaͤhne (s). Taube koͤn- nen durch ein Horn hoͤren, wenn ſie dieſes in den Mund nehmen (s*), und ſie vernehmen das Gehen einer Uhr, wenn ſie ſolche im Munde halten (s**). Ein Tauber konnte, (p*) porta Mag. natur. L. XX. C. I. Er redet hier de raſtro INGRASSIAS, de oſſib. p. 97. DUVERNEY, p. 88. SCHEL- HAMMER, p. 258. KIRCHER, muſurg. II. 559. BOERHAAVE, prælect. T. IV. p. 415. (q) act. erud. ann. 1760. pag. 38. Comm. nor. 1743. hebd. 12. (r) IORISSEN, diſſ. ſiſtens nov. meth. ſurdos reddendi au- dientes phyſic. et medic. rat. Hall. & BAUMER. in diſſ. de methodo ſurdos a nativitate fa- ciendi audientes & loquentes ERFURT, 1749. nachdem man den Verſuch an einem Taubge- borneu gemacht. (r*) F. M. HELMONT para- dox diſcurs II. p. 73. (s) act. erud. l. c. p. 37. (s*) WELSCH, epiſagm. obſ. 24. (s**) BUFFON, Hiſtor. na- tur. T. II. p. 345.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/640>, abgerufen am 30.04.2024.