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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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III. Abschnitt. Speise und Trank.
nachdem man diese Materien inwendig fermentiren las-
sen, und endlich so gar aus Milch, wenigstens aus Pfer-
demilch (a). Alkohol ist eine Bleiminer (b), die Augen
zu malen. Jch weis nicht, ob man nicht dieses Wort seiner
Bedeutung nach, da es etwas vollkommnes ausdrükkt,
auf diese Erfindung der Araber übergetragen.

Es ist Wasser (c), welches eine verborgne Säure (d)
und viel Brennbares enthält, und wenn man Vitriolöl
dazu giest, so scheidet sich selbiges vom Wasser (d*). Er
ist so mit einem brennbaren Wesen angefüllt, daß er am
Feuer ganz und gar Flamme fängt, und ohne Ueberbleib-
sel zurükke zu lassen verbrennt, wenn man starken Wein-
geist (Alkohol) dazu gebraucht. Jn diesem Wasser stekkt
eine Menge berauschender Dämpfe, es macht daher, in ge-
ringerer Quantität, als Wein betrunken, einen stärkern
Taumel, welcher viel leichter, als der vom Wein tödten
kann. Jch habe davon einen traurigen Fall mit angese-
hen, an einem Wächter, dem einige Personen, die an
einer tödtlichen Wohllust ihr Vergnügen fanden, so viel zu
trinken gaben, als es ihm beliebte: es starb derselbe wä-
rend des Trinkens und indem er ihnen für ihre so gros-
mütige Freigebigkeit dankte (e). Man wird an einem
andern Orte zeigen, daß er sich im Magen von selbst ent-
flammt habe.

Der Weingeist erhizzt ungemein, und häuft das Blut
im Gehirn an. Er erregt folglich eine kurze Munter-

keit,
(a) [Spaltenumbruch] GMELIN Comm. Lit. Nov.
1732 hebd. 21. &c.
(b) SHAW trav. p. 294.
(c) BOYLE Chym. scept. P. II.
(d) Denn er brauset nicht mit
Potasche HENKEL Bergsucht
p.
49
(d*) HOFMANN de acido vi-
trioli vinoso.
(e) Ueber zwei Löffel vom Ge-
tränke Usquebaugh Baul, so aus
[Spaltenumbruch] Gerste auf der Jnsel Lewis ge-
macht wird, zu trinken, bringt den
Tod zuwege MARTIN Western
Island. p.
3. Der Tod in zwo
Stunden nach einem Schlukken,
von einem Qvart Brantwein To-
desfälle von zu häufigem Wein-
geiste. OLEAR It. Pers. n. 426.
Schneller Tod einer Hündin von
Kornbrantwein SCHLICHTING
l. c.

III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
nachdem man dieſe Materien inwendig fermentiren laſ-
ſen, und endlich ſo gar aus Milch, wenigſtens aus Pfer-
demilch (a). Alkohol iſt eine Bleiminer (b), die Augen
zu malen. Jch weis nicht, ob man nicht dieſes Wort ſeiner
Bedeutung nach, da es etwas vollkommnes ausdruͤkkt,
auf dieſe Erfindung der Araber uͤbergetragen.

Es iſt Waſſer (c), welches eine verborgne Saͤure (d)
und viel Brennbares enthaͤlt, und wenn man Vitrioloͤl
dazu gieſt, ſo ſcheidet ſich ſelbiges vom Waſſer (d*). Er
iſt ſo mit einem brennbaren Weſen angefuͤllt, daß er am
Feuer ganz und gar Flamme faͤngt, und ohne Ueberbleib-
ſel zuruͤkke zu laſſen verbrennt, wenn man ſtarken Wein-
geiſt (Alkohol) dazu gebraucht. Jn dieſem Waſſer ſtekkt
eine Menge berauſchender Daͤmpfe, es macht daher, in ge-
ringerer Quantitaͤt, als Wein betrunken, einen ſtaͤrkern
Taumel, welcher viel leichter, als der vom Wein toͤdten
kann. Jch habe davon einen traurigen Fall mit angeſe-
hen, an einem Waͤchter, dem einige Perſonen, die an
einer toͤdtlichen Wohlluſt ihr Vergnuͤgen fanden, ſo viel zu
trinken gaben, als es ihm beliebte: es ſtarb derſelbe waͤ-
rend des Trinkens und indem er ihnen fuͤr ihre ſo gros-
muͤtige Freigebigkeit dankte (e). Man wird an einem
andern Orte zeigen, daß er ſich im Magen von ſelbſt ent-
flammt habe.

Der Weingeiſt erhizzt ungemein, und haͤuft das Blut
im Gehirn an. Er erregt folglich eine kurze Munter-

keit,
(a) [Spaltenumbruch] GMELIN Comm. Lit. Nov.
1732 hebd. 21. &c.
(b) SHAW trav. p. 294.
(c) BOYLE Chym. ſcept. P. II.
(d) Denn er brauſet nicht mit
Potaſche HENKEL Bergſucht
p.
49
(d*) HOFMANN de acido vi-
trioli vinoſo.
(e) Ueber zwei Loͤffel vom Ge-
traͤnke Usquebaugh Baul, ſo aus
[Spaltenumbruch] Gerſte auf der Jnſel Lewis ge-
macht wird, zu trinken, bringt den
Tod zuwege MARTIN Weſtern
Island. p.
3. Der Tod in zwo
Stunden nach einem Schlukken,
von einem Qvart Brantwein To-
desfaͤlle von zu haͤufigem Wein-
geiſte. OLEAR It. Perſ. n. 426.
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Kornbrantwein SCHLICHTING
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[365[381]/0401] III. Abſchnitt. Speiſe und Trank. nachdem man dieſe Materien inwendig fermentiren laſ- ſen, und endlich ſo gar aus Milch, wenigſtens aus Pfer- demilch (a). Alkohol iſt eine Bleiminer (b), die Augen zu malen. Jch weis nicht, ob man nicht dieſes Wort ſeiner Bedeutung nach, da es etwas vollkommnes ausdruͤkkt, auf dieſe Erfindung der Araber uͤbergetragen. Es iſt Waſſer (c), welches eine verborgne Saͤure (d) und viel Brennbares enthaͤlt, und wenn man Vitrioloͤl dazu gieſt, ſo ſcheidet ſich ſelbiges vom Waſſer (d*). Er iſt ſo mit einem brennbaren Weſen angefuͤllt, daß er am Feuer ganz und gar Flamme faͤngt, und ohne Ueberbleib- ſel zuruͤkke zu laſſen verbrennt, wenn man ſtarken Wein- geiſt (Alkohol) dazu gebraucht. Jn dieſem Waſſer ſtekkt eine Menge berauſchender Daͤmpfe, es macht daher, in ge- ringerer Quantitaͤt, als Wein betrunken, einen ſtaͤrkern Taumel, welcher viel leichter, als der vom Wein toͤdten kann. Jch habe davon einen traurigen Fall mit angeſe- hen, an einem Waͤchter, dem einige Perſonen, die an einer toͤdtlichen Wohlluſt ihr Vergnuͤgen fanden, ſo viel zu trinken gaben, als es ihm beliebte: es ſtarb derſelbe waͤ- rend des Trinkens und indem er ihnen fuͤr ihre ſo gros- muͤtige Freigebigkeit dankte (e). Man wird an einem andern Orte zeigen, daß er ſich im Magen von ſelbſt ent- flammt habe. Der Weingeiſt erhizzt ungemein, und haͤuft das Blut im Gehirn an. Er erregt folglich eine kurze Munter- keit, (a) GMELIN Comm. Lit. Nov. 1732 hebd. 21. &c. (b) SHAW trav. p. 294. (c) BOYLE Chym. ſcept. P. II. (d) Denn er brauſet nicht mit Potaſche HENKEL Bergſucht p. 49 (d*) HOFMANN de acido vi- trioli vinoſo. (e) Ueber zwei Loͤffel vom Ge- traͤnke Usquebaugh Baul, ſo aus Gerſte auf der Jnſel Lewis ge- macht wird, zu trinken, bringt den Tod zuwege MARTIN Weſtern Island. p. 3. Der Tod in zwo Stunden nach einem Schlukken, von einem Qvart Brantwein To- desfaͤlle von zu haͤufigem Wein- geiſte. OLEAR It. Perſ. n. 426. Schneller Tod einer Huͤndin von Kornbrantwein SCHLICHTING l. c.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 365[381]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/401>, abgerufen am 27.04.2024.