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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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V. Abschn. Ursachen der Verdauung.
wenden, um aus Fleisch eine Narungsmilch zu kochen (k).
Verheyen fand, daß solches nicht angieng, ob er gleich
dieser Meinung nicht eben abgeneigt war (l).

Jndessen behauptete doch vorlängst Helmont, der
Menschenmagen habe sein besonderes saures Ferment,
welches von aller mineralischen Säure verschieden wä-
re (m) und daß die Speisegährung anders, als diejeni-
ge beschaffen sei, woraus Weingeist wird (n) und daß in
unsern Gefässen keine Säure herrschte (o). Hieraus
erhellet nämlich, Kraft dessen, welches wir vorausgesezzt,
daß zwar die Säure eine Ausartung der Speise sei, die
oft vorkommt (p) aber dennoch immer eine Ausartung
heisse, welche nichts für den Menschen natürliches sei,
weil das Alkalische unserm Wesen schon gemässer ist (q).
Die Säure macht auch thierische Fasern vielmehr hart,
und erhält sie, wie die Zergliederer das Fleisch zu ihren
Arbeiten in Alaunwasser oder Eßig, um solches nach
und nach zu untersuchen, conserviren; Oel löset die
Säure so wenig auf, daß sie solches vielmehr verdikkt,
und dennoch besteht ein grosser Theil unsers Alimentes
aus Fett, welches man von gesunden Menschen niemals
in seiner natürlichen Art abgehen sieht. Es ist endlich
aus Versuchen bekannt (r), daß die Säure nur eine kur-
ze Zeit im Magen zu verweilen habe, hingegen die Fäul-
nis geschwinde an ihre Stelle trete.

Wem es beliebt, mag andre, die diesem wider-
sprechen, nachschlagen (s).

§. 3.
(k) [Spaltenumbruch] LEIGH. Phil. trans. n. 162.
(l) L. II. p. 266.
(m) Sextupl. digest. n. 14.
(n) Spirit. vit. p. 157.
(o) HELMONT. pleur. fur.
n.
14. 15. 16. 17. 18.
(p) p. 315. seqq.
(q) L. V. p. 84.
(r) [Spaltenumbruch] p. 321.
(s) VALISNERI Galer. di Mi-
nerv. T. VI. p. 86. GEORGI de
homine p. 77. seq. HECQUET.
de la digest. le FRANCOIS re-
flex. crit. p. 310. 311. L. a CA-
POA I. c. p. 52. sq.

V. Abſchn. Urſachen der Verdauung.
wenden, um aus Fleiſch eine Narungsmilch zu kochen (k).
Verheyen fand, daß ſolches nicht angieng, ob er gleich
dieſer Meinung nicht eben abgeneigt war (l).

Jndeſſen behauptete doch vorlaͤngſt Helmont, der
Menſchenmagen habe ſein beſonderes ſaures Ferment,
welches von aller mineraliſchen Saͤure verſchieden waͤ-
re (m) und daß die Speiſegaͤhrung anders, als diejeni-
ge beſchaffen ſei, woraus Weingeiſt wird (n) und daß in
unſern Gefaͤſſen keine Saͤure herrſchte (o). Hieraus
erhellet naͤmlich, Kraft deſſen, welches wir vorausgeſezzt,
daß zwar die Saͤure eine Ausartung der Speiſe ſei, die
oft vorkommt (p) aber dennoch immer eine Ausartung
heiſſe, welche nichts fuͤr den Menſchen natuͤrliches ſei,
weil das Alkaliſche unſerm Weſen ſchon gemaͤſſer iſt (q).
Die Saͤure macht auch thieriſche Faſern vielmehr hart,
und erhaͤlt ſie, wie die Zergliederer das Fleiſch zu ihren
Arbeiten in Alaunwaſſer oder Eßig, um ſolches nach
und nach zu unterſuchen, conſerviren; Oel loͤſet die
Saͤure ſo wenig auf, daß ſie ſolches vielmehr verdikkt,
und dennoch beſteht ein groſſer Theil unſers Alimentes
aus Fett, welches man von geſunden Menſchen niemals
in ſeiner natuͤrlichen Art abgehen ſieht. Es iſt endlich
aus Verſuchen bekannt (r), daß die Saͤure nur eine kur-
ze Zeit im Magen zu verweilen habe, hingegen die Faͤul-
nis geſchwinde an ihre Stelle trete.

Wem es beliebt, mag andre, die dieſem wider-
ſprechen, nachſchlagen (s).

§. 3.
(k) [Spaltenumbruch] LEIGH. Phil. tranſ. n. 162.
(l) L. II. p. 266.
(m) Sextupl. digeſt. n. 14.
(n) Spirit. vit. p. 157.
(o) HELMONT. pleur. fur.
n.
14. 15. 16. 17. 18.
(p) p. 315. ſeqq.
(q) L. V. p. 84.
(r) [Spaltenumbruch] p. 321.
(s) VALISNERI Galer. di Mi-
nerv. T. VI. p. 86. GEORGI de
homine p. 77. ſeq. HECQUET.
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[479[495]/0515] V. Abſchn. Urſachen der Verdauung. wenden, um aus Fleiſch eine Narungsmilch zu kochen (k). Verheyen fand, daß ſolches nicht angieng, ob er gleich dieſer Meinung nicht eben abgeneigt war (l). Jndeſſen behauptete doch vorlaͤngſt Helmont, der Menſchenmagen habe ſein beſonderes ſaures Ferment, welches von aller mineraliſchen Saͤure verſchieden waͤ- re (m) und daß die Speiſegaͤhrung anders, als diejeni- ge beſchaffen ſei, woraus Weingeiſt wird (n) und daß in unſern Gefaͤſſen keine Saͤure herrſchte (o). Hieraus erhellet naͤmlich, Kraft deſſen, welches wir vorausgeſezzt, daß zwar die Saͤure eine Ausartung der Speiſe ſei, die oft vorkommt (p) aber dennoch immer eine Ausartung heiſſe, welche nichts fuͤr den Menſchen natuͤrliches ſei, weil das Alkaliſche unſerm Weſen ſchon gemaͤſſer iſt (q). Die Saͤure macht auch thieriſche Faſern vielmehr hart, und erhaͤlt ſie, wie die Zergliederer das Fleiſch zu ihren Arbeiten in Alaunwaſſer oder Eßig, um ſolches nach und nach zu unterſuchen, conſerviren; Oel loͤſet die Saͤure ſo wenig auf, daß ſie ſolches vielmehr verdikkt, und dennoch beſteht ein groſſer Theil unſers Alimentes aus Fett, welches man von geſunden Menſchen niemals in ſeiner natuͤrlichen Art abgehen ſieht. Es iſt endlich aus Verſuchen bekannt (r), daß die Saͤure nur eine kur- ze Zeit im Magen zu verweilen habe, hingegen die Faͤul- nis geſchwinde an ihre Stelle trete. Wem es beliebt, mag andre, die dieſem wider- ſprechen, nachſchlagen (s). §. 3. (k) LEIGH. Phil. tranſ. n. 162. (l) L. II. p. 266. (m) Sextupl. digeſt. n. 14. (n) Spirit. vit. p. 157. (o) HELMONT. pleur. fur. n. 14. 15. 16. 17. 18. (p) p. 315. ſeqq. (q) L. V. p. 84. (r) p. 321. (s) VALISNERI Galer. di Mi- nerv. T. VI. p. 86. GEORGI de homine p. 77. ſeq. HECQUET. de la digeſt. le FRANCOIS re- flex. crit. p. 310. 311. L. a CA- POA I. c. p. 52. ſq.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 479[495]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/515>, abgerufen am 30.04.2024.