Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeugungstheile, XXVII. Buch.
keine Thierchen, sondern gewisse organische Theilchen sind,
deren viele zu einem einzigen Thiere zusammen wachsen
müßten. Folglich müssen wir genaue Acht geben, um
nichts zu übergehen, was uns zur Wahrheit leiten könnte.

Daß es Thierchen wären, daran zweifelte Leeuwen-
hök
nicht im geringsten. Sie bewegen sich nämlich je-
derzeit, so lange sie leben und munter sind(a), und sie
liegen, nachdem sie die Bewegung verlohren, eben so
stille, ohne jemals wieder in Bewegung zu gerathen.

Es ist dieses ferner keine Bewegung solcher Theilchen,
welche in der Saamenflüßigkeit, ohne Absicht und ohne
einen Willen herum schwimmen (a*). Denn sie rudern
weiter, strömen gerades weges gegen deutliche Stellen
zu (b); wenden ihre Richtung und kommen an gegensei-
tige Ufer zurükk geschwommen (c), nehmen andre Rich-
tungen an (c*), begegnen sich einander (d), und trennen
sich wieder (e), schwimmen vor einander vorbei (f), wei-
chen sich und ihren gegenseitigen Wellen aus (f*), jedes
verfolgt seine eigene Bahn (f**), und strömen mit ihres

gleichen
(a) [Spaltenumbruch] Anat. et contempl. II. pag.
168. VERHEYEN. suppl. p. 68.
LEDERMULLER p. 11. KAAUW.
n.
96.
(a*) Beobachten immer einerlei
Richtung HALLE p. 74. bewegen
sich beständig ohne Ruhe und Be-
schleunigung BUFFON. II. p. 266.
doch dies haben andre anders ge-
sehen.
(b) Epist. physiolog. p. 281.
(c) NICOLAI erzeug. n. 21.
LEDERMULLER p.
18.
(c*) LEDERM ebenda.
(d) LEEUWENH. Epist. 103.
p.
144. Vor weniger Zeit sind mir
durch die Gefälligkeit des berühm-
ten Autors, die mikroskopische
Beobachtungen des Lazari SPAL-
LANZANI,
in die Hände gekom-
men. Viele darunter gehören hie-
[Spaltenumbruch] her. Er bestätigt, daß die Thier-
chen, im Wasser, worinnen dieser
berühmte Mann verschiedne Saa-
men, und hernach auch Fleisch
macerirte, wirkliche Thierchen wä-
ren, mit weitläuftigen Gründen,
indem er ihre freiwillige Bewegung,
ihre Ausweichungen bei Hinder-
nissen, ihre schnelle Umlenkung nach
andern Richtungen, ihr Schwim-
men gegen den Strom, ihre, nach
einiger Ruhe, wieder angefangene
Bewegung, selbst die Lust zur Spei-
se, und deren wirkliche Geniessung,
mit Augen gesehen.
(e) Ibid. et contempl. arcan.
natur.
oder T. III. p. 284. WOLF.
(f) KAAUW. n. 96.
(f*) Der Uebersezzer NEED-
HAMII p.
68.
(f**) LEDERMULLER p. 18.

Zeugungstheile, XXVII. Buch.
keine Thierchen, ſondern gewiſſe organiſche Theilchen ſind,
deren viele zu einem einzigen Thiere zuſammen wachſen
muͤßten. Folglich muͤſſen wir genaue Acht geben, um
nichts zu uͤbergehen, was uns zur Wahrheit leiten koͤnnte.

Daß es Thierchen waͤren, daran zweifelte Leeuwen-
hoͤk
nicht im geringſten. Sie bewegen ſich naͤmlich je-
derzeit, ſo lange ſie leben und munter ſind(a), und ſie
liegen, nachdem ſie die Bewegung verlohren, eben ſo
ſtille, ohne jemals wieder in Bewegung zu gerathen.

Es iſt dieſes ferner keine Bewegung ſolcher Theilchen,
welche in der Saamenfluͤßigkeit, ohne Abſicht und ohne
einen Willen herum ſchwimmen (a*). Denn ſie rudern
weiter, ſtroͤmen gerades weges gegen deutliche Stellen
zu (b); wenden ihre Richtung und kommen an gegenſei-
tige Ufer zuruͤkk geſchwommen (c), nehmen andre Rich-
tungen an (c*), begegnen ſich einander (d), und trennen
ſich wieder (e), ſchwimmen vor einander vorbei (f), wei-
chen ſich und ihren gegenſeitigen Wellen aus (f*), jedes
verfolgt ſeine eigene Bahn (f**), und ſtroͤmen mit ihres

gleichen
(a) [Spaltenumbruch] Anat. et contempl. II. pag.
168. VERHEYEN. ſuppl. p. 68.
LEDERMULLER p. 11. KAAUW.
n.
96.
(a*) Beobachten immer einerlei
Richtung HALLE p. 74. bewegen
ſich beſtaͤndig ohne Ruhe und Be-
ſchleunigung BUFFON. II. p. 266.
doch dies haben andre anders ge-
ſehen.
(b) Epiſt. phyſiolog. p. 281.
(c) NICOLAI erzeug. n. 21.
LEDERMULLER p.
18.
(c*) LEDERM ebenda.
(d) LEEUWENH. Epiſt. 103.
p.
144. Vor weniger Zeit ſind mir
durch die Gefaͤlligkeit des beruͤhm-
ten Autors, die mikroſkopiſche
Beobachtungen des Lazari SPAL-
LANZANI,
in die Haͤnde gekom-
men. Viele darunter gehoͤren hie-
[Spaltenumbruch] her. Er beſtaͤtigt, daß die Thier-
chen, im Waſſer, worinnen dieſer
beruͤhmte Mann verſchiedne Saa-
men, und hernach auch Fleiſch
macerirte, wirkliche Thierchen waͤ-
ren, mit weitlaͤuftigen Gruͤnden,
indem er ihre freiwillige Bewegung,
ihre Ausweichungen bei Hinder-
niſſen, ihre ſchnelle Umlenkung nach
andern Richtungen, ihr Schwim-
men gegen den Strom, ihre, nach
einiger Ruhe, wieder angefangene
Bewegung, ſelbſt die Luſt zur Spei-
ſe, und deren wirkliche Genieſſung,
mit Augen geſehen.
(e) Ibid. et contempl. arcan.
natur.
oder T. III. p. 284. WOLF.
(f) KAAUW. n. 96.
(f*) Der Ueberſezzer NEED-
HAMII p.
68.
(f**) LEDERMULLER p. 18.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0810" n="774"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zeugungstheile, <hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
keine Thierchen, &#x017F;ondern gewi&#x017F;&#x017F;e organi&#x017F;che Theilchen &#x017F;ind,<lb/>
deren viele zu einem einzigen Thiere zu&#x017F;ammen wach&#x017F;en<lb/>
mu&#x0364;ßten. Folglich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir genaue Acht geben, um<lb/>
nichts zu u&#x0364;bergehen, was uns zur Wahrheit leiten ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
              <p>Daß es Thierchen wa&#x0364;ren, daran zweifelte <hi rendition="#fr">Leeuwen-<lb/>
ho&#x0364;k</hi> nicht im gering&#x017F;ten. Sie bewegen &#x017F;ich na&#x0364;mlich je-<lb/>
derzeit, &#x017F;o lange &#x017F;ie leben und munter &#x017F;ind<note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">Anat. et contempl. II. pag.<lb/>
168. VERHEYEN. &#x017F;uppl. p. 68.<lb/>
LEDERMULLER p. 11. KAAUW.<lb/>
n.</hi> 96.</note>, und &#x017F;ie<lb/>
liegen, nachdem &#x017F;ie die Bewegung verlohren, eben &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tille, ohne jemals wieder in Bewegung zu gerathen.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t die&#x017F;es ferner keine Bewegung &#x017F;olcher Theilchen,<lb/>
welche in der Saamenflu&#x0364;ßigkeit, ohne Ab&#x017F;icht und ohne<lb/>
einen Willen herum &#x017F;chwimmen <note place="foot" n="(a*)">Beobachten immer einerlei<lb/>
Richtung <hi rendition="#aq">HALLE p.</hi> 74. bewegen<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig ohne Ruhe und Be-<lb/>
&#x017F;chleunigung <hi rendition="#aq">BUFFON. II. p.</hi> 266.<lb/>
doch dies haben andre anders ge-<lb/>
&#x017F;ehen.</note>. Denn &#x017F;ie rudern<lb/>
weiter, &#x017F;tro&#x0364;men gerades weges gegen deutliche Stellen<lb/>
zu <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Epi&#x017F;t. phy&#x017F;iolog. p.</hi> 281.</note>; wenden ihre Richtung und kommen an gegen&#x017F;ei-<lb/>
tige Ufer zuru&#x0364;kk ge&#x017F;chwommen <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">NICOLAI erzeug. n. 21.<lb/>
LEDERMULLER p.</hi> 18.</note>, nehmen andre Rich-<lb/>
tungen an <note place="foot" n="(c*)"><hi rendition="#aq">LEDERM</hi> ebenda.</note>, begegnen &#x017F;ich einander <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">LEEUWENH. Epi&#x017F;t. 103.<lb/>
p.</hi> 144. Vor weniger Zeit &#x017F;ind mir<lb/>
durch die Gefa&#x0364;lligkeit des beru&#x0364;hm-<lb/>
ten Autors, die mikro&#x017F;kopi&#x017F;che<lb/>
Beobachtungen des <hi rendition="#aq">Lazari SPAL-<lb/>
LANZANI,</hi> in die Ha&#x0364;nde gekom-<lb/>
men. Viele darunter geho&#x0364;ren hie-<lb/><cb/>
her. Er be&#x017F;ta&#x0364;tigt, daß die Thier-<lb/>
chen, im Wa&#x017F;&#x017F;er, worinnen die&#x017F;er<lb/>
beru&#x0364;hmte Mann ver&#x017F;chiedne Saa-<lb/>
men, und hernach auch Flei&#x017F;ch<lb/>
macerirte, wirkliche Thierchen wa&#x0364;-<lb/>
ren, mit weitla&#x0364;uftigen Gru&#x0364;nden,<lb/>
indem er ihre freiwillige Bewegung,<lb/>
ihre Ausweichungen bei Hinder-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en, ihre &#x017F;chnelle Umlenkung nach<lb/>
andern Richtungen, ihr Schwim-<lb/>
men gegen den Strom, ihre, nach<lb/>
einiger Ruhe, wieder angefangene<lb/>
Bewegung, &#x017F;elb&#x017F;t die Lu&#x017F;t zur Spei-<lb/>
&#x017F;e, und deren wirkliche Genie&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
mit Augen ge&#x017F;ehen.</note>, und trennen<lb/>
&#x017F;ich wieder <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">Ibid. et contempl. arcan.<lb/>
natur.</hi> oder <hi rendition="#aq">T. III. p. 284. WOLF.</hi></note>, &#x017F;chwimmen vor einander vorbei <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">KAAUW. n.</hi> 96.</note>, wei-<lb/>
chen &#x017F;ich und ihren gegen&#x017F;eitigen Wellen aus <note place="foot" n="(f*)">Der Ueber&#x017F;ezzer <hi rendition="#aq">NEED-<lb/>
HAMII p.</hi> 68.</note>, jedes<lb/>
verfolgt &#x017F;eine eigene Bahn <note place="foot" n="(f**)"><hi rendition="#aq">LEDERMULLER p.</hi> 18.</note>, und &#x017F;tro&#x0364;men mit ihres<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gleichen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[774/0810] Zeugungstheile, XXVII. Buch. keine Thierchen, ſondern gewiſſe organiſche Theilchen ſind, deren viele zu einem einzigen Thiere zuſammen wachſen muͤßten. Folglich muͤſſen wir genaue Acht geben, um nichts zu uͤbergehen, was uns zur Wahrheit leiten koͤnnte. Daß es Thierchen waͤren, daran zweifelte Leeuwen- hoͤk nicht im geringſten. Sie bewegen ſich naͤmlich je- derzeit, ſo lange ſie leben und munter ſind (a), und ſie liegen, nachdem ſie die Bewegung verlohren, eben ſo ſtille, ohne jemals wieder in Bewegung zu gerathen. Es iſt dieſes ferner keine Bewegung ſolcher Theilchen, welche in der Saamenfluͤßigkeit, ohne Abſicht und ohne einen Willen herum ſchwimmen (a*). Denn ſie rudern weiter, ſtroͤmen gerades weges gegen deutliche Stellen zu (b); wenden ihre Richtung und kommen an gegenſei- tige Ufer zuruͤkk geſchwommen (c), nehmen andre Rich- tungen an (c*), begegnen ſich einander (d), und trennen ſich wieder (e), ſchwimmen vor einander vorbei (f), wei- chen ſich und ihren gegenſeitigen Wellen aus (f*), jedes verfolgt ſeine eigene Bahn (f**), und ſtroͤmen mit ihres gleichen (a) Anat. et contempl. II. pag. 168. VERHEYEN. ſuppl. p. 68. LEDERMULLER p. 11. KAAUW. n. 96. (a*) Beobachten immer einerlei Richtung HALLE p. 74. bewegen ſich beſtaͤndig ohne Ruhe und Be- ſchleunigung BUFFON. II. p. 266. doch dies haben andre anders ge- ſehen. (b) Epiſt. phyſiolog. p. 281. (c) NICOLAI erzeug. n. 21. LEDERMULLER p. 18. (c*) LEDERM ebenda. (d) LEEUWENH. Epiſt. 103. p. 144. Vor weniger Zeit ſind mir durch die Gefaͤlligkeit des beruͤhm- ten Autors, die mikroſkopiſche Beobachtungen des Lazari SPAL- LANZANI, in die Haͤnde gekom- men. Viele darunter gehoͤren hie- her. Er beſtaͤtigt, daß die Thier- chen, im Waſſer, worinnen dieſer beruͤhmte Mann verſchiedne Saa- men, und hernach auch Fleiſch macerirte, wirkliche Thierchen waͤ- ren, mit weitlaͤuftigen Gruͤnden, indem er ihre freiwillige Bewegung, ihre Ausweichungen bei Hinder- niſſen, ihre ſchnelle Umlenkung nach andern Richtungen, ihr Schwim- men gegen den Strom, ihre, nach einiger Ruhe, wieder angefangene Bewegung, ſelbſt die Luſt zur Spei- ſe, und deren wirkliche Genieſſung, mit Augen geſehen. (e) Ibid. et contempl. arcan. natur. oder T. III. p. 284. WOLF. (f) KAAUW. n. 96. (f*) Der Ueberſezzer NEED- HAMII p. 68. (f**) LEDERMULLER p. 18.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/810
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/810>, abgerufen am 07.05.2024.