Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeugungstheile. XXVII. Buch.
niemals ab, so wie die Schaamhaare(q) und der Bart (r)
(s), denn diese bleiben, wenn man mannbaren Personen
die Hoden nimmt. Doch ersiehet man aus andern Ver-
suchen des berühmten Russels (t) daß Geweihe abge-
fallen, wieder gewachsen, nach und nach aber kleiner
geworden, und blos einige Ueberbleibsel von sich zurükke
gelassen.

Hieraus scheinet offenbar zu seyn, daß zum Hervor-
keimen der Geweihe, der alkalische stinkende Dunst des
Saamens nothwendig sey, der vom Blute resorbirt, und
ein heraustreibender Reiz werden müsse, denn es erhizzt
sich an den verschnittnen Hirschen kein Fett, ihr Hals
schwillt nicht auf [Spaltenumbruch] (t*), ihr Fleisch riecht nicht, die Fäulniß
erfolgt nicht so gleich an ihrem Fleische, und alles dieses
eräugnet sich doch an den männlichen Hirschen (u).
Schwächliche Hirsche, wenn es gleich Hirschbökke sind,
verlieren doch ihr Geweihe später, sie gerathen später in
Brunst (w), und es verzögert eine schlechte Nahrung
das Erzeugen der Geweihe (x).

Wir ersehen daraus, daß das Herz von einem al-
kalisch scharfen Blute starke Reize annehmen (y), und
wie im Fieber heftiger schlagen, und die dikke Säfte in
die Gefässe treiben könne, davon sie erweitert werden,
und grösser wachsen, beinahe so, wie rothe Theilchen er-
fordert werden, wenn sich Knochen bilden sollen. Auf
solche Weise haben wir Kräfte von einer ganz besondern
Gewalt, vermöge deren, von resorbirtem Saamen, der
Luftröhrenkopf, der Bart, die Schaamhaare, die Hör-

ner
(q) [Spaltenumbruch] ARISTOT. PLIN. BUF-
FON. T. VI. p. 81. LEHMAN.
menisn. chron. p.
531.
(r) ARISTOTELES ibid. et ge-
ner. anim. L. V. c.
3.
(s) Della VALLE T. IV. ibid.
p. m.
302.
(t) Am Rehbokke wieder gewach-
sen MORTON. l. c.
(t*) BUFFON. T. VI. p. 79.
(u) BUFFON. T. VI. p. 81.
(w) p. 82.
(x) p. 83.
(y) Vergleichet BONNETI
Consideration. sur le corps orga-
nises T. II. p.
233.

Zeugungstheile. XXVII. Buch.
niemals ab, ſo wie die Schaamhaare(q) und der Bart (r)
(s), denn dieſe bleiben, wenn man mannbaren Perſonen
die Hoden nimmt. Doch erſiehet man aus andern Ver-
ſuchen des beruͤhmten Ruſſels (t) daß Geweihe abge-
fallen, wieder gewachſen, nach und nach aber kleiner
geworden, und blos einige Ueberbleibſel von ſich zuruͤkke
gelaſſen.

Hieraus ſcheinet offenbar zu ſeyn, daß zum Hervor-
keimen der Geweihe, der alkaliſche ſtinkende Dunſt des
Saamens nothwendig ſey, der vom Blute reſorbirt, und
ein heraustreibender Reiz werden muͤſſe, denn es erhizzt
ſich an den verſchnittnen Hirſchen kein Fett, ihr Hals
ſchwillt nicht auf [Spaltenumbruch] (t*), ihr Fleiſch riecht nicht, die Faͤulniß
erfolgt nicht ſo gleich an ihrem Fleiſche, und alles dieſes
eraͤugnet ſich doch an den maͤnnlichen Hirſchen (u).
Schwaͤchliche Hirſche, wenn es gleich Hirſchboͤkke ſind,
verlieren doch ihr Geweihe ſpaͤter, ſie gerathen ſpaͤter in
Brunſt (w), und es verzoͤgert eine ſchlechte Nahrung
das Erzeugen der Geweihe (x).

Wir erſehen daraus, daß das Herz von einem al-
kaliſch ſcharfen Blute ſtarke Reize annehmen (y), und
wie im Fieber heftiger ſchlagen, und die dikke Saͤfte in
die Gefaͤſſe treiben koͤnne, davon ſie erweitert werden,
und groͤſſer wachſen, beinahe ſo, wie rothe Theilchen er-
fordert werden, wenn ſich Knochen bilden ſollen. Auf
ſolche Weiſe haben wir Kraͤfte von einer ganz beſondern
Gewalt, vermoͤge deren, von reſorbirtem Saamen, der
Luftroͤhrenkopf, der Bart, die Schaamhaare, die Hoͤr-

ner
(q) [Spaltenumbruch] ARISTOT. PLIN. BUF-
FON. T. VI. p. 81. LEHMAN.
meniſn. chron. p.
531.
(r) ARISTOTELES ibid. et ge-
ner. anim. L. V. c.
3.
(s) Della VALLE T. IV. ibid.
p. m.
302.
(t) Am Rehbokke wieder gewach-
ſen MORTON. l. c.
(t*) BUFFON. T. VI. p. 79.
(u) BUFFON. T. VI. p. 81.
(w) p. 82.
(x) p. 83.
(y) Vergleichet BONNETI
Conſideration. ſur le corps orga-
niſés T. II. p.
233.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0840" n="804"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zeugungstheile. <hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
niemals ab, &#x017F;o wie die Schaamhaare<note place="foot" n="(q)"><cb/><hi rendition="#aq">ARISTOT. PLIN. BUF-<lb/>
FON. T. VI. p. 81. LEHMAN.<lb/>
meni&#x017F;n. chron. p.</hi> 531.</note> und der Bart <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">ARISTOTELES ibid. et ge-<lb/>
ner. anim. L. V. c.</hi> 3.</note><lb/><note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">Della VALLE T. IV. ibid.<lb/>
p. m.</hi> 302.</note>, denn die&#x017F;e bleiben, wenn man mannbaren Per&#x017F;onen<lb/>
die Hoden nimmt. Doch er&#x017F;iehet man aus andern Ver-<lb/>
&#x017F;uchen des beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;els</hi> <note place="foot" n="(t)">Am Rehbokke wieder gewach-<lb/>
&#x017F;en <hi rendition="#aq">MORTON. l. c.</hi></note> daß Geweihe abge-<lb/>
fallen, wieder gewach&#x017F;en, nach und nach aber kleiner<lb/>
geworden, und blos einige Ueberbleib&#x017F;el von &#x017F;ich zuru&#x0364;kke<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Hieraus &#x017F;cheinet offenbar zu &#x017F;eyn, daß zum Hervor-<lb/>
keimen der Geweihe, der alkali&#x017F;che &#x017F;tinkende Dun&#x017F;t des<lb/>
Saamens nothwendig &#x017F;ey, der vom Blute re&#x017F;orbirt, und<lb/>
ein heraustreibender Reiz werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, denn es erhizzt<lb/>
&#x017F;ich an den ver&#x017F;chnittnen Hir&#x017F;chen kein Fett, ihr Hals<lb/>
&#x017F;chwillt nicht auf <cb/>
<note place="foot" n="(t*)"><hi rendition="#aq">BUFFON. T. VI. p.</hi> 79.</note>, ihr Flei&#x017F;ch riecht nicht, die Fa&#x0364;ulniß<lb/>
erfolgt nicht &#x017F;o gleich an ihrem Flei&#x017F;che, und alles die&#x017F;es<lb/>
era&#x0364;ugnet &#x017F;ich doch an den ma&#x0364;nnlichen Hir&#x017F;chen <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">BUFFON. T. VI. p.</hi> 81.</note>.<lb/>
Schwa&#x0364;chliche Hir&#x017F;che, wenn es gleich Hir&#x017F;chbo&#x0364;kke &#x017F;ind,<lb/>
verlieren doch ihr Geweihe &#x017F;pa&#x0364;ter, &#x017F;ie gerathen &#x017F;pa&#x0364;ter in<lb/>
Brun&#x017F;t <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 82.</note>, und es verzo&#x0364;gert eine &#x017F;chlechte Nahrung<lb/>
das Erzeugen der Geweihe <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 83.</note>.</p><lb/>
              <p>Wir er&#x017F;ehen daraus, daß das Herz von einem al-<lb/>
kali&#x017F;ch &#x017F;charfen Blute &#x017F;tarke Reize annehmen <note place="foot" n="(y)">Vergleichet <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BONNETI</hi><lb/>
Con&#x017F;ideration. &#x017F;ur le corps orga-<lb/>
ni&#x017F;és T. II. p.</hi> 233.</note>, und<lb/>
wie im Fieber heftiger &#x017F;chlagen, und die dikke Sa&#x0364;fte in<lb/>
die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e treiben ko&#x0364;nne, davon &#x017F;ie erweitert werden,<lb/>
und gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er wach&#x017F;en, beinahe &#x017F;o, wie rothe Theilchen er-<lb/>
fordert werden, wenn &#x017F;ich Knochen bilden &#x017F;ollen. Auf<lb/>
&#x017F;olche Wei&#x017F;e haben wir Kra&#x0364;fte von einer ganz be&#x017F;ondern<lb/>
Gewalt, vermo&#x0364;ge deren, von re&#x017F;orbirtem Saamen, der<lb/>
Luftro&#x0364;hrenkopf, der Bart, die Schaamhaare, die Ho&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[804/0840] Zeugungstheile. XXVII. Buch. niemals ab, ſo wie die Schaamhaare (q) und der Bart (r) (s), denn dieſe bleiben, wenn man mannbaren Perſonen die Hoden nimmt. Doch erſiehet man aus andern Ver- ſuchen des beruͤhmten Ruſſels (t) daß Geweihe abge- fallen, wieder gewachſen, nach und nach aber kleiner geworden, und blos einige Ueberbleibſel von ſich zuruͤkke gelaſſen. Hieraus ſcheinet offenbar zu ſeyn, daß zum Hervor- keimen der Geweihe, der alkaliſche ſtinkende Dunſt des Saamens nothwendig ſey, der vom Blute reſorbirt, und ein heraustreibender Reiz werden muͤſſe, denn es erhizzt ſich an den verſchnittnen Hirſchen kein Fett, ihr Hals ſchwillt nicht auf (t*), ihr Fleiſch riecht nicht, die Faͤulniß erfolgt nicht ſo gleich an ihrem Fleiſche, und alles dieſes eraͤugnet ſich doch an den maͤnnlichen Hirſchen (u). Schwaͤchliche Hirſche, wenn es gleich Hirſchboͤkke ſind, verlieren doch ihr Geweihe ſpaͤter, ſie gerathen ſpaͤter in Brunſt (w), und es verzoͤgert eine ſchlechte Nahrung das Erzeugen der Geweihe (x). Wir erſehen daraus, daß das Herz von einem al- kaliſch ſcharfen Blute ſtarke Reize annehmen (y), und wie im Fieber heftiger ſchlagen, und die dikke Saͤfte in die Gefaͤſſe treiben koͤnne, davon ſie erweitert werden, und groͤſſer wachſen, beinahe ſo, wie rothe Theilchen er- fordert werden, wenn ſich Knochen bilden ſollen. Auf ſolche Weiſe haben wir Kraͤfte von einer ganz beſondern Gewalt, vermoͤge deren, von reſorbirtem Saamen, der Luftroͤhrenkopf, der Bart, die Schaamhaare, die Hoͤr- ner (q) ARISTOT. PLIN. BUF- FON. T. VI. p. 81. LEHMAN. meniſn. chron. p. 531. (r) ARISTOTELES ibid. et ge- ner. anim. L. V. c. 3. (s) Della VALLE T. IV. ibid. p. m. 302. (t) Am Rehbokke wieder gewach- ſen MORTON. l. c. (t*) BUFFON. T. VI. p. 79. (u) BUFFON. T. VI. p. 81. (w) p. 82. (x) p. 83. (y) Vergleichet BONNETI Conſideration. ſur le corps orga- niſés T. II. p. 233.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/840
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/840>, abgerufen am 29.04.2024.