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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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II. Abschn. Bau der Gebärmutter.
ben. Doch es ist auch die Harnblase schon vermögend,
hievon das Gegentheil zu verrichten, und sie kann die
Gebärmutter rükkwärts stossen.

Es können auch die Bänder der einen Seite kürzer
und dikker seyn(m), und die Mutter nach ihrer Seite
hinziehen. Eben dieses kann auch der stark geschwollene
Eierstokk, und sogar die Niere selbst, wenn sie in das
Bekken hinab gesunken (n), verursachen.

Schon viel beweglicher ist die Mutter im schwangern
Zustande, sie steigt weit über dem Schaamknochen in die
Höhe, und da sie allezeit blos vermittelst ihres Halses an
der Scheide fest ist, so schwankt sie (o) leichtlich hin und
her, ja sie kann, wenn sie sich über den Schaamknochen
herüber neiget, und nach vorne herab sinkt, Brüche ma-
chen (p). Jnsonderheit aber wird ihre die beständige
schiefe Lage schädlich, welche von dem Butterkuchen her-
rühret(q), der nicht mitten an dem Boden der Mutter
gleichförmig anwächst; sondern sich vielmehr rechts oder
links, oder mehr nach hinten zu anhängt. Wir wollen
von diesem Fehler der Gebärmutter an einem andern
Orte reden.

Es waren dieses fehlerhafte Lagen: ich werde nun-
mehro dasjenige erwehnen, was sich die Natur dabei zur
Regel gemacht hat. Es ist in der Frucht das Bekken
ungemein klein, und es steigt die Blase über seinen Rand
weit in den Unterleib hinauf. Eben diesen Vorzug hat
auch die Gebärmutter, welche sonsten in der Frucht län-
ger ist (r). Sie steiget also über den obern Umfang des
Bekkens in die Höhe (s), und zugleich wirft sie die Eyer-

stökke
(m) [Spaltenumbruch] Hist. de l'Acad. 1709. p. 25.
MORGAGN. l. c. p.
237. schwankt
nicht immer aus dieser Ursache
MORGAGN. l. c. II. p. 238.
(n) HEBENSTREIT. progr. ad
HAHN. p.
8.
(o) TITSING. p. 227.
(p) SOLINGEN. Anmerk. p. 96.
(q) [Spaltenumbruch] MULLER. de situ uteri obliq.
(r) Sonderlich auch mit dem
Halse der Gebärmutter ROEDE-
RER. p. 33. LEVRET. Art. d'ac-
coueh p.
30.
(s) HEUERMANN. T. IV. t. 4.
s.
3.

II. Abſchn. Bau der Gebaͤrmutter.
ben. Doch es iſt auch die Harnblaſe ſchon vermoͤgend,
hievon das Gegentheil zu verrichten, und ſie kann die
Gebaͤrmutter ruͤkkwaͤrts ſtoſſen.

Es koͤnnen auch die Baͤnder der einen Seite kuͤrzer
und dikker ſeyn(m), und die Mutter nach ihrer Seite
hinziehen. Eben dieſes kann auch der ſtark geſchwollene
Eierſtokk, und ſogar die Niere ſelbſt, wenn ſie in das
Bekken hinab geſunken (n), verurſachen.

Schon viel beweglicher iſt die Mutter im ſchwangern
Zuſtande, ſie ſteigt weit uͤber dem Schaamknochen in die
Hoͤhe, und da ſie allezeit blos vermittelſt ihres Halſes an
der Scheide feſt iſt, ſo ſchwankt ſie (o) leichtlich hin und
her, ja ſie kann, wenn ſie ſich uͤber den Schaamknochen
heruͤber neiget, und nach vorne herab ſinkt, Bruͤche ma-
chen (p). Jnſonderheit aber wird ihre die beſtaͤndige
ſchiefe Lage ſchaͤdlich, welche von dem Butterkuchen her-
ruͤhret(q), der nicht mitten an dem Boden der Mutter
gleichfoͤrmig anwaͤchſt; ſondern ſich vielmehr rechts oder
links, oder mehr nach hinten zu anhaͤngt. Wir wollen
von dieſem Fehler der Gebaͤrmutter an einem andern
Orte reden.

Es waren dieſes fehlerhafte Lagen: ich werde nun-
mehro dasjenige erwehnen, was ſich die Natur dabei zur
Regel gemacht hat. Es iſt in der Frucht das Bekken
ungemein klein, und es ſteigt die Blaſe uͤber ſeinen Rand
weit in den Unterleib hinauf. Eben dieſen Vorzug hat
auch die Gebaͤrmutter, welche ſonſten in der Frucht laͤn-
ger iſt (r). Sie ſteiget alſo uͤber den obern Umfang des
Bekkens in die Hoͤhe (s), und zugleich wirft ſie die Eyer-

ſtoͤkke
(m) [Spaltenumbruch] Hiſt. de l’Acad. 1709. p. 25.
MORGAGN. l. c. p.
237. ſchwankt
nicht immer aus dieſer Urſache
MORGAGN. l. c. II. p. 238.
(n) HEBENSTREIT. progr. ad
HAHN. p.
8.
(o) TITSING. p. 227.
(p) SOLINGEN. Anmerk. p. 96.
(q) [Spaltenumbruch] MULLER. de ſitu uteri obliq.
(r) Sonderlich auch mit dem
Halſe der Gebaͤrmutter ROEDE-
RER. p. 33. LEVRET. Art. d’ac-
coueh p.
30.
(s) HEUERMANN. T. IV. t. 4.
ſ.
3.
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[927/0963] II. Abſchn. Bau der Gebaͤrmutter. ben. Doch es iſt auch die Harnblaſe ſchon vermoͤgend, hievon das Gegentheil zu verrichten, und ſie kann die Gebaͤrmutter ruͤkkwaͤrts ſtoſſen. Es koͤnnen auch die Baͤnder der einen Seite kuͤrzer und dikker ſeyn (m), und die Mutter nach ihrer Seite hinziehen. Eben dieſes kann auch der ſtark geſchwollene Eierſtokk, und ſogar die Niere ſelbſt, wenn ſie in das Bekken hinab geſunken (n), verurſachen. Schon viel beweglicher iſt die Mutter im ſchwangern Zuſtande, ſie ſteigt weit uͤber dem Schaamknochen in die Hoͤhe, und da ſie allezeit blos vermittelſt ihres Halſes an der Scheide feſt iſt, ſo ſchwankt ſie (o) leichtlich hin und her, ja ſie kann, wenn ſie ſich uͤber den Schaamknochen heruͤber neiget, und nach vorne herab ſinkt, Bruͤche ma- chen (p). Jnſonderheit aber wird ihre die beſtaͤndige ſchiefe Lage ſchaͤdlich, welche von dem Butterkuchen her- ruͤhret (q), der nicht mitten an dem Boden der Mutter gleichfoͤrmig anwaͤchſt; ſondern ſich vielmehr rechts oder links, oder mehr nach hinten zu anhaͤngt. Wir wollen von dieſem Fehler der Gebaͤrmutter an einem andern Orte reden. Es waren dieſes fehlerhafte Lagen: ich werde nun- mehro dasjenige erwehnen, was ſich die Natur dabei zur Regel gemacht hat. Es iſt in der Frucht das Bekken ungemein klein, und es ſteigt die Blaſe uͤber ſeinen Rand weit in den Unterleib hinauf. Eben dieſen Vorzug hat auch die Gebaͤrmutter, welche ſonſten in der Frucht laͤn- ger iſt (r). Sie ſteiget alſo uͤber den obern Umfang des Bekkens in die Hoͤhe (s), und zugleich wirft ſie die Eyer- ſtoͤkke (m) Hiſt. de l’Acad. 1709. p. 25. MORGAGN. l. c. p. 237. ſchwankt nicht immer aus dieſer Urſache MORGAGN. l. c. II. p. 238. (n) HEBENSTREIT. progr. ad HAHN. p. 8. (o) TITSING. p. 227. (p) SOLINGEN. Anmerk. p. 96. (q) MULLER. de ſitu uteri obliq. (r) Sonderlich auch mit dem Halſe der Gebaͤrmutter ROEDE- RER. p. 33. LEVRET. Art. d’ac- coueh p. 30. (s) HEUERMANN. T. IV. t. 4. ſ. 3.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 927. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/963>, abgerufen am 02.05.2024.