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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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IV. Abs. Das Leben der Frucht.
thum einer Menschenfrucht, an dem bebrüteten Hühn-
chen messen zu können. Allein hier haben wir, ausser
einigen, und noch dazu nicht völlig zuverläßigen Frag-
menten, wenig aufzuzeigen. Ob ich gleich viele unzei-
tige Menscheneyer gesehen, und auch deren einige aus
dem Körper der Mutter herausgeschnitten, so kann ich
dennoch, zwei ausgenommen, von dem Alter wenig Zu-
verläßiges beibringen.

Ueberhaupt ist das Wachsthum einer Frucht, von
dem Wachsthume eines Hühnchens in vielen Stükken
sehr abweichend, das Hühnchens wächst weit schneller.
Dieses wird nämlich aus einerlei Anfängen, innerhalb
ein und zwanzig Tagen, so vollkommen ausgebildet, daß
es vier Zoll Länge erreicht: und nächst diesem so voll-
ständige Knochen hat, daß es darauf gehen, und den
Schnabel, theils um Speise zu sich zu nehmen, theils
um das Schalengefängniß zu erbrechen, anwenden kann.
Die Natur gab dem Menschen eine Mutter, das schwa-
che, und zu den neuen Lebensgeschäften untüchtige Kind,
zu tragen, und dessen Veränderungen abzuwarten: und
sie bestimmte dasselbe zu einem langen Leben, und zu ei-
nem langsamen Wachsthume.

Wir haben die Menscheneier, nach den besten Schrift-
stellern, so gut, als wir gekonnt, zu Rathe gezogen: und
die Früchte von den ersten Zeiten, welche kleiner waren,
wegen unserer Anmerkungen bei den Schafen, zurükke
behalten (a), indem uns diese lehren, daß die Früchte
von dem ersten Monate ungemein klein sind.

Die mehresten unter den Neuern, nehmen sie, als
viel zu gros an: so macht Buffon (b) eine Frucht von
ein und zwanzig Tagen, sechs Linien, eine von dreißig
Tagen, einen Zoll lang, zweizöllig von vierzig Tagen,
über zweizöllig von sechszig Tagen, dreizöllig im dritten

Mo-
(a) [Spaltenumbruch] p. 67. 68. 69.
(b) [Spaltenumbruch] II. p. 381. u. s. w.
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IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
thum einer Menſchenfrucht, an dem bebruͤteten Huͤhn-
chen meſſen zu koͤnnen. Allein hier haben wir, auſſer
einigen, und noch dazu nicht voͤllig zuverlaͤßigen Frag-
menten, wenig aufzuzeigen. Ob ich gleich viele unzei-
tige Menſcheneyer geſehen, und auch deren einige aus
dem Koͤrper der Mutter herausgeſchnitten, ſo kann ich
dennoch, zwei ausgenommen, von dem Alter wenig Zu-
verlaͤßiges beibringen.

Ueberhaupt iſt das Wachsthum einer Frucht, von
dem Wachsthume eines Huͤhnchens in vielen Stuͤkken
ſehr abweichend, das Huͤhnchens waͤchſt weit ſchneller.
Dieſes wird naͤmlich aus einerlei Anfaͤngen, innerhalb
ein und zwanzig Tagen, ſo vollkommen ausgebildet, daß
es vier Zoll Laͤnge erreicht: und naͤchſt dieſem ſo voll-
ſtaͤndige Knochen hat, daß es darauf gehen, und den
Schnabel, theils um Speiſe zu ſich zu nehmen, theils
um das Schalengefaͤngniß zu erbrechen, anwenden kann.
Die Natur gab dem Menſchen eine Mutter, das ſchwa-
che, und zu den neuen Lebensgeſchaͤften untuͤchtige Kind,
zu tragen, und deſſen Veraͤnderungen abzuwarten: und
ſie beſtimmte daſſelbe zu einem langen Leben, und zu ei-
nem langſamen Wachsthume.

Wir haben die Menſcheneier, nach den beſten Schrift-
ſtellern, ſo gut, als wir gekonnt, zu Rathe gezogen: und
die Fruͤchte von den erſten Zeiten, welche kleiner waren,
wegen unſerer Anmerkungen bei den Schafen, zuruͤkke
behalten (a), indem uns dieſe lehren, daß die Fruͤchte
von dem erſten Monate ungemein klein ſind.

Die mehreſten unter den Neuern, nehmen ſie, als
viel zu gros an: ſo macht Buffon (b) eine Frucht von
ein und zwanzig Tagen, ſechs Linien, eine von dreißig
Tagen, einen Zoll lang, zweizoͤllig von vierzig Tagen,
uͤber zweizoͤllig von ſechszig Tagen, dreizoͤllig im dritten

Mo-
(a) [Spaltenumbruch] p. 67. 68. 69.
(b) [Spaltenumbruch] II. p. 381. u. ſ. w.
Q q 5
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[615[617]/0669] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. thum einer Menſchenfrucht, an dem bebruͤteten Huͤhn- chen meſſen zu koͤnnen. Allein hier haben wir, auſſer einigen, und noch dazu nicht voͤllig zuverlaͤßigen Frag- menten, wenig aufzuzeigen. Ob ich gleich viele unzei- tige Menſcheneyer geſehen, und auch deren einige aus dem Koͤrper der Mutter herausgeſchnitten, ſo kann ich dennoch, zwei ausgenommen, von dem Alter wenig Zu- verlaͤßiges beibringen. Ueberhaupt iſt das Wachsthum einer Frucht, von dem Wachsthume eines Huͤhnchens in vielen Stuͤkken ſehr abweichend, das Huͤhnchens waͤchſt weit ſchneller. Dieſes wird naͤmlich aus einerlei Anfaͤngen, innerhalb ein und zwanzig Tagen, ſo vollkommen ausgebildet, daß es vier Zoll Laͤnge erreicht: und naͤchſt dieſem ſo voll- ſtaͤndige Knochen hat, daß es darauf gehen, und den Schnabel, theils um Speiſe zu ſich zu nehmen, theils um das Schalengefaͤngniß zu erbrechen, anwenden kann. Die Natur gab dem Menſchen eine Mutter, das ſchwa- che, und zu den neuen Lebensgeſchaͤften untuͤchtige Kind, zu tragen, und deſſen Veraͤnderungen abzuwarten: und ſie beſtimmte daſſelbe zu einem langen Leben, und zu ei- nem langſamen Wachsthume. Wir haben die Menſcheneier, nach den beſten Schrift- ſtellern, ſo gut, als wir gekonnt, zu Rathe gezogen: und die Fruͤchte von den erſten Zeiten, welche kleiner waren, wegen unſerer Anmerkungen bei den Schafen, zuruͤkke behalten (a), indem uns dieſe lehren, daß die Fruͤchte von dem erſten Monate ungemein klein ſind. Die mehreſten unter den Neuern, nehmen ſie, als viel zu gros an: ſo macht Buffon (b) eine Frucht von ein und zwanzig Tagen, ſechs Linien, eine von dreißig Tagen, einen Zoll lang, zweizoͤllig von vierzig Tagen, uͤber zweizoͤllig von ſechszig Tagen, dreizoͤllig im dritten Mo- (a) p. 67. 68. 69. (b) II. p. 381. u. ſ. w. Q q 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 615[617]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/669>, abgerufen am 04.05.2024.