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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
wol durch einen schmahlen Land strich wieder auß die-
sem gefährlichen Ort/ und wären sie wol nicht so
leicht auß dieser Gefahr entrunnen/ wofern Klingen-
feld nicht abgestiegen wäre/ und den Weg mit Hän-
den und Füssen betastet hätte. Solcher Gestalt ka-
men sie auß dem Wasser/ und zugleich auß dem Jrr-
Liecht wieder in eine Stock finstere Nacht/ jedoch
kehreten sie sich nicht daran/ sondern bunden die Pfer-
de an einander/ und legten sich schlaffen. Damahlen
kamen wol 20. Jrr-Liechter um sie her/ welche/ wie
Eych-Hörnlein/ durch die hohe Bäume hindurch
schwermeten/ jedoch hielten sich die Meisten nahe bey
der Erden. Endlich aber schlieffen sie ein/ und genos-
sen ihrer hochbenöthigten Ruhe bey nüchterem Ma-
gen/ biß an den liechten Morgen. Sie liessen es voll-
auf Tag werden/ ehe sie sich wieder aufsetzeten. Aber/
als die Sonne schon eine Stunde den Horizont über-
stiegen/ da setzten sie sich auf/ und waren ihrer Leute
wegen in etwas bekümmert/ hoffeten doch dieselbe zu
Chur fordersamst wieder anzutreffen/ zumahl sie wol
wusten/ daß Condado dahin/ und so weiter durch die
Schweitz nach Basel seinen Weg nehmen wolte.
Troll ward am meisten bejammert/ weil dieser arme
Schlucker zu Fuß war/ und nicht einen heller Geld
bey sich hatte/ inmassen Klingenfeld und Cavina deß
Printzen Gold führeten/ Troll wuste auch mit den
Leuten in der Sprache sich nicht zu behelffen/ dann sie
waren schon an den Teutschen Gräntzen/ doch hoffe-
ten sie ihn bald wieder zu sehen.

Condado und Klingenfeld ritten mit einander
nach Nord-Westen/ und kamen gegen den Mittag
auß dem Gehöltze/ da sie dann eine ziemliche Stadt
Campagasco genannt/ die in dem Veltliner-Land li-
get/ für sich sahen. Hieselbst nahmen sie eine gute

Mahl-
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Romans I. Buch.
wol durch einen ſchmahlen Land ſtrich wieder auß die-
ſem gefaͤhrlichen Ort/ und waͤren ſie wol nicht ſo
leicht auß dieſer Gefahr entrunnen/ wofern Klingen-
feld nicht abgeſtiegen waͤre/ und den Weg mit Haͤn-
den und Fuͤſſen betaſtet haͤtte. Solcher Geſtalt ka-
men ſie auß dem Waſſer/ und zugleich auß dem Jrꝛ-
Liecht wieder in eine Stock finſtere Nacht/ jedoch
kehreten ſie ſich nicht daran/ ſondern bunden die Pfer-
de an einander/ und legten ſich ſchlaffen. Damahlen
kamen wol 20. Jrꝛ-Liechter um ſie her/ welche/ wie
Eych-Hoͤrnlein/ durch die hohe Baͤume hindurch
ſchwermeten/ jedoch hielten ſich die Meiſten nahe bey
der Erden. Endlich aber ſchlieffen ſie ein/ und genoſ-
ſen ihrer hochbenoͤthigten Ruhe bey nuͤchterem Ma-
gen/ biß an den liechten Morgen. Sie lieſſen es voll-
auf Tag werden/ ehe ſie ſich wieder aufſetzeten. Aber/
als die Sonne ſchon eine Stunde den Horizont uͤber-
ſtiegen/ da ſetzten ſie ſich auf/ und waren ihrer Leute
wegen in etwas bekuͤmmert/ hoffeten doch dieſelbe zu
Chur forderſamſt wieder anzutreffen/ zumahl ſie wol
wuſten/ daß Condado dahin/ und ſo weiter durch die
Schweitz nach Baſel ſeinen Weg nehmen wolte.
Troll ward am meiſten bejammert/ weil dieſer arme
Schlucker zu Fuß war/ und nicht einen heller Geld
bey ſich hatte/ inmaſſen Klingenfeld und Cavina deß
Printzen Gold fuͤhreten/ Troll wuſte auch mit den
Leuten in der Sprache ſich nicht zu behelffen/ dann ſie
waren ſchon an den Teutſchen Graͤntzen/ doch hoffe-
ten ſie ihn bald wieder zu ſehen.

Condado und Klingenfeld ritten mit einander
nach Nord-Weſten/ und kamen gegen den Mittag
auß dem Gehoͤltze/ da ſie dann eine ziemliche Stadt
Campagaſco genannt/ die in dem Veltliner-Land li-
get/ fuͤr ſich ſahen. Hieſelbſt nahmen ſie eine gute

Mahl-
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[537/0553] Romans I. Buch. wol durch einen ſchmahlen Land ſtrich wieder auß die- ſem gefaͤhrlichen Ort/ und waͤren ſie wol nicht ſo leicht auß dieſer Gefahr entrunnen/ wofern Klingen- feld nicht abgeſtiegen waͤre/ und den Weg mit Haͤn- den und Fuͤſſen betaſtet haͤtte. Solcher Geſtalt ka- men ſie auß dem Waſſer/ und zugleich auß dem Jrꝛ- Liecht wieder in eine Stock finſtere Nacht/ jedoch kehreten ſie ſich nicht daran/ ſondern bunden die Pfer- de an einander/ und legten ſich ſchlaffen. Damahlen kamen wol 20. Jrꝛ-Liechter um ſie her/ welche/ wie Eych-Hoͤrnlein/ durch die hohe Baͤume hindurch ſchwermeten/ jedoch hielten ſich die Meiſten nahe bey der Erden. Endlich aber ſchlieffen ſie ein/ und genoſ- ſen ihrer hochbenoͤthigten Ruhe bey nuͤchterem Ma- gen/ biß an den liechten Morgen. Sie lieſſen es voll- auf Tag werden/ ehe ſie ſich wieder aufſetzeten. Aber/ als die Sonne ſchon eine Stunde den Horizont uͤber- ſtiegen/ da ſetzten ſie ſich auf/ und waren ihrer Leute wegen in etwas bekuͤmmert/ hoffeten doch dieſelbe zu Chur forderſamſt wieder anzutreffen/ zumahl ſie wol wuſten/ daß Condado dahin/ und ſo weiter durch die Schweitz nach Baſel ſeinen Weg nehmen wolte. Troll ward am meiſten bejammert/ weil dieſer arme Schlucker zu Fuß war/ und nicht einen heller Geld bey ſich hatte/ inmaſſen Klingenfeld und Cavina deß Printzen Gold fuͤhreten/ Troll wuſte auch mit den Leuten in der Sprache ſich nicht zu behelffen/ dann ſie waren ſchon an den Teutſchen Graͤntzen/ doch hoffe- ten ſie ihn bald wieder zu ſehen. Condado und Klingenfeld ritten mit einander nach Nord-Weſten/ und kamen gegen den Mittag auß dem Gehoͤltze/ da ſie dann eine ziemliche Stadt Campagaſco genannt/ die in dem Veltliner-Land li- get/ fuͤr ſich ſahen. Hieſelbſt nahmen ſie eine gute Mahl- L l 5

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/553>, abgerufen am 03.06.2024.