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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
Antwort/ und ich liebe ihn mehr/ als einen von allen
meinen andern Dienern. Das habe ich auch bißhero
gemeynet/ verfolgete sie/ aber dencket doch/ was er
mir heut angemuthet hat/ nemlich er hat mich um deß
Himmels Willen gebetten/ ich möchte doch nur ein-
mahl bey ihm schlaffen/ und seines Willens leben.

Diese Worte hätten den Venereum neben dem
Bette schier in Verzweifflung gebracht/ er gedachte/
nun bist du gnug verrathen. Also bist du dein Lebtage
noch nicht hintergangen worden/ arbeitete demnach
abermahl/ sich loß zu würcken. Aber sie klopffete und
liebkosete ihm darauf von neuem mit der Hand/ daß
er bleiben muste/ der Juncker aber sprach: Da soll
ihn dieser oder jener für holen/ morgen am Tage wil
ich ihm eine Kugel schencken/ und er soll nicht leben-
dig wieder von meinem Hofe kommen. Aber mein
Schatz/ ist es auch gewiß/ was ihr mir erzehlet/ dann
ich sehe ihn vor einen züchtigen Jüngling an. Sie
sprach: Daß er mir Unehrbarkeit zugemuthet/ ist
all zu gewiß/ ob er mich aber nur auf eine Probe
stellen wollen/ dafür kan ich nicht schwören. Jch habe
ihm zugesagt/ um 12. Uhr in dieser Nacht zu ihm in
den Lust garten zu kommen/ da ich seines Willens le-
ben wolte/ und das zu dem Ende/ damit ihr in meinen
Kleidern ihn daselbst finden/ und vernehmen möchtet/
wessen er in meiner Kleidung an euch wol resolviren
möchte. Darum/ damit wir hinter die rechte Warheit
kommen/ werdet ihr so bald meine Kleider/ die in der
Neben-Kammer ligen/ anlegen/ und euch zu ihm hin-
auß verfügen/ so werdet ihr sehen/ ob er es ehrlich mit
euch und mir meynet/ oder nicht/ darnach können wir
uns alsdann weiter richten.

Der Edelmann stund behende auf/ und gieng
gantz begierig nach der andern Kammer/ um zu ver-

nehmen/

Romans II. Buch.
Antwort/ und ich liebe ihn mehr/ als einen von allen
meinen andern Dienern. Das habe ich auch bißhero
gemeynet/ verfolgete ſie/ aber dencket doch/ was er
mir heut angemuthet hat/ nemlich er hat mich um deß
Himmels Willen gebetten/ ich moͤchte doch nur ein-
mahl bey ihm ſchlaffen/ und ſeines Willens leben.

Dieſe Worte haͤtten den Venereum neben dem
Bette ſchier in Verzweifflung gebracht/ er gedachte/
nun biſt du gnug verrathen. Alſo biſt du dein Lebtage
noch nicht hintergangen worden/ arbeitete demnach
abermahl/ ſich loß zu wuͤrcken. Aber ſie klopffete und
liebkoſete ihm darauf von neuem mit der Hand/ daß
er bleiben muſte/ der Juncker aber ſprach: Da ſoll
ihn dieſer oder jener fuͤr holen/ morgen am Tage wil
ich ihm eine Kugel ſchencken/ und er ſoll nicht leben-
dig wieder von meinem Hofe kommen. Aber mein
Schatz/ iſt es auch gewiß/ was ihr mir erzehlet/ dann
ich ſehe ihn vor einen zuͤchtigen Juͤngling an. Sie
ſprach: Daß er mir Unehrbarkeit zugemuthet/ iſt
all zu gewiß/ ob er mich aber nur auf eine Probe
ſtellen wollen/ dafuͤr kan ich nicht ſchwoͤren. Jch habe
ihm zugeſagt/ um 12. Uhr in dieſer Nacht zu ihm in
den Luſt garten zu kommen/ da ich ſeines Willens le-
ben wolte/ und das zu dem Ende/ damit ihr in meinen
Kleidern ihn daſelbſt finden/ und vernehmen moͤchtet/
weſſen er in meiner Kleidung an euch wol reſolviren
moͤchte. Darum/ damit wir hinter die rechte Warheit
kommen/ werdet ihr ſo bald meine Kleider/ die in der
Neben-Kammer ligen/ anlegen/ und euch zu ihm hin-
auß verfuͤgen/ ſo werdet ihr ſehen/ ob er es ehrlich mit
euch und mir meynet/ oder nicht/ darnach koͤnnen wir
uns alsdann weiter richten.

Der Edelmann ſtund behende auf/ und gieng
gantz begierig nach der andern Kammer/ um zu ver-

nehmen/
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[699/0717] Romans II. Buch. Antwort/ und ich liebe ihn mehr/ als einen von allen meinen andern Dienern. Das habe ich auch bißhero gemeynet/ verfolgete ſie/ aber dencket doch/ was er mir heut angemuthet hat/ nemlich er hat mich um deß Himmels Willen gebetten/ ich moͤchte doch nur ein- mahl bey ihm ſchlaffen/ und ſeines Willens leben. Dieſe Worte haͤtten den Venereum neben dem Bette ſchier in Verzweifflung gebracht/ er gedachte/ nun biſt du gnug verrathen. Alſo biſt du dein Lebtage noch nicht hintergangen worden/ arbeitete demnach abermahl/ ſich loß zu wuͤrcken. Aber ſie klopffete und liebkoſete ihm darauf von neuem mit der Hand/ daß er bleiben muſte/ der Juncker aber ſprach: Da ſoll ihn dieſer oder jener fuͤr holen/ morgen am Tage wil ich ihm eine Kugel ſchencken/ und er ſoll nicht leben- dig wieder von meinem Hofe kommen. Aber mein Schatz/ iſt es auch gewiß/ was ihr mir erzehlet/ dann ich ſehe ihn vor einen zuͤchtigen Juͤngling an. Sie ſprach: Daß er mir Unehrbarkeit zugemuthet/ iſt all zu gewiß/ ob er mich aber nur auf eine Probe ſtellen wollen/ dafuͤr kan ich nicht ſchwoͤren. Jch habe ihm zugeſagt/ um 12. Uhr in dieſer Nacht zu ihm in den Luſt garten zu kommen/ da ich ſeines Willens le- ben wolte/ und das zu dem Ende/ damit ihr in meinen Kleidern ihn daſelbſt finden/ und vernehmen moͤchtet/ weſſen er in meiner Kleidung an euch wol reſolviren moͤchte. Darum/ damit wir hinter die rechte Warheit kommen/ werdet ihr ſo bald meine Kleider/ die in der Neben-Kammer ligen/ anlegen/ und euch zu ihm hin- auß verfuͤgen/ ſo werdet ihr ſehen/ ob er es ehrlich mit euch und mir meynet/ oder nicht/ darnach koͤnnen wir uns alsdann weiter richten. Der Edelmann ſtund behende auf/ und gieng gantz begierig nach der andern Kammer/ um zu ver- nehmen/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/717>, abgerufen am 31.05.2024.