Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Romans II. Buch.
Er wäre so unbedachtsam gewesen/
daß er mit Mydas gewünscht hätte/
alles möchte Gold werden/ was er anrührete/
wann er nur wäre versichert worden/
daß er solches erwünschen wurde.
Wie wurde er Dach und Fach zergauget haben
wann ein anderer Jupiter hätte Gold regnen lassen/
er war so verliebt in das/ was er nicht hatte/
als thöricht er war/ wann ers hatte.
Sein Wahl-Spruch war:
Jmmer mehr.
Weder der Mangel noch der Uberfluß konten ihn befriedigen/
Er war gleich arm
da er alles/ und da er nichts hatte.
So leydet Tantulus mitten im Wasser Noth am Wasser.
Die Aepffel hängen über sein Haupt/
er schnapt darnach/ und fänget sie doch nicht.
Ob gleich alles seine gewisse Maaß hat/
war doch dieses Geitz-Halses Begierde unermäßlich/
welche nicht kunte vergnüget werden/
mit dem Jenigen/ was über und unter der Erden ist.
Er füllete/ was bereits überlieff/
und war ihm jeder Gewinn angenehm/
wann er gleich von den allerschädlichsten Dingen herkam.
Er wucherte/
und so viel er nur auf hundert bekommen konte/
nahm er trotz Gewissen und Ehre an.
So gar ist der Geld-Geitz der Ehrbarkeit feind.
Zu der Einnahm und Einnehmung war er all zu fertig/
zu der Außgab aber fast unbeweglich.
Die Wucherer gleichen denen Weibern/
welche mit empfindlichster Freude empfangen/
aber mit unaußsprechlichen Schmertzen wieder ablegen.
Seinen Reichthum wandte er nicht an/ wie er solte/
nemlich zu Außbreitung der Ehre GOttes und seines Reichs/
sondern er trieb gar eine Abgötterey damit/
indem er seinen Gold-Klumpen als seinen GOtt ehrete/
den er in der Küsten verschlossen bielt.
Für denen Armen war Hertz/ Hand und Kasten zugeschlossen/
die wir uns doch sollen zu Freunden machen
mit dem ungerechten Mammon,
damit/
C c c 5
Romans II. Buch.
Er waͤre ſo unbedachtſam geweſen/
daß er mit Mydas gewuͤnſcht haͤtte/
alles moͤchte Gold werden/ was er anruͤhrete/
wann er nur waͤre verſichert worden/
daß er ſolches erwuͤnſchen wurde.
Wie wurde er Dach und Fach zergauget haben
wann ein anderer Jupiter haͤtte Gold regnen laſſen/
er war ſo verliebt in das/ was er nicht hatte/
als thoͤricht er war/ wann ers hatte.
Sein Wahl-Spruch war:
Jmmer mehr.
Weder der Mangel noch der Uberfluß konten ihn befriedigen/
Er war gleich arm
da er alles/ und da er nichts hatte.
So leydet Tantulus mitten im Waſſer Noth am Waſſer.
Die Aepffel haͤngen uͤber ſein Haupt/
er ſchnapt darnach/ und faͤnget ſie doch nicht.
Ob gleich alles ſeine gewiſſe Maaß hat/
war doch dieſes Geitz-Halſes Begierde unermaͤßlich/
welche nicht kunte vergnuͤget werden/
mit dem Jenigen/ was uͤber und unter der Erden iſt.
Er fuͤllete/ was bereits uͤberlieff/
und war ihm jeder Gewinn angenehm/
wann er gleich von den allerſchaͤdlichſten Dingen herkam.
Er wucherte/
und ſo viel er nur auf hundert bekommen konte/
nahm er trotz Gewiſſen und Ehre an.
So gar iſt der Geld-Geitz der Ehrbarkeit feind.
Zu der Einnahm und Einnehmung war er all zu fertig/
zu der Außgab aber faſt unbeweglich.
Die Wucherer gleichen denen Weibern/
welche mit empfindlichſter Freude empfangen/
aber mit unaußſprechlichen Schmertzen wieder ablegen.
Seinen Reichthum wandte er nicht an/ wie er ſolte/
nemlich zu Außbreitung der Ehre GOttes und ſeines Reichs/
ſondern er trieb gar eine Abgoͤtterey damit/
indem er ſeinen Gold-Klumpen als ſeinen GOtt ehrete/
den er in der Kuͤſten verſchloſſen bielt.
Fuͤr denen Armen war Hertz/ Hand und Kaſten zugeſchloſſen/
die wir uns doch ſollen zu Freunden machen
mit dem ungerechten Mammon,
damit/
C c c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0797" n="777"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Er wa&#x0364;re &#x017F;o unbedacht&#x017F;am gewe&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">daß er mit <hi rendition="#aq">Mydas</hi> gewu&#x0364;n&#x017F;cht ha&#x0364;tte/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">alles mo&#x0364;chte Gold werden/ was er anru&#x0364;hrete/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">wann er nur wa&#x0364;re ver&#x017F;ichert worden/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">daß er &#x017F;olches erwu&#x0364;n&#x017F;chen wurde.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Wie wurde er Dach und Fach zergauget haben</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">wann ein anderer <hi rendition="#aq">Jupiter</hi> ha&#x0364;tte Gold regnen la&#x017F;&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">er war &#x017F;o verliebt in das/ was er nicht hatte/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">als tho&#x0364;richt er war/ wann ers hatte.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Sein Wahl-Spruch war:</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Jmmer mehr.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Weder der Mangel noch der Uberfluß konten ihn befriedigen/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Er war gleich arm</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">da er alles/ und da er nichts hatte.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">So leydet <hi rendition="#aq">Tantulus</hi> mitten im Wa&#x017F;&#x017F;er Noth am Wa&#x017F;&#x017F;er.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Die Aepffel ha&#x0364;ngen u&#x0364;ber &#x017F;ein Haupt/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">er &#x017F;chnapt darnach/ und fa&#x0364;nget &#x017F;ie doch nicht.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Ob gleich alles &#x017F;eine gewi&#x017F;&#x017F;e Maaß hat/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">war doch die&#x017F;es Geitz-Hal&#x017F;es Begierde unerma&#x0364;ßlich/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">welche nicht kunte vergnu&#x0364;get werden/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">mit dem Jenigen/ was u&#x0364;ber und unter der Erden i&#x017F;t.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Er fu&#x0364;llete/ was bereits u&#x0364;berlieff/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">und war ihm jeder Gewinn angenehm/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">wann er gleich von den aller&#x017F;cha&#x0364;dlich&#x017F;ten Dingen herkam.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Er wucherte/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">und &#x017F;o viel er nur auf hundert bekommen konte/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">nahm er trotz Gewi&#x017F;&#x017F;en und Ehre an.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">So gar i&#x017F;t der Geld-Geitz der Ehrbarkeit feind.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Zu der Einnahm und Einnehmung war er all zu fertig/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">zu der Außgab aber fa&#x017F;t unbeweglich.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Die Wucherer gleichen denen Weibern/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">welche mit empfindlich&#x017F;ter Freude empfangen/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">aber mit unauß&#x017F;prechlichen Schmertzen wieder ablegen.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Seinen Reichthum wandte er nicht an/ wie er &#x017F;olte/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">nemlich zu Außbreitung der Ehre GOttes und &#x017F;eines Reichs/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">&#x017F;ondern er trieb gar eine Abgo&#x0364;tterey damit/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">indem er &#x017F;einen Gold-Klumpen als &#x017F;einen GOtt ehrete/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">den er in der Ku&#x0364;&#x017F;ten ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en bielt.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Fu&#x0364;r denen Armen war Hertz/ Hand und Ka&#x017F;ten zuge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">die wir uns doch &#x017F;ollen zu Freunden machen</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">mit dem ungerechten <hi rendition="#aq">Mammon,</hi></hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C c c 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">damit/</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[777/0797] Romans II. Buch. Er waͤre ſo unbedachtſam geweſen/ daß er mit Mydas gewuͤnſcht haͤtte/ alles moͤchte Gold werden/ was er anruͤhrete/ wann er nur waͤre verſichert worden/ daß er ſolches erwuͤnſchen wurde. Wie wurde er Dach und Fach zergauget haben wann ein anderer Jupiter haͤtte Gold regnen laſſen/ er war ſo verliebt in das/ was er nicht hatte/ als thoͤricht er war/ wann ers hatte. Sein Wahl-Spruch war: Jmmer mehr. Weder der Mangel noch der Uberfluß konten ihn befriedigen/ Er war gleich arm da er alles/ und da er nichts hatte. So leydet Tantulus mitten im Waſſer Noth am Waſſer. Die Aepffel haͤngen uͤber ſein Haupt/ er ſchnapt darnach/ und faͤnget ſie doch nicht. Ob gleich alles ſeine gewiſſe Maaß hat/ war doch dieſes Geitz-Halſes Begierde unermaͤßlich/ welche nicht kunte vergnuͤget werden/ mit dem Jenigen/ was uͤber und unter der Erden iſt. Er fuͤllete/ was bereits uͤberlieff/ und war ihm jeder Gewinn angenehm/ wann er gleich von den allerſchaͤdlichſten Dingen herkam. Er wucherte/ und ſo viel er nur auf hundert bekommen konte/ nahm er trotz Gewiſſen und Ehre an. So gar iſt der Geld-Geitz der Ehrbarkeit feind. Zu der Einnahm und Einnehmung war er all zu fertig/ zu der Außgab aber faſt unbeweglich. Die Wucherer gleichen denen Weibern/ welche mit empfindlichſter Freude empfangen/ aber mit unaußſprechlichen Schmertzen wieder ablegen. Seinen Reichthum wandte er nicht an/ wie er ſolte/ nemlich zu Außbreitung der Ehre GOttes und ſeines Reichs/ ſondern er trieb gar eine Abgoͤtterey damit/ indem er ſeinen Gold-Klumpen als ſeinen GOtt ehrete/ den er in der Kuͤſten verſchloſſen bielt. Fuͤr denen Armen war Hertz/ Hand und Kaſten zugeſchloſſen/ die wir uns doch ſollen zu Freunden machen mit dem ungerechten Mammon, damit/ C c c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/797
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/797>, abgerufen am 22.05.2024.