Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite
besuchtest, da hatt'st Du so 'ne Manier, Dich lang auf
das Sopha hinfallen zu lassen, daß die Federn krachten;
mitunter sprangen sie nämlich auch. Also Du, höre!
mach's wie damals.

(Frau Krause hat ein sehr erstauntes Gesicht gemacht und sich dann zurück-
gezogen. Loth läßt sich auf einen der Sessel nieder, welche rings um den Tisch
im Vordergrunde stehen.)
Hoffmann. Trinkst Du was? Sag'! -- Bier?
Wein? Cognac? Kaffee, Thee? Es ist Alles im Hause.

(Helene kommt lesend aus dem Wintergarten; ihre große, ein wenig zu
starke Gestalt, die Frisur ihres blonden, ganz ungewöhnlich reichen Haares, ihr
Gesichtsausdruck, ihre moderne Kleidung, ihre Bewegungen, ihre ganze Er-
scheinung überhaupt verleugnen das Bauernmädchen nicht ganz.)
Helene. Schwager, Du könntest... (sie entdeckt Loth
und zieht sich schnell zurück).
Ach! ich bitte um Verzeihung (ab).
Hoffmann. Bleib' doch, bleib'!
Loth. Deine Frau?
Hoffmann. Nein, ihre Schwester. Hörtest Du
nicht, wie sie mich betitelte?
Loth. Nein.
Hoffmann. Hübsch! Wie? -- Nu aber erklär'
Dich! Kaffee? Thee? Grog?
Loth. Danke, danke für Alles.
Hoffmann (präsentirt ihm Cigarren). Aber das ist was
für Dich -- nicht?!...auch nicht?!
Loth. Nein, danke.
Hoffmann. Beneidenswerthe Bedürfnißlosigkeit!
(er raucht sich selbst eine Cigarre an und spricht dabei.) Die A..Asche,
wollte sagen der...der Tabak...ä! Rauch natürlich...
der Rauch belästigt Dich doch wohl nicht?
Loth. Nein.
Hoffmann. Wenn ich das nicht noch hätte...
ach Gott ja, das bischen Leben! -- nu aber thu' mir
den Gefallen, erzähle was. -- Zehn Jahre -- bist
übrigens kaum sehr verändert -- zehn Jahre, 'n ekliger
Fetzen Zeit -- was macht Schn...Schnurz nannten
wir ihn ja wohl? Fips, -- die ganze heitere Blase
von damals? Hast Du den Einen oder Anderen
im Auge behalten?
beſuchteſt, da hatt'ſt Du ſo 'ne Manier, Dich lang auf
das Sopha hinfallen zu laſſen, daß die Federn krachten;
mitunter ſprangen ſie nämlich auch. Alſo Du, höre!
mach's wie damals.

(Frau Krauſe hat ein ſehr erſtauntes Geſicht gemacht und ſich dann zurück-
gezogen. Loth läßt ſich auf einen der Seſſel nieder, welche rings um den Tiſch
im Vordergrunde ſtehen.)
Hoffmann. Trinkſt Du was? Sag'! — Bier?
Wein? Cognac? Kaffee, Thee? Es iſt Alles im Hauſe.

(Helene kommt leſend aus dem Wintergarten; ihre große, ein wenig zu
ſtarke Geſtalt, die Friſur ihres blonden, ganz ungewöhnlich reichen Haares, ihr
Geſichtsausdruck, ihre moderne Kleidung, ihre Bewegungen, ihre ganze Er-
ſcheinung überhaupt verleugnen das Bauernmädchen nicht ganz.)
Helene. Schwager, Du könnteſt... (ſie entdeckt Loth
und zieht ſich ſchnell zurück).
Ach! ich bitte um Verzeihung (ab).
Hoffmann. Bleib' doch, bleib'!
Loth. Deine Frau?
Hoffmann. Nein, ihre Schweſter. Hörteſt Du
nicht, wie ſie mich betitelte?
Loth. Nein.
Hoffmann. Hübſch! Wie? — Nu aber erklär'
Dich! Kaffee? Thee? Grog?
Loth. Danke, danke für Alles.
Hoffmann (präſentirt ihm Cigarren). Aber das iſt was
für Dich — nicht?!...auch nicht?!
Loth. Nein, danke.
Hoffmann. Beneidenswerthe Bedürfnißloſigkeit!
(er raucht ſich ſelbſt eine Cigarre an und ſpricht dabei.) Die A..Aſche,
wollte ſagen der...der Tabak...ä! Rauch natürlich...
der Rauch beläſtigt Dich doch wohl nicht?
Loth. Nein.
Hoffmann. Wenn ich das nicht noch hätte...
ach Gott ja, das bischen Leben! — nu aber thu' mir
den Gefallen, erzähle was. — Zehn Jahre — biſt
übrigens kaum ſehr verändert — zehn Jahre, 'n ekliger
Fetzen Zeit — was macht Schn...Schnurz nannten
wir ihn ja wohl? Fips, — die ganze heitere Blaſe
von damals? Haſt Du den Einen oder Anderen
im Auge behalten?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#HOF">
          <p><pb facs="#f0015" n="9"/>
be&#x017F;uchte&#x017F;t, da hatt'&#x017F;t Du &#x017F;o 'ne Manier, Dich lang auf<lb/>
das Sopha hinfallen zu la&#x017F;&#x017F;en, daß die Federn krachten;<lb/>
mitunter &#x017F;prangen &#x017F;ie nämlich auch. Al&#x017F;o Du, höre!<lb/>
mach's wie damals.</p><lb/>
          <p>
            <stage>(Frau Krau&#x017F;e hat ein &#x017F;ehr er&#x017F;tauntes Ge&#x017F;icht gemacht und &#x017F;ich dann zurück-<lb/>
gezogen. Loth läßt &#x017F;ich auf einen der Se&#x017F;&#x017F;el nieder, welche rings um den Ti&#x017F;ch<lb/>
im Vordergrunde &#x017F;tehen.)</stage>
          </p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Trink&#x017F;t Du was? Sag'! &#x2014; Bier?<lb/>
Wein? Cognac? Kaffee, Thee? Es i&#x017F;t Alles im Hau&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>
            <stage>(Helene kommt le&#x017F;end aus dem Wintergarten; ihre große, ein wenig zu<lb/>
&#x017F;tarke Ge&#x017F;talt, die Fri&#x017F;ur ihres blonden, ganz ungewöhnlich reichen Haares, ihr<lb/>
Ge&#x017F;ichtsausdruck, ihre moderne Kleidung, ihre Bewegungen, ihre ganze Er-<lb/>
&#x017F;cheinung überhaupt verleugnen das Bauernmädchen nicht ganz.)</stage>
          </p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HEL">
          <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker>
          <p>Schwager, Du könnte&#x017F;t...<stage>(&#x017F;ie entdeckt Loth<lb/>
und zieht &#x017F;ich &#x017F;chnell zurück).</stage> Ach! ich bitte um Verzeihung <stage>(ab).</stage></p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Bleib' doch, bleib'!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LOT">
          <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker>
          <p>Deine Frau?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Nein, ihre Schwe&#x017F;ter. Hörte&#x017F;t Du<lb/>
nicht, wie &#x017F;ie mich betitelte?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LOT">
          <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker>
          <p>Nein.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Hüb&#x017F;ch! Wie? &#x2014; Nu aber erklär'<lb/>
Dich! Kaffee? Thee? Grog?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LOT">
          <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker>
          <p>Danke, danke für Alles.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker> <hi rendition="#g">Hoffmann</hi> </speaker>
          <p><stage>(prä&#x017F;entirt ihm Cigarren).</stage> Aber <hi rendition="#g">das</hi> i&#x017F;t was<lb/>
für Dich &#x2014; nicht?!...auch nicht?!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LOT">
          <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker>
          <p>Nein, danke.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Beneidenswerthe Bedürfnißlo&#x017F;igkeit!<lb/><stage>(er raucht &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t eine Cigarre an und &#x017F;pricht dabei.)</stage> Die A..A&#x017F;che,<lb/>
wollte &#x017F;agen der...der Tabak...ä! Rauch natürlich...<lb/>
der Rauch belä&#x017F;tigt Dich doch wohl nicht?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LOT">
          <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker>
          <p>Nein.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#HOF">
          <speaker><hi rendition="#g">Hoffmann</hi>.</speaker>
          <p>Wenn ich <hi rendition="#g">das</hi> nicht noch hätte...<lb/>
ach Gott ja, das bischen Leben! &#x2014; nu aber thu' mir<lb/>
den Gefallen, erzähle was. &#x2014; Zehn Jahre &#x2014; bi&#x017F;t<lb/>
übrigens kaum &#x017F;ehr verändert &#x2014; zehn Jahre, 'n ekliger<lb/>
Fetzen Zeit &#x2014; was macht Schn...Schnurz nannten<lb/>
wir ihn ja wohl? Fips, &#x2014; die ganze heitere Bla&#x017F;e<lb/>
von damals? Ha&#x017F;t Du den Einen oder Anderen<lb/>
im Auge behalten?</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0015] beſuchteſt, da hatt'ſt Du ſo 'ne Manier, Dich lang auf das Sopha hinfallen zu laſſen, daß die Federn krachten; mitunter ſprangen ſie nämlich auch. Alſo Du, höre! mach's wie damals. (Frau Krauſe hat ein ſehr erſtauntes Geſicht gemacht und ſich dann zurück- gezogen. Loth läßt ſich auf einen der Seſſel nieder, welche rings um den Tiſch im Vordergrunde ſtehen.) Hoffmann. Trinkſt Du was? Sag'! — Bier? Wein? Cognac? Kaffee, Thee? Es iſt Alles im Hauſe. (Helene kommt leſend aus dem Wintergarten; ihre große, ein wenig zu ſtarke Geſtalt, die Friſur ihres blonden, ganz ungewöhnlich reichen Haares, ihr Geſichtsausdruck, ihre moderne Kleidung, ihre Bewegungen, ihre ganze Er- ſcheinung überhaupt verleugnen das Bauernmädchen nicht ganz.) Helene. Schwager, Du könnteſt...(ſie entdeckt Loth und zieht ſich ſchnell zurück). Ach! ich bitte um Verzeihung (ab). Hoffmann. Bleib' doch, bleib'! Loth. Deine Frau? Hoffmann. Nein, ihre Schweſter. Hörteſt Du nicht, wie ſie mich betitelte? Loth. Nein. Hoffmann. Hübſch! Wie? — Nu aber erklär' Dich! Kaffee? Thee? Grog? Loth. Danke, danke für Alles. Hoffmann (präſentirt ihm Cigarren). Aber das iſt was für Dich — nicht?!...auch nicht?! Loth. Nein, danke. Hoffmann. Beneidenswerthe Bedürfnißloſigkeit! (er raucht ſich ſelbſt eine Cigarre an und ſpricht dabei.) Die A..Aſche, wollte ſagen der...der Tabak...ä! Rauch natürlich... der Rauch beläſtigt Dich doch wohl nicht? Loth. Nein. Hoffmann. Wenn ich das nicht noch hätte... ach Gott ja, das bischen Leben! — nu aber thu' mir den Gefallen, erzähle was. — Zehn Jahre — biſt übrigens kaum ſehr verändert — zehn Jahre, 'n ekliger Fetzen Zeit — was macht Schn...Schnurz nannten wir ihn ja wohl? Fips, — die ganze heitere Blaſe von damals? Haſt Du den Einen oder Anderen im Auge behalten?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/15
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_sonnenaufgang_1889/15>, abgerufen am 15.10.2024.