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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 161.
eines schlechthin unerlaubten strafbaren Handels mit einem krieg-
führenden Theile, welcher daher auch den Verfall der Waare nach
sich zieht, kann damit nicht verbunden werden.

Thatbestand und Folgen der Contrebande.

161. Um wegen Contrebande einem Kriegführenden straffällig
zu werden, genügt noch kein bloßer Verkauf der verbotenen Ge-
genstände an den Feind, sondern es muß auch ein Versuch der
Zuführung an den Feind hinzukommen und eine Betretung auf
der Zufuhr. 1 Der Verkauf an und für sich allein kann zwar
von einem neutralen Staate selbst seinen Angehörigen untersagt 2
werden; allein durch die Ueberschreitung dieses Verbotes macht
man sich nur dem eigenen Staate verantwortlich; der Kriegfüh-
rende selbst hat seinerseits keine Befugniß die Contravention zu
ahnden. Mit Beendigung der Reise ist die Schuld getilgt, wie-
wohl die neuere britische Praxis diesen sonst allgemein recipirten
Grundsatz in einzelnen Fällen nicht mehr hat gelten lassen. 3

Die Folge der Betretung mit Contrebande 4 ist nach uraltem
Herkommen, welches sich wohl ganz oder zum Theil auf die Lehre
der alten Civilisten und auf das römische Recht gründet, die Weg-
nahme der verbotenen Gegenstände und Confiscation derselben im
Wege der Prisenjustiz. Die Transportmittel und namentlich die
Schiffe werden regelmäßig nur dann als mitverfallen angesehen
und erklärt, wenn der Schiffseigenthümer, Schiffsherr oder Rheder
davon Kenntniß gehabt hat. 5 Auch ist in vielen Verträgen die
Confiscation der Schiffe sogar ausdrücklich ausgeschlossen, 6 des-
gleichen dem Schiffsführer die Befugniß ertheilt, durch sofortige
Herausgabe der verbotenen Waare sich von jeder Wegführung und

1 Vgl. wegen der britischen Praxis Wheaton, intern. L. II, p. 219. Siehe
auch Jouffroy p. 154.
2 Nau's Völkerseerecht §. 193 ff.
3 Jacobsen Seerecht 422. 423. Wheaton, intern. L. IV, 3, 23.
4 Das Geschichtliche hierzu findet sich bei Wheaton, hist. p. 82 ff.
5 S. schon 1. 11. §. 2. D. de publicanis. Jacobsen Seerecht S. 642.
Die Praxis hat allerdings nicht immer diesen Unterschied gemacht. We-
gen Frankreich vgl. z. B. Jacobsen S. 656.
6 v. Steck Handelsvertr. S. 208. 209.

Zweites Buch. §. 161.
eines ſchlechthin unerlaubten ſtrafbaren Handels mit einem krieg-
führenden Theile, welcher daher auch den Verfall der Waare nach
ſich zieht, kann damit nicht verbunden werden.

Thatbeſtand und Folgen der Contrebande.

161. Um wegen Contrebande einem Kriegführenden ſtraffällig
zu werden, genügt noch kein bloßer Verkauf der verbotenen Ge-
genſtände an den Feind, ſondern es muß auch ein Verſuch der
Zuführung an den Feind hinzukommen und eine Betretung auf
der Zufuhr. 1 Der Verkauf an und für ſich allein kann zwar
von einem neutralen Staate ſelbſt ſeinen Angehörigen unterſagt 2
werden; allein durch die Ueberſchreitung dieſes Verbotes macht
man ſich nur dem eigenen Staate verantwortlich; der Kriegfüh-
rende ſelbſt hat ſeinerſeits keine Befugniß die Contravention zu
ahnden. Mit Beendigung der Reiſe iſt die Schuld getilgt, wie-
wohl die neuere britiſche Praxis dieſen ſonſt allgemein recipirten
Grundſatz in einzelnen Fällen nicht mehr hat gelten laſſen. 3

Die Folge der Betretung mit Contrebande 4 iſt nach uraltem
Herkommen, welches ſich wohl ganz oder zum Theil auf die Lehre
der alten Civiliſten und auf das römiſche Recht gründet, die Weg-
nahme der verbotenen Gegenſtände und Confiscation derſelben im
Wege der Priſenjuſtiz. Die Transportmittel und namentlich die
Schiffe werden regelmäßig nur dann als mitverfallen angeſehen
und erklärt, wenn der Schiffseigenthümer, Schiffsherr oder Rheder
davon Kenntniß gehabt hat. 5 Auch iſt in vielen Verträgen die
Confiscation der Schiffe ſogar ausdrücklich ausgeſchloſſen, 6 des-
gleichen dem Schiffsführer die Befugniß ertheilt, durch ſofortige
Herausgabe der verbotenen Waare ſich von jeder Wegführung und

1 Vgl. wegen der britiſchen Praxis Wheaton, intern. L. II, p. 219. Siehe
auch Jouffroy p. 154.
2 Nau’s Völkerſeerecht §. 193 ff.
3 Jacobſen Seerecht 422. 423. Wheaton, intern. L. IV, 3, 23.
4 Das Geſchichtliche hierzu findet ſich bei Wheaton, hist. p. 82 ff.
5 S. ſchon 1. 11. §. 2. D. de publicanis. Jacobſen Seerecht S. 642.
Die Praxis hat allerdings nicht immer dieſen Unterſchied gemacht. We-
gen Frankreich vgl. z. B. Jacobſen S. 656.
6 v. Steck Handelsvertr. S. 208. 209.
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[270/0294] Zweites Buch. §. 161. eines ſchlechthin unerlaubten ſtrafbaren Handels mit einem krieg- führenden Theile, welcher daher auch den Verfall der Waare nach ſich zieht, kann damit nicht verbunden werden. Thatbeſtand und Folgen der Contrebande. 161. Um wegen Contrebande einem Kriegführenden ſtraffällig zu werden, genügt noch kein bloßer Verkauf der verbotenen Ge- genſtände an den Feind, ſondern es muß auch ein Verſuch der Zuführung an den Feind hinzukommen und eine Betretung auf der Zufuhr. 1 Der Verkauf an und für ſich allein kann zwar von einem neutralen Staate ſelbſt ſeinen Angehörigen unterſagt 2 werden; allein durch die Ueberſchreitung dieſes Verbotes macht man ſich nur dem eigenen Staate verantwortlich; der Kriegfüh- rende ſelbſt hat ſeinerſeits keine Befugniß die Contravention zu ahnden. Mit Beendigung der Reiſe iſt die Schuld getilgt, wie- wohl die neuere britiſche Praxis dieſen ſonſt allgemein recipirten Grundſatz in einzelnen Fällen nicht mehr hat gelten laſſen. 3 Die Folge der Betretung mit Contrebande 4 iſt nach uraltem Herkommen, welches ſich wohl ganz oder zum Theil auf die Lehre der alten Civiliſten und auf das römiſche Recht gründet, die Weg- nahme der verbotenen Gegenſtände und Confiscation derſelben im Wege der Priſenjuſtiz. Die Transportmittel und namentlich die Schiffe werden regelmäßig nur dann als mitverfallen angeſehen und erklärt, wenn der Schiffseigenthümer, Schiffsherr oder Rheder davon Kenntniß gehabt hat. 5 Auch iſt in vielen Verträgen die Confiscation der Schiffe ſogar ausdrücklich ausgeſchloſſen, 6 des- gleichen dem Schiffsführer die Befugniß ertheilt, durch ſofortige Herausgabe der verbotenen Waare ſich von jeder Wegführung und 1 Vgl. wegen der britiſchen Praxis Wheaton, intern. L. II, p. 219. Siehe auch Jouffroy p. 154. 2 Nau’s Völkerſeerecht §. 193 ff. 3 Jacobſen Seerecht 422. 423. Wheaton, intern. L. IV, 3, 23. 4 Das Geſchichtliche hierzu findet ſich bei Wheaton, hist. p. 82 ff. 5 S. ſchon 1. 11. §. 2. D. de publicanis. Jacobſen Seerecht S. 642. Die Praxis hat allerdings nicht immer dieſen Unterſchied gemacht. We- gen Frankreich vgl. z. B. Jacobſen S. 656. 6 v. Steck Handelsvertr. S. 208. 209.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/294>, abgerufen am 14.06.2024.