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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 204. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres.
letzenden körperlichen oder unkörperlichen Angriffe gegen dergleichen
Personen enthalten muß, und jede Art von Beleidigung derselben
zugleich auch für eine Beleidigung des absendenden Staates zu hal-
ten ist. 1 Nicht einmal Repressalien würden einen Vorwand dazu
gewähren, wenn nicht der absendende Staat gerade auch an sol-
chen Personen das Völkerrecht verletzt hat. 2

Das Recht beginnt sobald der Character des Abgeordneten ge-
hörig beglaubigt und die Mission nicht etwa wider den ausdrück-
lich erklärten Willen des anderen Staates erfolgt ist. 3 Es wird
nicht allein jedem legitimirten diplomatischen Abgeordneten unmit-
telbar für seine Person, sondern auch denjenigen zugestanden, welche
zu seiner Begleitung in der gedachten Eigenschaft gehören 4 und zu
derselben legitimirt werden können. Es erstreckt sich ferner auf ei-
nen ungehinderten Brief- und Depeschenwechsel mit dem einhei-
mischen Staate, es sei durch eigene Couriere die sich als solche
ausweisen, oder durch Benutzung der Postanstalten, sofern nur die
zur Beförderung übergebenen Correspondenzen durch deutliche Zei-
chen als diplomatische zu erkennen sind. 5 Allein es kann nicht
geltend gemacht werden, wenn der Abgeordnete oder die zu ihm
gehörige Person durch ein eigenes rechtswidriges Verfahren eine
Reaction und insbesondere eine Sicherungs- oder Vertheidigungs-
maaßregel gegen sich hervorgerufen hat; es kann ferner nicht in
Betracht kommen, mindestens zu keiner völkerrechtlichen Ahndung
führen, wenn der Abgeordnete sich in ein Verhältniß begeben hat,
welches mit seiner völkerrechtlichen Stellung in keinem Zusammen-
hange steht, wobei er auch nur eine Behandlung als Privatperson
erwarten konnte; 6 endlich aber dann, wenn sein völkerrechtlicher

1 Daher wird auch in den Strafgesetzgebungen die Beleidigung eines Ge-
sandten für ein Staatsverbrechen erklärt; z. B. in l. 7. D. ad leg. Jul.
de vi publica.
Allgem. L. R. für die Preuß. Staaten Th. II. Tit. 20.
§. 135. 136. Bairisches Strafgesetzbuch I. Art. 306.
2 Merlin a. a. O. Sect. V, §. 3.
3 Merlin Sect. V, §. 3. n. 3. vgl. mit §. 4. n. 14.
4 Vgl. die obige l. 7. D. ad L. Jul. cit.
5 Moser Versuch IV, 140. Beiträge IV, 542. F. C. v. Mosers kleine
Schriften 4. Nr. 2. Schmelzing Völkerr. §. 339.
6 So kann ein Diplomat, welcher als Schriftsteller auftritt, durch seinen
officiellen Character nicht gegen eine Critik geschützt sein, welche auch ge-
gen einen anderen Schriftsteller zulässig ist; sogar eine persönlich kränkende
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§. 204. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
letzenden körperlichen oder unkörperlichen Angriffe gegen dergleichen
Perſonen enthalten muß, und jede Art von Beleidigung derſelben
zugleich auch für eine Beleidigung des abſendenden Staates zu hal-
ten iſt. 1 Nicht einmal Repreſſalien würden einen Vorwand dazu
gewähren, wenn nicht der abſendende Staat gerade auch an ſol-
chen Perſonen das Völkerrecht verletzt hat. 2

Das Recht beginnt ſobald der Character des Abgeordneten ge-
hörig beglaubigt und die Miſſion nicht etwa wider den ausdrück-
lich erklärten Willen des anderen Staates erfolgt iſt. 3 Es wird
nicht allein jedem legitimirten diplomatiſchen Abgeordneten unmit-
telbar für ſeine Perſon, ſondern auch denjenigen zugeſtanden, welche
zu ſeiner Begleitung in der gedachten Eigenſchaft gehören 4 und zu
derſelben legitimirt werden können. Es erſtreckt ſich ferner auf ei-
nen ungehinderten Brief- und Depeſchenwechſel mit dem einhei-
miſchen Staate, es ſei durch eigene Couriere die ſich als ſolche
ausweiſen, oder durch Benutzung der Poſtanſtalten, ſofern nur die
zur Beförderung übergebenen Correſpondenzen durch deutliche Zei-
chen als diplomatiſche zu erkennen ſind. 5 Allein es kann nicht
geltend gemacht werden, wenn der Abgeordnete oder die zu ihm
gehörige Perſon durch ein eigenes rechtswidriges Verfahren eine
Reaction und insbeſondere eine Sicherungs- oder Vertheidigungs-
maaßregel gegen ſich hervorgerufen hat; es kann ferner nicht in
Betracht kommen, mindeſtens zu keiner völkerrechtlichen Ahndung
führen, wenn der Abgeordnete ſich in ein Verhältniß begeben hat,
welches mit ſeiner völkerrechtlichen Stellung in keinem Zuſammen-
hange ſteht, wobei er auch nur eine Behandlung als Privatperſon
erwarten konnte; 6 endlich aber dann, wenn ſein völkerrechtlicher

1 Daher wird auch in den Strafgeſetzgebungen die Beleidigung eines Ge-
ſandten für ein Staatsverbrechen erklärt; z. B. in l. 7. D. ad leg. Jul.
de vi publica.
Allgem. L. R. für die Preuß. Staaten Th. II. Tit. 20.
§. 135. 136. Bairiſches Strafgeſetzbuch I. Art. 306.
2 Merlin a. a. O. Sect. V, §. 3.
3 Merlin Sect. V, §. 3. n. 3. vgl. mit §. 4. n. 14.
4 Vgl. die obige l. 7. D. ad L. Jul. cit.
5 Moſer Verſuch IV, 140. Beiträge IV, 542. F. C. v. Moſers kleine
Schriften 4. Nr. 2. Schmelzing Völkerr. §. 339.
6 So kann ein Diplomat, welcher als Schriftſteller auftritt, durch ſeinen
officiellen Character nicht gegen eine Critik geſchützt ſein, welche auch ge-
gen einen anderen Schriftſteller zuläſſig iſt; ſogar eine perſönlich kränkende
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[337/0361] §. 204. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. letzenden körperlichen oder unkörperlichen Angriffe gegen dergleichen Perſonen enthalten muß, und jede Art von Beleidigung derſelben zugleich auch für eine Beleidigung des abſendenden Staates zu hal- ten iſt. 1 Nicht einmal Repreſſalien würden einen Vorwand dazu gewähren, wenn nicht der abſendende Staat gerade auch an ſol- chen Perſonen das Völkerrecht verletzt hat. 2 Das Recht beginnt ſobald der Character des Abgeordneten ge- hörig beglaubigt und die Miſſion nicht etwa wider den ausdrück- lich erklärten Willen des anderen Staates erfolgt iſt. 3 Es wird nicht allein jedem legitimirten diplomatiſchen Abgeordneten unmit- telbar für ſeine Perſon, ſondern auch denjenigen zugeſtanden, welche zu ſeiner Begleitung in der gedachten Eigenſchaft gehören 4 und zu derſelben legitimirt werden können. Es erſtreckt ſich ferner auf ei- nen ungehinderten Brief- und Depeſchenwechſel mit dem einhei- miſchen Staate, es ſei durch eigene Couriere die ſich als ſolche ausweiſen, oder durch Benutzung der Poſtanſtalten, ſofern nur die zur Beförderung übergebenen Correſpondenzen durch deutliche Zei- chen als diplomatiſche zu erkennen ſind. 5 Allein es kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Abgeordnete oder die zu ihm gehörige Perſon durch ein eigenes rechtswidriges Verfahren eine Reaction und insbeſondere eine Sicherungs- oder Vertheidigungs- maaßregel gegen ſich hervorgerufen hat; es kann ferner nicht in Betracht kommen, mindeſtens zu keiner völkerrechtlichen Ahndung führen, wenn der Abgeordnete ſich in ein Verhältniß begeben hat, welches mit ſeiner völkerrechtlichen Stellung in keinem Zuſammen- hange ſteht, wobei er auch nur eine Behandlung als Privatperſon erwarten konnte; 6 endlich aber dann, wenn ſein völkerrechtlicher 1 Daher wird auch in den Strafgeſetzgebungen die Beleidigung eines Ge- ſandten für ein Staatsverbrechen erklärt; z. B. in l. 7. D. ad leg. Jul. de vi publica. Allgem. L. R. für die Preuß. Staaten Th. II. Tit. 20. §. 135. 136. Bairiſches Strafgeſetzbuch I. Art. 306. 2 Merlin a. a. O. Sect. V, §. 3. 3 Merlin Sect. V, §. 3. n. 3. vgl. mit §. 4. n. 14. 4 Vgl. die obige l. 7. D. ad L. Jul. cit. 5 Moſer Verſuch IV, 140. Beiträge IV, 542. F. C. v. Moſers kleine Schriften 4. Nr. 2. Schmelzing Völkerr. §. 339. 6 So kann ein Diplomat, welcher als Schriftſteller auftritt, durch ſeinen officiellen Character nicht gegen eine Critik geſchützt ſein, welche auch ge- gen einen anderen Schriftſteller zuläſſig iſt; ſogar eine perſönlich kränkende 22

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/361>, abgerufen am 29.04.2024.