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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Das Wesen.
ben äusserlich. Jede dieser Eigenschaften ist dem Beam-
ten wesentlich, weil er durch sie das bestimmte Indivi-
duum ist, welches er ist; insofern das Amt als eine äus-
serliche gesetzte Bestimmung betrachtet werden kann, kann
jede gegen dieses als Grund bestimmt, aber auch selbst
umgekehrt können jene als gesetzte, und das Amt als
Grund derselben angesehen werden. Wie sie sich wirk-
lich,
d. h. im einzelnen Fall, verhalten, diß ist eine der
Grundbeziehung und dem Inhalte selbst, äusserliche Be-
stimmung; es ist ein Drittes, was ihnen die Form von
Grund und Begründetem ertheilt.

So kann überhaupt jedes Daseyn mancherley Grün-
de haben, jede seiner Inhaltsbestimmungen durchdringt
als mit sich identisch das concrete Ganze, und läßt sich
daher als wesentlich betrachten; den mancherley Rük-
sichten
d. h. Bestimmungen, die ausser der Sache
selbst liegen, ist um der Zufälligkeit der Verknüpfungs-
weise Thür und Thor unendlich aufgethan. -- Ob ein
Grund diese oder jene Folge habe, ist deßwegen eben
so zufällig. Die moralischen Beweggründe z. B. sind
wesentliche Bestimmungen der sittlichen Natur,
aber das, was aus ihnen folgt, ist zugleich eine von ihnen
verschiedene Aeusserlichkeit, die aus ihnen folgt, und auch
nicht folgt; erst durch ein Drittes kommt sie zu ihnen hin-
zu. Genauer ist diß so zu nehmen, daß es der morali-
schen Bestimmung, wenn sie Grund ist, nicht zufällig
sey, eine Folge oder ein Begründetes zu haben, aber ob
sie überhaupt zum Grund gemacht werde oder nicht. Al-
lein da auch wieder der Inhalt, der ihre Folge ist, wenn
sie zum Grund gemacht worden, die Natur der Aeusser-
lichkeit hat, kann er unmittelbar durch eine andere Aeus-
serlichkeit aufgehoben werden. Aus einem moralischen
Beweggrunde kann also eine Handlung hervorgehen oder
auch nicht. Umgekehrt kann eine Handlung mancherley

Gründe

Das Weſen.
ben aͤuſſerlich. Jede dieſer Eigenſchaften iſt dem Beam-
ten weſentlich, weil er durch ſie das beſtimmte Indivi-
duum iſt, welches er iſt; inſofern das Amt als eine aͤuſ-
ſerliche geſetzte Beſtimmung betrachtet werden kann, kann
jede gegen dieſes als Grund beſtimmt, aber auch ſelbſt
umgekehrt koͤnnen jene als geſetzte, und das Amt als
Grund derſelben angeſehen werden. Wie ſie ſich wirk-
lich,
d. h. im einzelnen Fall, verhalten, diß iſt eine der
Grundbeziehung und dem Inhalte ſelbſt, aͤuſſerliche Be-
ſtimmung; es iſt ein Drittes, was ihnen die Form von
Grund und Begruͤndetem ertheilt.

So kann uͤberhaupt jedes Daſeyn mancherley Gruͤn-
de haben, jede ſeiner Inhaltsbeſtimmungen durchdringt
als mit ſich identiſch das concrete Ganze, und laͤßt ſich
daher als weſentlich betrachten; den mancherley Ruͤk-
ſichten
d. h. Beſtimmungen, die auſſer der Sache
ſelbſt liegen, iſt um der Zufaͤlligkeit der Verknuͤpfungs-
weiſe Thuͤr und Thor unendlich aufgethan. — Ob ein
Grund dieſe oder jene Folge habe, iſt deßwegen eben
ſo zufaͤllig. Die moraliſchen Beweggruͤnde z. B. ſind
weſentliche Beſtimmungen der ſittlichen Natur,
aber das, was aus ihnen folgt, iſt zugleich eine von ihnen
verſchiedene Aeuſſerlichkeit, die aus ihnen folgt, und auch
nicht folgt; erſt durch ein Drittes kommt ſie zu ihnen hin-
zu. Genauer iſt diß ſo zu nehmen, daß es der morali-
ſchen Beſtimmung, wenn ſie Grund iſt, nicht zufaͤllig
ſey, eine Folge oder ein Begruͤndetes zu haben, aber ob
ſie uͤberhaupt zum Grund gemacht werde oder nicht. Al-
lein da auch wieder der Inhalt, der ihre Folge iſt, wenn
ſie zum Grund gemacht worden, die Natur der Aeuſſer-
lichkeit hat, kann er unmittelbar durch eine andere Aeuſ-
ſerlichkeit aufgehoben werden. Aus einem moraliſchen
Beweggrunde kann alſo eine Handlung hervorgehen oder
auch nicht. Umgekehrt kann eine Handlung mancherley

Gruͤnde
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[117/0129] Das Weſen. ben aͤuſſerlich. Jede dieſer Eigenſchaften iſt dem Beam- ten weſentlich, weil er durch ſie das beſtimmte Indivi- duum iſt, welches er iſt; inſofern das Amt als eine aͤuſ- ſerliche geſetzte Beſtimmung betrachtet werden kann, kann jede gegen dieſes als Grund beſtimmt, aber auch ſelbſt umgekehrt koͤnnen jene als geſetzte, und das Amt als Grund derſelben angeſehen werden. Wie ſie ſich wirk- lich, d. h. im einzelnen Fall, verhalten, diß iſt eine der Grundbeziehung und dem Inhalte ſelbſt, aͤuſſerliche Be- ſtimmung; es iſt ein Drittes, was ihnen die Form von Grund und Begruͤndetem ertheilt. So kann uͤberhaupt jedes Daſeyn mancherley Gruͤn- de haben, jede ſeiner Inhaltsbeſtimmungen durchdringt als mit ſich identiſch das concrete Ganze, und laͤßt ſich daher als weſentlich betrachten; den mancherley Ruͤk- ſichten d. h. Beſtimmungen, die auſſer der Sache ſelbſt liegen, iſt um der Zufaͤlligkeit der Verknuͤpfungs- weiſe Thuͤr und Thor unendlich aufgethan. — Ob ein Grund dieſe oder jene Folge habe, iſt deßwegen eben ſo zufaͤllig. Die moraliſchen Beweggruͤnde z. B. ſind weſentliche Beſtimmungen der ſittlichen Natur, aber das, was aus ihnen folgt, iſt zugleich eine von ihnen verſchiedene Aeuſſerlichkeit, die aus ihnen folgt, und auch nicht folgt; erſt durch ein Drittes kommt ſie zu ihnen hin- zu. Genauer iſt diß ſo zu nehmen, daß es der morali- ſchen Beſtimmung, wenn ſie Grund iſt, nicht zufaͤllig ſey, eine Folge oder ein Begruͤndetes zu haben, aber ob ſie uͤberhaupt zum Grund gemacht werde oder nicht. Al- lein da auch wieder der Inhalt, der ihre Folge iſt, wenn ſie zum Grund gemacht worden, die Natur der Aeuſſer- lichkeit hat, kann er unmittelbar durch eine andere Aeuſ- ſerlichkeit aufgehoben werden. Aus einem moraliſchen Beweggrunde kann alſo eine Handlung hervorgehen oder auch nicht. Umgekehrt kann eine Handlung mancherley Gruͤnde

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/129>, abgerufen am 28.04.2024.