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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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II. Abschnitt. Objectivität.
als die Wahrheit beyder sich das Werden gezeigt hat,
ist die Verwechslung bemerklich gemacht worden, wenn
bey einem bestimmten Daseyn nicht das Seyn dessel-
ben, sondern sein bestimmter Inhalt festgehalten
und daher gemeynt wird, wenn dieser bestimmte
Inhalt
z. B. hundert Thaler, mit einem andern be-
stimmten Inhalte
z. B. dem Contexte meiner Wahr-
nehmung, meinem Vermögenszustand verglichen und da-
bey ein Unterschied gefunden wird, ob jener Inhalt zu
diesem hinzukomme oder nicht, -- als ob dann vom Un-
terschiede des Seyns und Nichtseyns, oder gar vom
Unterschiede des Seyns und des Begriffes gesprochen
werde. Ferner ist daselbst S. 56. und II. Th. S. 81
die in dem ontologischen Beweise vorkommende Bestim-
mung eines Inbegriffs aller Realitäten be-
leuchtet worden. -- Den wesentlichen Gegenstand jenes
Beweises, den Zusammenhang des Begriffes
und des Daseyns
, betrifft aber die eben geschlosse-
ne Betrachtung des Begriffs und des ganzen Ver-
laufs, durch den er sich zur Objectivität bestimmt.
Der Begriff ist als absolut mit sich identische Negativi-
tät, das sich selbst bestimmende; es ist bemerkt worden,
daß er schon, indem er sich in der Einzelnheit zum Ur-
theil
entschließt, sich als reales, seyendes setzt;
diese noch abstracte Realität vollendet sich in der Ob-
jectivität
.

Wenn es nun scheinen möchte, als ob der Ueber-
gang des Begriffs in die Objectivität etwas anderes
sey, als der Uebergang vom Begriff Gottes, zu dessen
Daseyn, so wäre einerseits zu betrachten, daß der be-
stimmte Inhalt, Gott, im logischen Gange keinen Un-
terschied machte, und der ontologische Beweis nur eine
Anwendung dieses logischen Ganges auf jenen besondern
Inhalt wäre. Auf der andern Seite aber ist sich we-

sent-
N

II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.
als die Wahrheit beyder ſich das Werden gezeigt hat,
iſt die Verwechslung bemerklich gemacht worden, wenn
bey einem beſtimmten Daſeyn nicht das Seyn deſſel-
ben, ſondern ſein beſtimmter Inhalt feſtgehalten
und daher gemeynt wird, wenn dieſer beſtimmte
Inhalt
z. B. hundert Thaler, mit einem andern be-
ſtimmten Inhalte
z. B. dem Contexte meiner Wahr-
nehmung, meinem Vermoͤgenszuſtand verglichen und da-
bey ein Unterſchied gefunden wird, ob jener Inhalt zu
dieſem hinzukomme oder nicht, — als ob dann vom Un-
terſchiede des Seyns und Nichtſeyns, oder gar vom
Unterſchiede des Seyns und des Begriffes geſprochen
werde. Ferner iſt daſelbſt S. 56. und II. Th. S. 81
die in dem ontologiſchen Beweiſe vorkommende Beſtim-
mung eines Inbegriffs aller Realitaͤten be-
leuchtet worden. — Den weſentlichen Gegenſtand jenes
Beweiſes, den Zuſammenhang des Begriffes
und des Daſeyns
, betrifft aber die eben geſchloſſe-
ne Betrachtung des Begriffs und des ganzen Ver-
laufs, durch den er ſich zur Objectivitaͤt beſtimmt.
Der Begriff iſt als abſolut mit ſich identiſche Negativi-
taͤt, das ſich ſelbſt beſtimmende; es iſt bemerkt worden,
daß er ſchon, indem er ſich in der Einzelnheit zum Ur-
theil
entſchließt, ſich als reales, ſeyendes ſetzt;
dieſe noch abſtracte Realitaͤt vollendet ſich in der Ob-
jectivitaͤt
.

Wenn es nun ſcheinen moͤchte, als ob der Ueber-
gang des Begriffs in die Objectivitaͤt etwas anderes
ſey, als der Uebergang vom Begriff Gottes, zu deſſen
Daſeyn, ſo waͤre einerſeits zu betrachten, daß der be-
ſtimmte Inhalt, Gott, im logiſchen Gange keinen Un-
terſchied machte, und der ontologiſche Beweis nur eine
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Inhalt waͤre. Auf der andern Seite aber iſt ſich we-

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[193/0211] II. Abſchnitt. Objectivitaͤt. als die Wahrheit beyder ſich das Werden gezeigt hat, iſt die Verwechslung bemerklich gemacht worden, wenn bey einem beſtimmten Daſeyn nicht das Seyn deſſel- ben, ſondern ſein beſtimmter Inhalt feſtgehalten und daher gemeynt wird, wenn dieſer beſtimmte Inhalt z. B. hundert Thaler, mit einem andern be- ſtimmten Inhalte z. B. dem Contexte meiner Wahr- nehmung, meinem Vermoͤgenszuſtand verglichen und da- bey ein Unterſchied gefunden wird, ob jener Inhalt zu dieſem hinzukomme oder nicht, — als ob dann vom Un- terſchiede des Seyns und Nichtſeyns, oder gar vom Unterſchiede des Seyns und des Begriffes geſprochen werde. Ferner iſt daſelbſt S. 56. und II. Th. S. 81 die in dem ontologiſchen Beweiſe vorkommende Beſtim- mung eines Inbegriffs aller Realitaͤten be- leuchtet worden. — Den weſentlichen Gegenſtand jenes Beweiſes, den Zuſammenhang des Begriffes und des Daſeyns, betrifft aber die eben geſchloſſe- ne Betrachtung des Begriffs und des ganzen Ver- laufs, durch den er ſich zur Objectivitaͤt beſtimmt. Der Begriff iſt als abſolut mit ſich identiſche Negativi- taͤt, das ſich ſelbſt beſtimmende; es iſt bemerkt worden, daß er ſchon, indem er ſich in der Einzelnheit zum Ur- theil entſchließt, ſich als reales, ſeyendes ſetzt; dieſe noch abſtracte Realitaͤt vollendet ſich in der Ob- jectivitaͤt. Wenn es nun ſcheinen moͤchte, als ob der Ueber- gang des Begriffs in die Objectivitaͤt etwas anderes ſey, als der Uebergang vom Begriff Gottes, zu deſſen Daſeyn, ſo waͤre einerſeits zu betrachten, daß der be- ſtimmte Inhalt, Gott, im logiſchen Gange keinen Un- terſchied machte, und der ontologiſche Beweis nur eine Anwendung dieſes logiſchen Ganges auf jenen beſondern Inhalt waͤre. Auf der andern Seite aber iſt ſich we- ſent- N

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/211>, abgerufen am 30.04.2024.