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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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I. Abschnitt. Subjectivität.
Wesen ist aus dem Seyn, und der Begriff aus dem
Wesen somit auch aus dem Seyn geworden. Diß
Werden hat aber die Bedeutung des Gegenstoßes sei-
ner selbst, so daß das Gewordene vielmehr das Un-
bedingte
und Ursprüngliche ist. Das Seyn ist
in seinem Uebergange zum Wesen, zu einem Schein oder
Gesetztseyn, und das Werden oder das Uebergehen
in Anderes zu einem Setzen geworden, und um-
gekehrt hat das Setzen oder die Reflexion des Wesens
sich aufgehoben und sich zu einem Nichtgesetzten,
einem ursprünglichen Seyn hergestellt. Der Be-
griff ist die Durchdringung dieser Momente, daß das
Qualitative, und ursprünglich-seyende nur als Setzen
und nur als Rückkehr-in-sich ist, und diese reine Re-
flexion-in-sich schlechthin das Anderswerden oder
die Bestimmtheit ist, welche eben so daher unendli-
che, sich auf sich beziehende Bestimmtheit ist.

Der Begriff ist daher zuerst so die absolute
Identität mit sich
, daß sie diß nur ist, als die
Negation der Negation, oder als die unendliche Einheit
der Negativität mit sich selbst. Diese reine Bezie-
hung
des Begriffs auf sich, welche dadurch diese Bezie-
hung ist, als durch die Negativität sich setzend, ist die
Allgemeinheit des Begriffs.

Die Allgemeinheit, da sie die höchst einfache
Bestimmung ist, scheint keiner Erklärung fähig zu seyn;
denn eine Erklärung muß sich auf Bestimmungen und
Unterscheidungen einlassen, und von ihrem Gegenstande
prädiciren, das einfache aber wird hiedurch vielmehr
verändert, als erklärt. Es ist aber gerade die Natur
des Allgemeinen, ein solches einfaches zu seyn, welches
durch die absolute Negativität den höchsten Unterschied
und Bestimmtheit in sich enthält. Das Seyn ist

ein-

I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
Weſen iſt aus dem Seyn, und der Begriff aus dem
Weſen ſomit auch aus dem Seyn geworden. Diß
Werden hat aber die Bedeutung des Gegenſtoßes ſei-
ner ſelbſt, ſo daß das Gewordene vielmehr das Un-
bedingte
und Urſpruͤngliche iſt. Das Seyn iſt
in ſeinem Uebergange zum Weſen, zu einem Schein oder
Geſetztſeyn, und das Werden oder das Uebergehen
in Anderes zu einem Setzen geworden, und um-
gekehrt hat das Setzen oder die Reflexion des Weſens
ſich aufgehoben und ſich zu einem Nichtgeſetzten,
einem urſpruͤnglichen Seyn hergeſtellt. Der Be-
griff iſt die Durchdringung dieſer Momente, daß das
Qualitative, und urſpruͤnglich-ſeyende nur als Setzen
und nur als Ruͤckkehr-in-ſich iſt, und dieſe reine Re-
flexion-in-ſich ſchlechthin das Anderswerden oder
die Beſtimmtheit iſt, welche eben ſo daher unendli-
che, ſich auf ſich beziehende Beſtimmtheit iſt.

Der Begriff iſt daher zuerſt ſo die abſolute
Identitaͤt mit ſich
, daß ſie diß nur iſt, als die
Negation der Negation, oder als die unendliche Einheit
der Negativitaͤt mit ſich ſelbſt. Dieſe reine Bezie-
hung
des Begriffs auf ſich, welche dadurch dieſe Bezie-
hung iſt, als durch die Negativitaͤt ſich ſetzend, iſt die
Allgemeinheit des Begriffs.

Die Allgemeinheit, da ſie die hoͤchſt einfache
Beſtimmung iſt, ſcheint keiner Erklaͤrung faͤhig zu ſeyn;
denn eine Erklaͤrung muß ſich auf Beſtimmungen und
Unterſcheidungen einlaſſen, und von ihrem Gegenſtande
praͤdiciren, das einfache aber wird hiedurch vielmehr
veraͤndert, als erklaͤrt. Es iſt aber gerade die Natur
des Allgemeinen, ein ſolches einfaches zu ſeyn, welches
durch die abſolute Negativitaͤt den hoͤchſten Unterſchied
und Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt. Das Seyn iſt

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[38/0056] I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. Weſen iſt aus dem Seyn, und der Begriff aus dem Weſen ſomit auch aus dem Seyn geworden. Diß Werden hat aber die Bedeutung des Gegenſtoßes ſei- ner ſelbſt, ſo daß das Gewordene vielmehr das Un- bedingte und Urſpruͤngliche iſt. Das Seyn iſt in ſeinem Uebergange zum Weſen, zu einem Schein oder Geſetztſeyn, und das Werden oder das Uebergehen in Anderes zu einem Setzen geworden, und um- gekehrt hat das Setzen oder die Reflexion des Weſens ſich aufgehoben und ſich zu einem Nichtgeſetzten, einem urſpruͤnglichen Seyn hergeſtellt. Der Be- griff iſt die Durchdringung dieſer Momente, daß das Qualitative, und urſpruͤnglich-ſeyende nur als Setzen und nur als Ruͤckkehr-in-ſich iſt, und dieſe reine Re- flexion-in-ſich ſchlechthin das Anderswerden oder die Beſtimmtheit iſt, welche eben ſo daher unendli- che, ſich auf ſich beziehende Beſtimmtheit iſt. Der Begriff iſt daher zuerſt ſo die abſolute Identitaͤt mit ſich, daß ſie diß nur iſt, als die Negation der Negation, oder als die unendliche Einheit der Negativitaͤt mit ſich ſelbſt. Dieſe reine Bezie- hung des Begriffs auf ſich, welche dadurch dieſe Bezie- hung iſt, als durch die Negativitaͤt ſich ſetzend, iſt die Allgemeinheit des Begriffs. Die Allgemeinheit, da ſie die hoͤchſt einfache Beſtimmung iſt, ſcheint keiner Erklaͤrung faͤhig zu ſeyn; denn eine Erklaͤrung muß ſich auf Beſtimmungen und Unterſcheidungen einlaſſen, und von ihrem Gegenſtande praͤdiciren, das einfache aber wird hiedurch vielmehr veraͤndert, als erklaͤrt. Es iſt aber gerade die Natur des Allgemeinen, ein ſolches einfaches zu ſeyn, welches durch die abſolute Negativitaͤt den hoͤchſten Unterſchied und Beſtimmtheit in ſich enthaͤlt. Das Seyn iſt ein-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/56>, abgerufen am 29.04.2024.