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Heine, Heinrich: Ueber den Denunzianten. Eine Vorrede zum dritten Theile des Salons. Hamburg, 1837.

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immer tugendhaft zu bleiben. Die schwäbische Schule sollte ihrem nächsten Musenalmanach das Bildnis des Herrn Menzel voransetzen; es wäre sehr belehrsam. Das Publikum würde gleich bemerken: er sieht gar nicht aus wie Goethe. Und mit noch größerer Verwunderung würde man bemerken: dieser Held des Deutschthums, dieser Vorkämpe des Germanismus, sieht gar nicht aus wie ein Deutscher, sondern wie ein Mongole . . . jeder Backenknochen ein Kalmuck!

Dieses ist nun freylich verdrießlich für einen Mann, der beständig auf Nazionalität pocht, gegen alles Fremdländische unaufhörlich loszieht, und unter lauter Teutomanen lebt, die ihn nur als einen nützlichen Verbündeten, jedoch keineswegs als einen reinen Stammgenossen betrachten. Wir aber sind keine altdeutsche Racenmäkler, wir betrachten die ganze Menschheit als eine große Familie, deren Mitglieder ihren Werth nicht durch Hautfarbe und Knochenbau, sondern durch die Triebe ihrer Seele, durch ihre Handlungen

immer tugendhaft zu bleiben. Die schwäbische Schule sollte ihrem nächsten Musenalmanach das Bildnis des Herrn Menzel voransetzen; es wäre sehr belehrsam. Das Publikum würde gleich bemerken: er sieht gar nicht aus wie Goethe. Und mit noch größerer Verwunderung würde man bemerken: dieser Held des Deutschthums, dieser Vorkämpe des Germanismus, sieht gar nicht aus wie ein Deutscher, sondern wie ein Mongole . . . jeder Backenknochen ein Kalmuck!

Dieses ist nun freylich verdrießlich für einen Mann, der beständig auf Nazionalität pocht, gegen alles Fremdländische unaufhörlich loszieht, und unter lauter Teutomanen lebt, die ihn nur als einen nützlichen Verbündeten, jedoch keineswegs als einen reinen Stammgenossen betrachten. Wir aber sind keine altdeutsche Raçenmäkler, wir betrachten die ganze Menschheit als eine große Familie, deren Mitglieder ihren Werth nicht durch Hautfarbe und Knochenbau, sondern durch die Triebe ihrer Seele, durch ihre Handlungen

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[16/0017] immer tugendhaft zu bleiben. Die schwäbische Schule sollte ihrem nächsten Musenalmanach das Bildnis des Herrn Menzel voransetzen; es wäre sehr belehrsam. Das Publikum würde gleich bemerken: er sieht gar nicht aus wie Goethe. Und mit noch größerer Verwunderung würde man bemerken: dieser Held des Deutschthums, dieser Vorkämpe des Germanismus, sieht gar nicht aus wie ein Deutscher, sondern wie ein Mongole . . . jeder Backenknochen ein Kalmuck! Dieses ist nun freylich verdrießlich für einen Mann, der beständig auf Nazionalität pocht, gegen alles Fremdländische unaufhörlich loszieht, und unter lauter Teutomanen lebt, die ihn nur als einen nützlichen Verbündeten, jedoch keineswegs als einen reinen Stammgenossen betrachten. Wir aber sind keine altdeutsche Raçenmäkler, wir betrachten die ganze Menschheit als eine große Familie, deren Mitglieder ihren Werth nicht durch Hautfarbe und Knochenbau, sondern durch die Triebe ihrer Seele, durch ihre Handlungen

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Ueber den Denunzianten. Eine Vorrede zum dritten Theile des Salons. Hamburg, 1837, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_denunzianten_1837/17>, abgerufen am 27.04.2024.