Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch über die Schwarzmäntel- und Rothmän¬
telgefahr -- Sie erinnern sich, Madame, aus
dem Pausanias, daß einst durch das Geschrey
eines Esels ein eben so gefährliches Complott
entdeckt wurde, auch wissen Sie aus dem Li¬
vius, oder aus Beckers Weltgeschichte, daß die
Gänse das Capitol gerettet, und aus dem Sal¬
lust wissen Sie ganz genau, daß durch eine
geschwätzige Pütaine, die Frau Fulvia, jene
fürchterliche Verschwörung des Catilina an den
Tag kam -- Doch um wieder auf besagten
Hammel zu kommen, im Collegium des Herrn
Geheimeraths Schmalz hörte ich das Völker¬
recht, und es war ein langweiliger Sommer¬
nachmittag, und ich saß auf der Bank und
hörte immer weniger -- der Kopf war mir
eingeschlafen -- doch plötzlich ward ich auf¬
geweckt durch das Geräusch meiner eigenen
Füße, die wach geblieben waren, und wahr¬
scheinlich zugehört hatten, daß just das Ge¬
gentheil vom Völker-Recht vorgetragen und auf

Buch uͤber die Schwarzmaͤntel- und Rothmaͤn¬
telgefahr — Sie erinnern ſich, Madame, aus
dem Pauſanias, daß einſt durch das Geſchrey
eines Eſels ein eben ſo gefaͤhrliches Complott
entdeckt wurde, auch wiſſen Sie aus dem Li¬
vius, oder aus Beckers Weltgeſchichte, daß die
Gaͤnſe das Capitol gerettet, und aus dem Sal¬
luſt wiſſen Sie ganz genau, daß durch eine
geſchwaͤtzige Puͤtaine, die Frau Fulvia, jene
fuͤrchterliche Verſchwoͤrung des Catilina an den
Tag kam — Doch um wieder auf beſagten
Hammel zu kommen, im Collegium des Herrn
Geheimeraths Schmalz hoͤrte ich das Voͤlker¬
recht, und es war ein langweiliger Sommer¬
nachmittag, und ich ſaß auf der Bank und
hoͤrte immer weniger — der Kopf war mir
eingeſchlafen — doch ploͤtzlich ward ich auf¬
geweckt durch das Geraͤuſch meiner eigenen
Fuͤße, die wach geblieben waren, und wahr¬
ſcheinlich zugehoͤrt hatten, daß juſt das Ge¬
gentheil vom Voͤlker-Recht vorgetragen und auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="198"/>
Buch u&#x0364;ber die Schwarzma&#x0364;ntel- und Rothma&#x0364;<lb/>
telgefahr &#x2014; Sie erinnern &#x017F;ich, Madame, aus<lb/>
dem Pau&#x017F;anias, daß ein&#x017F;t durch das Ge&#x017F;chrey<lb/>
eines E&#x017F;els ein eben &#x017F;o gefa&#x0364;hrliches Complott<lb/>
entdeckt wurde, auch wi&#x017F;&#x017F;en Sie aus dem Li¬<lb/>
vius, oder aus Beckers Weltge&#x017F;chichte, daß die<lb/>
Ga&#x0364;n&#x017F;e das Capitol gerettet, und aus dem Sal¬<lb/>
lu&#x017F;t wi&#x017F;&#x017F;en Sie ganz genau, daß durch eine<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;tzige Pu&#x0364;taine, die Frau Fulvia, jene<lb/>
fu&#x0364;rchterliche Ver&#x017F;chwo&#x0364;rung des Catilina an den<lb/>
Tag kam &#x2014; Doch um wieder auf be&#x017F;agten<lb/>
Hammel zu kommen, im Collegium des Herrn<lb/>
Geheimeraths Schmalz ho&#x0364;rte ich das Vo&#x0364;lker¬<lb/>
recht, und es war ein langweiliger Sommer¬<lb/>
nachmittag, und ich &#x017F;aß auf der Bank und<lb/>
ho&#x0364;rte immer weniger &#x2014; der Kopf war mir<lb/>
einge&#x017F;chlafen &#x2014; doch plo&#x0364;tzlich ward ich auf¬<lb/>
geweckt durch das Gera&#x0364;u&#x017F;ch meiner eigenen<lb/>
Fu&#x0364;ße, die wach geblieben waren, und wahr¬<lb/>
&#x017F;cheinlich zugeho&#x0364;rt hatten, daß ju&#x017F;t das Ge¬<lb/>
gentheil vom Vo&#x0364;lker-Recht vorgetragen und auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0206] Buch uͤber die Schwarzmaͤntel- und Rothmaͤn¬ telgefahr — Sie erinnern ſich, Madame, aus dem Pauſanias, daß einſt durch das Geſchrey eines Eſels ein eben ſo gefaͤhrliches Complott entdeckt wurde, auch wiſſen Sie aus dem Li¬ vius, oder aus Beckers Weltgeſchichte, daß die Gaͤnſe das Capitol gerettet, und aus dem Sal¬ luſt wiſſen Sie ganz genau, daß durch eine geſchwaͤtzige Puͤtaine, die Frau Fulvia, jene fuͤrchterliche Verſchwoͤrung des Catilina an den Tag kam — Doch um wieder auf beſagten Hammel zu kommen, im Collegium des Herrn Geheimeraths Schmalz hoͤrte ich das Voͤlker¬ recht, und es war ein langweiliger Sommer¬ nachmittag, und ich ſaß auf der Bank und hoͤrte immer weniger — der Kopf war mir eingeſchlafen — doch ploͤtzlich ward ich auf¬ geweckt durch das Geraͤuſch meiner eigenen Fuͤße, die wach geblieben waren, und wahr¬ ſcheinlich zugehoͤrt hatten, daß juſt das Ge¬ gentheil vom Voͤlker-Recht vorgetragen und auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/206
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/206>, abgerufen am 04.05.2024.