die Riesen der Erde vertilgt sind, nicht Herkules selbst seine Hand an wohlthätigere Werke legen? Der Mann, der die Richtung der Magnetnadel zuerst bemerkte, sah weder das Glück noch das Elend voraus, das dieses Zaubergeschenk, un- terstützt von tausend andern Künsten, auf alle Welttheile brin- gen würde, bis auch hier vielleicht eine neue Katastrophe alte Uebel ersetzt oder neue Uebel erzeuget. So mit dem Glase, dem Golde, dem Eisen, der Kleidung, der Schreib- und Buch- druckerkunst, der Sternseherei und allen Wissenschaften der künstlichen Regierung. Der wunderbare Zusammenhang, der bei der Entwicklung und periodischen Fortleitung dieser Erfindungen zu herrschen scheint, die sonderbare Art, wie Eine die Wirkung der andern einschränkt und mildert; das alles gehört zur obern Haushaltung Gottes mit unserm Geschlecht, der wahren Philosophie seiner Geschichte.
IV. Die Regierungen sind festgestellte Ordnungen un- ter den Menschen, meistens aus ererbter Tradition.
Der Naturstand des Menschen ist der Stand der Gesellschaft: denn in dieser wird er gebohren und erzogen, zu ihr führt ihn
der
Jdeen,II.Th. J i
die Rieſen der Erde vertilgt ſind, nicht Herkules ſelbſt ſeine Hand an wohlthaͤtigere Werke legen? Der Mann, der die Richtung der Magnetnadel zuerſt bemerkte, ſah weder das Gluͤck noch das Elend voraus, das dieſes Zaubergeſchenk, un- terſtuͤtzt von tauſend andern Kuͤnſten, auf alle Welttheile brin- gen wuͤrde, bis auch hier vielleicht eine neue Kataſtrophe alte Uebel erſetzt oder neue Uebel erzeuget. So mit dem Glaſe, dem Golde, dem Eiſen, der Kleidung, der Schreib- und Buch- druckerkunſt, der Sternſeherei und allen Wiſſenſchaften der kuͤnſtlichen Regierung. Der wunderbare Zuſammenhang, der bei der Entwicklung und periodiſchen Fortleitung dieſer Erfindungen zu herrſchen ſcheint, die ſonderbare Art, wie Eine die Wirkung der andern einſchraͤnkt und mildert; das alles gehoͤrt zur obern Haushaltung Gottes mit unſerm Geſchlecht, der wahren Philoſophie ſeiner Geſchichte.
IV. Die Regierungen ſind feſtgeſtellte Ordnungen un- ter den Menſchen, meiſtens aus ererbter Tradition.
Der Naturſtand des Menſchen iſt der Stand der Geſellſchaft: denn in dieſer wird er gebohren und erzogen, zu ihr fuͤhrt ihn
der
Jdeen,II.Th. J i
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0261"n="249"/><lb/>
die Rieſen der Erde vertilgt ſind, nicht Herkules ſelbſt ſeine<lb/>
Hand an wohlthaͤtigere Werke legen? Der Mann, der die<lb/>
Richtung der Magnetnadel zuerſt bemerkte, ſah weder das<lb/>
Gluͤck noch das Elend voraus, das dieſes Zaubergeſchenk, un-<lb/>
terſtuͤtzt von tauſend andern Kuͤnſten, auf alle Welttheile brin-<lb/>
gen wuͤrde, bis auch hier vielleicht eine neue Kataſtrophe alte<lb/>
Uebel erſetzt oder neue Uebel erzeuget. So mit dem Glaſe,<lb/>
dem Golde, dem Eiſen, der Kleidung, der Schreib- und Buch-<lb/>
druckerkunſt, der Sternſeherei und allen Wiſſenſchaften der<lb/>
kuͤnſtlichen Regierung. Der wunderbare Zuſammenhang,<lb/>
der bei der Entwicklung und periodiſchen Fortleitung dieſer<lb/>
Erfindungen zu herrſchen ſcheint, die ſonderbare Art, wie Eine<lb/>
die Wirkung der andern einſchraͤnkt und mildert; das alles<lb/>
gehoͤrt zur obern Haushaltung Gottes mit unſerm Geſchlecht,<lb/>
der wahren Philoſophie ſeiner Geſchichte.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">IV.</hi><lb/>
Die Regierungen ſind feſtgeſtellte Ordnungen un-<lb/>
ter den Menſchen, meiſtens aus ererbter<lb/>
Tradition.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>er Naturſtand des Menſchen iſt der Stand der Geſellſchaft:<lb/>
denn in dieſer wird er gebohren und erzogen, zu ihr fuͤhrt ihn<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Jdeen,</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">Th.</hi> J i</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[249/0261]
die Rieſen der Erde vertilgt ſind, nicht Herkules ſelbſt ſeine
Hand an wohlthaͤtigere Werke legen? Der Mann, der die
Richtung der Magnetnadel zuerſt bemerkte, ſah weder das
Gluͤck noch das Elend voraus, das dieſes Zaubergeſchenk, un-
terſtuͤtzt von tauſend andern Kuͤnſten, auf alle Welttheile brin-
gen wuͤrde, bis auch hier vielleicht eine neue Kataſtrophe alte
Uebel erſetzt oder neue Uebel erzeuget. So mit dem Glaſe,
dem Golde, dem Eiſen, der Kleidung, der Schreib- und Buch-
druckerkunſt, der Sternſeherei und allen Wiſſenſchaften der
kuͤnſtlichen Regierung. Der wunderbare Zuſammenhang,
der bei der Entwicklung und periodiſchen Fortleitung dieſer
Erfindungen zu herrſchen ſcheint, die ſonderbare Art, wie Eine
die Wirkung der andern einſchraͤnkt und mildert; das alles
gehoͤrt zur obern Haushaltung Gottes mit unſerm Geſchlecht,
der wahren Philoſophie ſeiner Geſchichte.
IV.
Die Regierungen ſind feſtgeſtellte Ordnungen un-
ter den Menſchen, meiſtens aus ererbter
Tradition.
Der Naturſtand des Menſchen iſt der Stand der Geſellſchaft:
denn in dieſer wird er gebohren und erzogen, zu ihr fuͤhrt ihn
der
Jdeen, II. Th. J i
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/261>, abgerufen am 14.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.