Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

däa, Griechenland, Rom, ja beinah jede
alte mächtige oder heilige Staatsverfas-
sung unter. Nicht was das Vaterland
einst war, sondern was es jetzt ist, kön-
nen wir an ihm achten und lieben.

2. Dies also kann, ausser unsern Kin-
dern, Verwandten und Freunden, nur
seine Einrichtung, die gute Verfassung
seyn, in welcher wir mit dem, was uns
das Liebste ist, gern und am liebsten le-
ben mögen. Physisch preisen wir die Lage
eines Orts, der bei einer gesunden Luft
unserm Körper und Gemüth wohlthut;
moralisch schätzen wir uns in einem Staat
glücklich, in dem wir bei einer Gesetzmä-
ßigen Freiheit und Sicherheit vor uns
selbst nicht erröthen, unsre Mühe nicht
verschwenden, uns und die Unsrigen nicht
verlassen sehen, sondern als würdige, thä-
tige Söhne des Vaterlandes jede unsrer

daͤa, Griechenland, Rom, ja beinah jede
alte maͤchtige oder heilige Staatsverfaſ-
ſung unter. Nicht was das Vaterland
einſt war, ſondern was es jetzt iſt, koͤn-
nen wir an ihm achten und lieben.

2. Dies alſo kann, auſſer unſern Kin-
dern, Verwandten und Freunden, nur
ſeine Einrichtung, die gute Verfaſſung
ſeyn, in welcher wir mit dem, was uns
das Liebſte iſt, gern und am liebſten le-
ben moͤgen. Phyſiſch preiſen wir die Lage
eines Orts, der bei einer geſunden Luft
unſerm Koͤrper und Gemuͤth wohlthut;
moraliſch ſchaͤtzen wir uns in einem Staat
gluͤcklich, in dem wir bei einer Geſetzmaͤ-
ßigen Freiheit und Sicherheit vor uns
ſelbſt nicht erroͤthen, unſre Muͤhe nicht
verſchwenden, uns und die Unſrigen nicht
verlaſſen ſehen, ſondern als wuͤrdige, thaͤ-
tige Soͤhne des Vaterlandes jede unſrer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="136"/>
da&#x0364;a, Griechenland, Rom, ja beinah jede<lb/>
alte ma&#x0364;chtige oder heilige Staatsverfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung unter. Nicht was das Vaterland<lb/>
ein&#x017F;t war, &#x017F;ondern was es jetzt i&#x017F;t, ko&#x0364;n-<lb/>
nen wir an ihm achten und lieben.</p><lb/>
          <p>2. Dies al&#x017F;o kann, au&#x017F;&#x017F;er un&#x017F;ern Kin-<lb/>
dern, Verwandten und Freunden, nur<lb/>
&#x017F;eine Einrichtung, die gute <hi rendition="#g">Verfa&#x017F;&#x017F;ung</hi><lb/>
&#x017F;eyn, in welcher wir mit dem, was uns<lb/>
das Lieb&#x017F;te i&#x017F;t, gern und am lieb&#x017F;ten le-<lb/>
ben mo&#x0364;gen. Phy&#x017F;i&#x017F;ch prei&#x017F;en wir die Lage<lb/>
eines Orts, der bei einer ge&#x017F;unden Luft<lb/>
un&#x017F;erm Ko&#x0364;rper und Gemu&#x0364;th wohlthut;<lb/>
morali&#x017F;ch &#x017F;cha&#x0364;tzen wir uns in einem Staat<lb/>
glu&#x0364;cklich, in dem wir bei einer Ge&#x017F;etzma&#x0364;-<lb/>
ßigen Freiheit und Sicherheit vor uns<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht erro&#x0364;then, un&#x017F;re Mu&#x0364;he nicht<lb/>
ver&#x017F;chwenden, uns und die Un&#x017F;rigen nicht<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen, &#x017F;ondern als wu&#x0364;rdige, tha&#x0364;-<lb/>
tige So&#x0364;hne des Vaterlandes jede un&#x017F;rer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0151] daͤa, Griechenland, Rom, ja beinah jede alte maͤchtige oder heilige Staatsverfaſ- ſung unter. Nicht was das Vaterland einſt war, ſondern was es jetzt iſt, koͤn- nen wir an ihm achten und lieben. 2. Dies alſo kann, auſſer unſern Kin- dern, Verwandten und Freunden, nur ſeine Einrichtung, die gute Verfaſſung ſeyn, in welcher wir mit dem, was uns das Liebſte iſt, gern und am liebſten le- ben moͤgen. Phyſiſch preiſen wir die Lage eines Orts, der bei einer geſunden Luft unſerm Koͤrper und Gemuͤth wohlthut; moraliſch ſchaͤtzen wir uns in einem Staat gluͤcklich, in dem wir bei einer Geſetzmaͤ- ßigen Freiheit und Sicherheit vor uns ſelbſt nicht erroͤthen, unſre Muͤhe nicht verſchwenden, uns und die Unſrigen nicht verlaſſen ſehen, ſondern als wuͤrdige, thaͤ- tige Soͤhne des Vaterlandes jede unſrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/151
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/151>, abgerufen am 29.04.2024.