Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

sie in so großer Menge hat, ins Ohr fal-
lende Worte, gemein gewordne Abstrac-
tionen. Unendlich reich an Ausdrücken
der Höflichkeit, der guten Lebensart, der
Kunstphilosophie u. f. hütet sie sich wohl,
mit diesen Ausdrücken etwas mehr zu mei-
nen, als zum conventionellen Alltagsver-
ständniß derselben gehöret. Wehe dem,
der sich auf ein Französisches Modewort,
auf eine Formel und Wendung des Fran-
zösischen Styls verließ; die Mode ändert
sich und das Wort bedeutet ganz etwas
Andres. --


Sollen den Franzosen jetzt die Spanier
nachtreten, wie auch sie etwa von den
Provenzalen gelernt haben? Nein. Die
Cultur der Spanier ist von den Proven-
zalen nicht erborgt, sondern an ihrer

J 2

ſie in ſo großer Menge hat, ins Ohr fal-
lende Worte, gemein gewordne Abſtrac-
tionen. Unendlich reich an Ausdruͤcken
der Hoͤflichkeit, der guten Lebensart, der
Kunſtphiloſophie u. f. huͤtet ſie ſich wohl,
mit dieſen Ausdruͤcken etwas mehr zu mei-
nen, als zum conventionellen Alltagsver-
ſtaͤndniß derſelben gehoͤret. Wehe dem,
der ſich auf ein Franzoͤſiſches Modewort,
auf eine Formel und Wendung des Fran-
zoͤſiſchen Styls verließ; die Mode aͤndert
ſich und das Wort bedeutet ganz etwas
Andres. —


Sollen den Franzoſen jetzt die Spanier
nachtreten, wie auch ſie etwa von den
Provenzalen gelernt haben? Nein. Die
Cultur der Spanier iſt von den Proven-
zalen nicht erborgt, ſondern an ihrer

J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="131"/>
&#x017F;ie in &#x017F;o großer Menge hat, ins Ohr fal-<lb/>
lende Worte, gemein gewordne <hi rendition="#g">Ab&#x017F;trac</hi>-<lb/><hi rendition="#g">tionen</hi>. Unendlich reich an Ausdru&#x0364;cken<lb/>
der Ho&#x0364;flichkeit, der guten Lebensart, der<lb/>
Kun&#x017F;tphilo&#x017F;ophie u. f. hu&#x0364;tet &#x017F;ie &#x017F;ich wohl,<lb/>
mit die&#x017F;en Ausdru&#x0364;cken etwas mehr zu mei-<lb/>
nen, als zum conventionellen Alltagsver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß der&#x017F;elben geho&#x0364;ret. Wehe dem,<lb/>
der &#x017F;ich auf ein Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ches Modewort,<lb/>
auf eine Formel und Wendung des Fran-<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Styls verließ; die Mode a&#x0364;ndert<lb/>
&#x017F;ich und das Wort bedeutet ganz etwas<lb/>
Andres. &#x2014;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Sollen den Franzo&#x017F;en jetzt die Spanier<lb/>
nachtreten, wie auch &#x017F;ie etwa von den<lb/>
Provenzalen gelernt haben? Nein. Die<lb/>
Cultur der Spanier i&#x017F;t von den Proven-<lb/>
zalen nicht erborgt, &#x017F;ondern an ihrer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0148] ſie in ſo großer Menge hat, ins Ohr fal- lende Worte, gemein gewordne Abſtrac- tionen. Unendlich reich an Ausdruͤcken der Hoͤflichkeit, der guten Lebensart, der Kunſtphiloſophie u. f. huͤtet ſie ſich wohl, mit dieſen Ausdruͤcken etwas mehr zu mei- nen, als zum conventionellen Alltagsver- ſtaͤndniß derſelben gehoͤret. Wehe dem, der ſich auf ein Franzoͤſiſches Modewort, auf eine Formel und Wendung des Fran- zoͤſiſchen Styls verließ; die Mode aͤndert ſich und das Wort bedeutet ganz etwas Andres. — Sollen den Franzoſen jetzt die Spanier nachtreten, wie auch ſie etwa von den Provenzalen gelernt haben? Nein. Die Cultur der Spanier iſt von den Proven- zalen nicht erborgt, ſondern an ihrer J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/148
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/148>, abgerufen am 06.05.2024.