Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Doch wozu die Nutzlose Wiederholung?
Mit Leßing ist das Problem abermals
aufgelöset. Gebt diesem reinen Stahl in
dephlogisirter Luft nur Einen Funken, welch
Schauspiel einer herrlichen Flamme an
Glanz und Farbe werdet ihr erblicken bis
zum letzten Moment der Erscheinung. Bringt
diese helle Flamme dagegen -- Der be-
scheidne Leßing erwartete von seinem Va-
terlande Nichts; das schmerzlichste aller
Gefühle, das Gefühl der Kränkung mäßig-
te er, selbst wenn man ihn täuschte.
"Noch sind mir, sagte er *) in meinem
Leben alle Beschäftigungen sehr gleichgül-
tig gewesen: ich habe mich nie zu einer
gedrungen oder nur erboten; aber auch die
geringfügigste nicht von der Hand gewie-
sen, zu der ich mich aus einer Art von

*) Leß. Schr. B. 25. S. 376.

Doch wozu die Nutzloſe Wiederholung?
Mit Leßing iſt das Problem abermals
aufgeloͤſet. Gebt dieſem reinen Stahl in
dephlogiſirter Luft nur Einen Funken, welch
Schauſpiel einer herrlichen Flamme an
Glanz und Farbe werdet ihr erblicken bis
zum letzten Moment der Erſcheinung. Bringt
dieſe helle Flamme dagegen — Der be-
ſcheidne Leßing erwartete von ſeinem Va-
terlande Nichts; das ſchmerzlichſte aller
Gefuͤhle, das Gefuͤhl der Kraͤnkung maͤßig-
te er, ſelbſt wenn man ihn taͤuſchte.
„Noch ſind mir, ſagte er *) in meinem
Leben alle Beſchaͤftigungen ſehr gleichguͤl-
tig geweſen: ich habe mich nie zu einer
gedrungen oder nur erboten; aber auch die
geringfuͤgigſte nicht von der Hand gewie-
ſen, zu der ich mich aus einer Art von

*) Leß. Schr. B. 25. S. 376.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0172" n="165"/>
        <p>Doch wozu die Nutzlo&#x017F;e Wiederholung?<lb/>
Mit <hi rendition="#g">Leßing</hi> i&#x017F;t das Problem abermals<lb/>
aufgelo&#x0364;&#x017F;et. Gebt die&#x017F;em reinen Stahl in<lb/>
dephlogi&#x017F;irter Luft nur Einen Funken, welch<lb/>
Schau&#x017F;piel einer herrlichen Flamme an<lb/>
Glanz und Farbe werdet ihr erblicken bis<lb/>
zum letzten Moment der Er&#x017F;cheinung. Bringt<lb/>
die&#x017F;e helle Flamme dagegen &#x2014; Der be-<lb/>
&#x017F;cheidne <hi rendition="#g">Leßing</hi> erwartete von &#x017F;einem Va-<lb/>
terlande Nichts; das &#x017F;chmerzlich&#x017F;te aller<lb/>
Gefu&#x0364;hle, das Gefu&#x0364;hl der Kra&#x0364;nkung ma&#x0364;ßig-<lb/>
te er, &#x017F;elb&#x017F;t wenn man ihn <hi rendition="#g">ta&#x0364;u&#x017F;chte</hi>.<lb/>
&#x201E;Noch &#x017F;ind mir, &#x017F;agte er <note place="foot" n="*)">Leß. Schr. B. 25. S. 376.</note> in meinem<lb/>
Leben alle Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen &#x017F;ehr gleichgu&#x0364;l-<lb/>
tig gewe&#x017F;en: ich habe mich nie zu einer<lb/>
gedrungen oder nur erboten; aber auch die<lb/>
geringfu&#x0364;gig&#x017F;te nicht von der Hand gewie-<lb/>
&#x017F;en, zu der ich mich aus einer Art von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0172] Doch wozu die Nutzloſe Wiederholung? Mit Leßing iſt das Problem abermals aufgeloͤſet. Gebt dieſem reinen Stahl in dephlogiſirter Luft nur Einen Funken, welch Schauſpiel einer herrlichen Flamme an Glanz und Farbe werdet ihr erblicken bis zum letzten Moment der Erſcheinung. Bringt dieſe helle Flamme dagegen — Der be- ſcheidne Leßing erwartete von ſeinem Va- terlande Nichts; das ſchmerzlichſte aller Gefuͤhle, das Gefuͤhl der Kraͤnkung maͤßig- te er, ſelbſt wenn man ihn taͤuſchte. „Noch ſind mir, ſagte er *) in meinem Leben alle Beſchaͤftigungen ſehr gleichguͤl- tig geweſen: ich habe mich nie zu einer gedrungen oder nur erboten; aber auch die geringfuͤgigſte nicht von der Hand gewie- ſen, zu der ich mich aus einer Art von *) Leß. Schr. B. 25. S. 376.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/172
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/172>, abgerufen am 29.04.2024.