Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

amusiren, wohl aber niemand zu be-
trügen" und so befliß er sich aufs strengste
der Wahrheit.

Einzig beschäftigt, das hinwegzubringen,
was dem gemeinen Wohl schadete, war er
ein Feind der Kriege, des Kriegesruhms
und jeder Bedrückung des Volkes; den-
noch aber glaubte er, daß die Welt durch
die schrecklichen Kriege der Römer weniger
gelitten habe, als durch die Tibere, die
Neronen. "Ich weiß nicht, sagt er, ob
Caligula, Domitian und ihres Glei-
chen Götter waren; das nur weiß ich,
Menschen waren sie nicht. Ich glaube
wohl, daß man sie bei ihren Lebzeiten über
das Gute, das sie stifteten, gnug mag ge-
priesen haben; einzig Schade nur, daß
ihre Völker von diesem Guten nichts ge-
wahr wurden." Er hatte oft die schöne
Maxime Franz des ersten im Munde:

amuſiren, wohl aber niemand zu be-
truͤgen“ und ſo befliß er ſich aufs ſtrengſte
der Wahrheit.

Einzig beſchaͤftigt, das hinwegzubringen,
was dem gemeinen Wohl ſchadete, war er
ein Feind der Kriege, des Kriegesruhms
und jeder Bedruͤckung des Volkes; den-
noch aber glaubte er, daß die Welt durch
die ſchrecklichen Kriege der Roͤmer weniger
gelitten habe, als durch die Tibere, die
Neronen. „Ich weiß nicht, ſagt er, ob
Caligula, Domitian und ihres Glei-
chen Goͤtter waren; das nur weiß ich,
Menſchen waren ſie nicht. Ich glaube
wohl, daß man ſie bei ihren Lebzeiten uͤber
das Gute, das ſie ſtifteten, gnug mag ge-
prieſen haben; einzig Schade nur, daß
ihre Voͤlker von dieſem Guten nichts ge-
wahr wurden.“ Er hatte oft die ſchoͤne
Maxime Franz des erſten im Munde:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="58"/><hi rendition="#g">amu&#x017F;iren</hi>, wohl aber niemand zu <hi rendition="#g">be</hi>-<lb/><hi rendition="#g">tru&#x0364;gen</hi>&#x201C; und &#x017F;o befliß er &#x017F;ich aufs &#x017F;treng&#x017F;te<lb/>
der Wahrheit.</p><lb/>
          <p>Einzig be&#x017F;cha&#x0364;ftigt, das hinwegzubringen,<lb/>
was dem gemeinen Wohl &#x017F;chadete, war er<lb/>
ein Feind der Kriege, des Kriegesruhms<lb/>
und jeder Bedru&#x0364;ckung des Volkes; den-<lb/>
noch aber glaubte er, daß die Welt durch<lb/>
die &#x017F;chrecklichen Kriege der Ro&#x0364;mer weniger<lb/>
gelitten habe, als durch die <hi rendition="#g">Tibere</hi>, die<lb/><hi rendition="#g">Neronen</hi>. &#x201E;Ich weiß nicht, &#x017F;agt er, ob<lb/><hi rendition="#g">Caligula</hi>, <hi rendition="#g">Domitian</hi> und ihres Glei-<lb/>
chen Go&#x0364;tter waren; das nur weiß ich,<lb/><hi rendition="#g">Men&#x017F;chen</hi> waren &#x017F;ie nicht. Ich glaube<lb/>
wohl, daß man &#x017F;ie bei ihren Lebzeiten u&#x0364;ber<lb/>
das Gute, das &#x017F;ie &#x017F;tifteten, gnug mag ge-<lb/>
prie&#x017F;en haben; einzig Schade nur, daß<lb/>
ihre Vo&#x0364;lker von die&#x017F;em Guten nichts ge-<lb/>
wahr wurden.&#x201C; Er hatte oft die &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Maxime <hi rendition="#g">Franz</hi> des er&#x017F;ten im Munde:<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0065] amuſiren, wohl aber niemand zu be- truͤgen“ und ſo befliß er ſich aufs ſtrengſte der Wahrheit. Einzig beſchaͤftigt, das hinwegzubringen, was dem gemeinen Wohl ſchadete, war er ein Feind der Kriege, des Kriegesruhms und jeder Bedruͤckung des Volkes; den- noch aber glaubte er, daß die Welt durch die ſchrecklichen Kriege der Roͤmer weniger gelitten habe, als durch die Tibere, die Neronen. „Ich weiß nicht, ſagt er, ob Caligula, Domitian und ihres Glei- chen Goͤtter waren; das nur weiß ich, Menſchen waren ſie nicht. Ich glaube wohl, daß man ſie bei ihren Lebzeiten uͤber das Gute, das ſie ſtifteten, gnug mag ge- prieſen haben; einzig Schade nur, daß ihre Voͤlker von dieſem Guten nichts ge- wahr wurden.“ Er hatte oft die ſchoͤne Maxime Franz des erſten im Munde:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/65
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/65>, abgerufen am 30.04.2024.