Der Jesuit will das Wort ales carminis nicht verdauen, und der weise Geßner, der Maaß wußte, hat in einer kleinen Note gegen ihn gnug gesagt. Klotz ist gelehrter und gründlicher: ausführlich zeigt er a), daß Poeten, daß Gedichte mit Vögeln ver- glichen werden: ausführlich setzt er nach Schmids Register zum Pindar, eine Reihe von Stellen her, da er sich mit einem Adler, wer weiß? womit mehr -- vergleiche: ausführlich die Stellen, auf die ihn wieder Pindar brachte -- -- Der Mann ist sehr gelehrt! Welche Belesenheit! welche Citationen! Nun aber schlage, mein lieber bewundernder Kna- be! deinen Uz, deinen Gleim, deinen Gerstenberg, deinen Ramler, deinen Cramer, deinen Creuz, und wen du wollest, auf: du wirst einen Uz hören:
Wohin, wohin reißt ungewohnte Wuth Mich auf der Ode kühnen Flügeln u.s.w.
und nicht blos das Gleichniß, die hohe Pindarische Allegorie selbst, in dieser und andern Uzischen Oden; in Gleims Kriegsliedern oft einen Gesang,
Hoch wie des Adlers Sonnenflug,
im Ramler den Anfang
Zu dir entfliegt mein Gesang, u. s. w.
und in den dir so lieben Tändeleien gar eine ganze mehr als horazische Verwandlung in einen Vogel
finden.
a)p. 95. etc.
Zweites Waͤldchen.
Der Jeſuit will das Wort ales carminis nicht verdauen, und der weiſe Geßner, der Maaß wußte, hat in einer kleinen Note gegen ihn gnug geſagt. Klotz iſt gelehrter und gruͤndlicher: ausfuͤhrlich zeigt er a), daß Poeten, daß Gedichte mit Voͤgeln ver- glichen werden: ausfuͤhrlich ſetzt er nach Schmids Regiſter zum Pindar, eine Reihe von Stellen her, da er ſich mit einem Adler, wer weiß? womit mehr — vergleiche: ausfuͤhrlich die Stellen, auf die ihn wieder Pindar brachte — — Der Mann iſt ſehr gelehrt! Welche Beleſenheit! welche Citationen! Nun aber ſchlage, mein lieber bewundernder Kna- be! deinen Uz, deinen Gleim, deinen Gerſtenberg, deinen Ramler, deinen Cramer, deinen Creuz, und wen du wolleſt, auf: du wirſt einen Uz hoͤren:
Wohin, wohin reißt ungewohnte Wuth Mich auf der Ode kuͤhnen Fluͤgeln u.ſ.w.
und nicht blos das Gleichniß, die hohe Pindariſche Allegorie ſelbſt, in dieſer und andern Uziſchen Oden; in Gleims Kriegsliedern oft einen Geſang,
Hoch wie des Adlers Sonnenflug,
im Ramler den Anfang
Zu dir entfliegt mein Geſang, u. ſ. w.
und in den dir ſo lieben Taͤndeleien gar eine ganze mehr als horaziſche Verwandlung in einen Vogel
finden.
a)p. 95. etc.
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Zweites Waͤldchen.
Der Jeſuit will das Wort ales carminis nicht
verdauen, und der weiſe Geßner, der Maaß wußte,
hat in einer kleinen Note gegen ihn gnug geſagt.
Klotz iſt gelehrter und gruͤndlicher: ausfuͤhrlich
zeigt er a), daß Poeten, daß Gedichte mit Voͤgeln ver-
glichen werden: ausfuͤhrlich ſetzt er nach Schmids
Regiſter zum Pindar, eine Reihe von Stellen her,
da er ſich mit einem Adler, wer weiß? womit mehr
— vergleiche: ausfuͤhrlich die Stellen, auf die ihn
wieder Pindar brachte — — Der Mann iſt ſehr
gelehrt! Welche Beleſenheit! welche Citationen!
Nun aber ſchlage, mein lieber bewundernder Kna-
be! deinen Uz, deinen Gleim, deinen Gerſtenberg,
deinen Ramler, deinen Cramer, deinen Creuz, und
wen du wolleſt, auf: du wirſt einen Uz hoͤren:
Wohin, wohin reißt ungewohnte Wuth
Mich auf der Ode kuͤhnen Fluͤgeln u.ſ.w.
und nicht blos das Gleichniß, die hohe Pindariſche
Allegorie ſelbſt, in dieſer und andern Uziſchen Oden;
in Gleims Kriegsliedern oft einen Geſang,
Hoch wie des Adlers Sonnenflug,
im Ramler den Anfang
Zu dir entfliegt mein Geſang, u. ſ. w.
und in den dir ſo lieben Taͤndeleien gar eine ganze
mehr als horaziſche Verwandlung in einen Vogel
finden.
a) p. 95. etc.
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische02_1769/209>, abgerufen am 17.06.2024.
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